Mariä Aufnahme in den Himmel

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Mit dem heutigen Hochfest der Aufnahme Mariens in den Himmel verbinden viele Gläubige den Brauch der "Kräuterweihe", der Segnung der Kräuter und Blumen.
Diese schöne Tradition bezieht sich auf eine alte Legende, die den Tod der Gottesmutter Maria beschreibt. 


Demgemäß seien die Apostel, die bereits auf dem ganzen Erdkreis zur Missionierung verteilt gewesen sind, von Gott über den nahen Tod der Gottesmutter informiert worden und kamen in Jerusalem am Totenbett Mariens zusammen. Nur der hl. Thomas schaffte es nicht rechtzeitig, da er bereits im fernen Indien wirkte.

So waren die Apostel, mit Ausnahme des hl. Thomas, beim Tod und auch beim anschließenden Begräbnis Mariens anwesend. In Jerusalem gibt es heute noch zwei bedeutende Kirchen, die daran erinnern: einerseits die "Dormitio"-Abtei, die Kirche zur Entschlafung Mariens in der Nähe des Tempels; andererseits das Mariengrab im Kidrontal am Fuße des Ölbergs.
Drei Tage später kam auch der Apostel Thomas in Jerusalem an. Als man auf seine Bitte hin das Grab der Gottesmutter nochmals öffnete, hätte man wahrscheinlich den Gestank der beginnenden Verwesung erwartet; doch stattdessen war ein einzigartiger Wohlgeruch wahrzunehmen. Und als sich Thomas in das Grab hineinbeugte, sah er anstelle des Leichnams Mariens viele Kräuter und Blumen.
Das sahen die Apostel als Zeichen an, das sie zur Überzeugung führte, Maria sei mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden.
Soweit die Legende, die auch oft in Maria-Himmelfahrts-Kirchen dargestellt wurde, so zum Beispiel auch auf dem Hochaltarbild des St. Pöltner Domes.

Liebe Brüder und Schwestern!
Es geht der Legende nicht darum, historische Begebenheiten zu schildern; sondern sie will uns helfen zu verstehen, was es mit der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel auf sich hat.
Der Wohlgeruch der Kräuter und Blumen im Grab Mariens, aber auch in der Kirche, wenn die Kräuter zur Segnung gebracht werden, möchte uns hinweisen auf die Schönheit des ewigen Lebens, aber auch auf die Schönheit von Gottes Schöpfung.
Und das ist, denke ich, der entscheidende Punkt: Gottes sehr gute Schöpfung wird in der Ewigkeit nicht ausgelöscht. Das christliche Jenseits ist nicht das fernöstliche Nirwana, in dem es zur Auflösung allen Seins kommen würde. Nein, der Himmel ist nicht einfach das "Ende der Welt", sondern die Voll-Endung der Welt. 

Am Vorabend:
So beschreibt auch Paulus in der Lesung die Vollendung als den Augenblick, "wenn sich dieses Vergängliche mit Unvergänglichkeit bekleidet und dieses Sterbliche mit Unsterblichkeit".
Er spricht nicht davon, dass das Vergängliche, das Materielle, der Leib einfach ausgelöscht wird. Nein, das Vergängliche bekleidet sich mit Unvergänglichkeit. Es wird nicht ausgelöscht, sondern - Gott weiß wie - verklärt und verwandelt.

Am Tag:
So gehört zum christlichen Glauben ja auch die "Auferstehung des Fleisches" dazu, die Überzeugung, dass das ewige Leben keine rein geistige Angelegenheit ist, sondern - Gott weiß wie - auch das Vergängliche an uns, unser Leib, der ins Grab gesenkt wird und verwest, einmal auferweckt und verklärt werden wird.

Der Wohlgeruch der Kräuter macht uns aufmerksam auf das Schöne und Gute in Gottes Schöpfung, das uns zum Ausdruck für das Schöne und Gute der Vollendung in der Herrlichkeit des Himmels wird.

An Maria ist das, so glauben wir, bereits Wirklichkeit geworden. So ist sie uns ein "untrügliches Zeichen der Hoffnung", "denn als erste empfing sie von Christus die Herrlichkeit, die uns allen verheißen ist" - wie es in den liturgischen Texten des heutigen Festtages heißt.

Wenn auch uns diese Vollendung verheißen ist, zu der Maria bereits gelangt ist, dann kann uns natürlich auch ihr Leben Vorbild sein, wie wir dieses Ziel erreichen können.

Am Vorabend:
Auf Maria treffen beide Seligpreisungen zu, die wir im Evangelium gehört haben:
"Selig die Frau, deren Leib dich getragen und deren Brust dich genährt hat."
Aber auch die zweite Seligpreisung, die Jesus diesem spontanen Ausruf der Frau entgegensetzt: "Selig sind vielmehr die, die das Wort Gottes hören und es befolgen." - Maria hat diese Seligpreisung auf einzigartige Weise gelebt. Ihr Jawort dem Engel gegenüber ist nicht nur ein punktuelles Ja, sondern konkretisiert sich in ihrem ganzen Leben: "Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Wort."
Das ist es, das wir von Maria lernen sollen: das Wort Gottes hören und es befolgen.
Also zuerst hinhören auf das, was Gott uns sagen will: in der Lesung und Betrachtung der hl. Schrift; im geistlichen Austausch mit anderen; im Studium religiöser Texte; vielleicht auch im Schweigen; auch im Hinsehen auf das Schöne und Gute in Gottes Schöpfung; und nicht zuletzt auch im Hinschauen auf die Not in der Welt.
Und dann eben nicht beim Hinhören und Hinschauen bleiben, sondern entsprechend handeln!
Wenn wir so ein "marianisches Leben" führen, dürfen wir zuversichtlich sein, dass Gott uns auch einmal die Vollendung schenken wird, die an Maria bereits Wirklichkeit geworden ist.

Am Tag:
"Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ." - Wir können von Maria ein großes Gottvertrauen lernen. Auch wenn es in ihrem Leben auch manche Schwierigkeiten gegeben hat - wir brauchen nur zu denken an die sieben Schmerzen Mariens, die die Tradition der Kirche auflistet - die Seligpreisung Elisabeths hat sich gerade in den schweren Stunden bewahrheitet.
Maria bleibt ihrem Glauben, ihrem Vertrauen in Gott treu. Ihr Jawort dem Engel gegenüber ist nicht nur ein punktuelles Ja, sondern konkretisiert sich in ihrem ganzen Leben: "Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe nach deinem Wort."
Wichtig im Leben der Gottesmutter war es also, nach dem Willen Gottes zu handeln. So sollen auch wir hinhören auf diesen Willen Gottes für unser Leben: in der Lesung und Betrachtung der hl. Schrift; im geistlichen Austausch mit anderen; im Studium religiöser Texte; vielleicht auch im Schweigen; auch im Hinsehen auf das Schöne und Gute in Gottes Schöpfung; und nicht zuletzt auch im Hinschauen auf die Not in der Welt.
Und wir dürfen nicht beim Hinschauen verbleiben. Wenn wir den Willen Gottes erkannt haben, müssen wir mit Maria auch sprechen: "Mir geschehe nach deinem Wort."
Wenn wir so ein "marianisches Leben" führen, dürfen wir zuversichtlich sein, dass Gott uns auch einmal die Vollendung schenken wird, die an Maria bereits Wirklichkeit geworden ist. Dann dürfen auch wir einstimmen in den Lobgesang Mariens: "Der Mächtige hat Großes an mir getan."

Heilige Jungfrau und Gottesmutter Maria,
in den Himmel aufgenommen 
bist du für uns ein "untrügliches Zeichen der Hoffnung",
denn was an dir bereits Wirklichkeit geworden ist,
ist uns allen verheißen.
Du sollst das große Vorbild unseres Lebens sein:
Hilf uns, wie du hinzuhören auf Gottes Wort und Willen;
und hilf uns, ja zu sagen wie du;
hilf uns, nicht tatenlos zu bleiben,
sondern ein echtes christliches Leben zu führen,
das sich für Gott und den Nächsten einsetzt.
Heilige Maria, Mutter Gottes,
bitte für uns Sünder
jetzt und in der Stunde unseres Todes.
Amen.


Zu den liturgischen Texten

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