16.10.2022 - Kirchweih- und Missionssonntag (Pfarrkirche Scheibbs)

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Jedes Kirchweihfest lässt uns nicht nur auf das Kirchengebäude blicken, sondern lädt uns ein, einen Blick auf die Gemeinde zu werfen, die sich darin versammelt. Wenn wir also das Kirchweihfest unserer Pfarrkirche feiern - zumal in einem Jubiläumsjahr, in dem wir auf 700 Jahre der Pfarrerhebung zurückblicken - dann dürfen wir fragen: Was macht uns als Pfarre aus?

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Scheibbser! Ich selber bin erst seit einem Jahr hier in der Pfarre, und auch in diesem einen Jahr bin ich studienbedingt nicht viel anwesend gewesen. Darum erlaube ich mir, diese Frage an Sie zurückzuspielen: Was macht die Pfarre Scheibbs aus? - Und ich bin überzeugt, dass, wenn ich jetzt mit dem Mikrofon durch die Reihen gehen würde, verschiedenste Antworten kommen würden. Als "lebendige Einrichtung, in der die Mitglieder der Pfarrgemeinde durch ihr Mitwirken das kirchliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben in Scheibbs mitgestalten" hat zB. der Herr Bürgermeister in seinem Grußwort zur Festschrift "Glauben Leben 1322-2022" die Pfarre Scheibbs beschrieben. Darüber hinaus ist die Kirche "auch Zufluchtsort und Ort der Besinnung und Begegnung". Und wie gesagt, jeder Einzelne von Ihnen könnte wahrscheinlich eine weitere Charakterisierung der Pfarre Scheibbs dazulegen.

Was macht die Pfarre Scheibbs aus? - Ich möchte bei der Beantwortung dieser Frage aber noch einen Schritt weitergehen: Was ist das Fundament, auf dem die Pfarre Scheibbs gebaut ist? Was ist es, das nun bereits 700 Jahre hindurch die Pfarre mit Leben erfüllt und sie tatsächlich zu einer Mitgestalterin des kirchlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Lebens, zu einem Zufluchts-, Besinnungs- und Begegnungsort macht?

Ähnliche Fragen evoziert der hl. Paulus auch in seinem Brief an die Gemeinde von Korinth. Er ruft den Christen dort in Erinnerung, dass sie sich als Kirche, als Gemeinde Gottes, nicht sich selbst verdanken. "Ihr seid Gottes Bau", so sagt er den Korinthern und so sagt er es wohl auch uns - wir haben es vorhin in der zweiten Lesung gehört. Paulus weiß natürlich, dass es im Laufe der Zeit nötig ist, den Bau fortzuführen, manches, das in die Jahre gekommen ist, zu renovieren, anderes den Empfindungen der jeweiligen Zeit entsprechend zu ergänzen, wieder anderes vielleicht auch aufzugeben, um Platz für Neues zu schaffen - die sichtbare Baugeschichte unseres Gotteshauses vom gotischen Gewölbe bis zu barocken Altären und noch jüngeren Einrichtungsgegenständen kann eine gute Illustration dieser Vorgänge sein. Paulus weiß also darum, dass Geschichte auch Leben und Veränderung heißt. Aber er erinnert auch an das bleibende Fundament, das in der Gemeinde von Korinth, das auch hier bei uns in Scheibbs gelegt worden ist: "Denn einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist: Jesus Christus."

Wenn wir von diesen Gedanken des hl. Paulus ausgehend also die Frage beantworten wollen: "Was macht die Pfarre Scheibbs aus?", dann werden wir wohl antworten müssen, dass durch nunmehr 700 Jahre Menschen auf diesem starken Fundament weitergebaut haben, dass sie sich eingebracht haben mit all ihren Talenten und Fähigkeiten, mit den verschiedenen Erfordernissen, die ihre jeweilige Zeit ihnen gestellt hat, vielleicht auch mit manchen Misserfolgen und Rückschritten; dass aber der tragende Grund alles pfarrlichen Lebens in den letzten 700 Jahren Jesus Christus war, der Glaube an Gott, der Mensch geworden ist, der mit uns durch die Zeit geht und uns hinführt zur Gemeinschaft mit ihm. - Es kommt ja nicht von ungefähr, dass Jesus Petrus als den Felsen bezeichnet, auf dem er seine Kirche bauen will, geradezu als Reaktion darauf, dass er, stellvertretend für die Jünger, zu ihm sagt: "Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes".

Dieses Bekenntnis zu Christus, die Weggemeinschaft mit dem menschgewordenen Gott, ist sicher ein Fundament, das auch stark genug ist für die nächsten 700 Jahre Pfarrgeschichte, auch wenn sich die konkrete Form des Pfarrlebens sicher wandeln wird; schon alleine deshalb, weil sich unsere Gesellschaft wandelt.

Liebe Brüder und Schwestern!

Ein Wort noch zur ersten Lesung, die wir gehört haben. Es ist die Lesung vom heutigen Sonntag, die nicht eigens aus den Kirchweihtexten ausgewählt wurde. Wir sehen das Volk Israel auf seinem Weg ins Gelobte Land im Kampf mit den Amalekitern. Wenn wir einmal von der kriegerischen Thematik absehen, könnten wir allgemein sagen: Das Volk Israel schreibt seine Geschichte, so wie die Pfarre Scheibbs ihre Geschichte schreibt, wie wir das Leben in unserer Pfarre gestalten. - Und das Volk Israel hat dabei nur dann Erfolg, wenn Mose seine Hände zum Gebet erhoben hält. Ein schönes Bild auch für uns: Nur wenn wir bei all unserem Tun die Hände zum Gebet erhoben halten, wenn wir in der Verbindung mit Gott bleiben, wenn wir auf dem starken Fundament stehen, das Jesus selber ist, dann kann unser Tun Erfolg haben, dann kann die Pfarre Scheibbs auch weiterhin Mitgestalterin des kirchlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Lebens, Zufluchts-, Besinnungs- und Begegnungsort sein.

Dass es nicht einfach ist, bei allem alltäglichen Geschäft die Verbindung zu Gott aufrechtzuerhalten, zeigt das anschauliche Bild der Lesung, dass dem Mose die Hände schwer werden. Und dann ist es wichtig, dass er von Aaron und Hur gestützt wird. - Ein Bild, dass wir uns in der Pfarre und darüber hinaus auch gegenseitig im Glauben stützen sollen. Wenn wir heute am Kirchweihsonntag in Scheibbs auch den Missionssonntag, den Sonntag der Weltkirche, vorfeiern, kann uns das daran erinnern, dass wir nicht alleine dastehen. Als Pfarre Scheibbs sind wir Teil der Diözese und der Weltkirche, wo wir in dieser großen Gemeinschaft auch manche Unterstützung finden können, und wo wir umgekehrt auch unsere Unterstützung anbieten - die verschiedenen caritativen Aktionen an diesem Tag als Unterstützung für die ärmsten Regionen der Welt wollen uns daran erinnern.

So dürfen wir am Kirchweihfest dankbar sein für 700 Jahre Pfarrleben auf dem Fundament des Glaubens an den menschgewordenen Gott, der mit uns durch die Zeit geht. Wir dürfen hoffnungsvoll in die Zukunft schauen und die nächsten 700 Jahre in Angriff nehmen. - Und beides im Bewusstsein, dass wir nicht isoliert dastehen, sondern uns mit unzähligen Menschen verbunden wissen dürfen, die ebenfalls auf demselben Fundament ihr Christsein leben.

Was macht die Pfarre Scheibbs aus? - Beantworten wir diese Frage nicht theoretisch, sondern mit unserem Leben in der Verbindung mit Gott und unseren Brüdern und Schwestern im Glauben an ihn! Möge uns unsere Pfarrpatronin, die hl. Maria Magdalena, dazu eine mächtige Fürsprecherin sein.

Amen.


Folgende Schrifttexte wurden ausgewählt:
Ex 17,8-13 und Ps 121 (29. So C); 1 Kor 3,9c-11.16-17; Mt 16,13-19 (Commune für Kirchweih)

(Foto: Bwag, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons)

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Heilige Geistkraft statt Heiligem Geist? - Kritische Anmerkungen

17. Sonntag i. Jkr. - Lj. A