3. Fastensonntag - Lj. C

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

"Womit habe ich das verdient?" - Gespräche, die diese Frage enthalten, gehören wohl zu den schwersten, die es gibt; vor allem, wenn schwer kranke Personen sie stellen, die absolut nichts für ihre Krankheit können: "Ich habe doch mein ganzes Leben lang nicht geraucht; warum habe ich nun Lungenkrebs? ... Mein Nachbar lebt doch viel ungesünder; warum gerade ich?" Leicht kommt man bei derartigen Gesprächen in Verlegenheit und bleibt selbst ratlos. Auch Jesus ist im heutigen Evangelium mit ähnlichen Fragen konfrontiert.

Es geht zwar nicht um schwere Krankheiten, aber trotzdem um nicht weniger Tragisches. Da kommen Pilger aus Galiläa zum Tempel nach Jerusalem, um ein Opfer darzubringen und gerade als sie dabei sind, richtet der Statthalter Pontius Pilatus ein Blutbad an und lässt allesamt hinmetzeln. Womit haben sie das verdient? Wer von ihnen hat gesündigt, dass Gott das zulässt? Wie große Schuld müssen sie auf sich geladen haben, dass sie so eine harte Bestrafung erfahren?

Liebe Brüder und Schwestern!
Jesus gibt auf solche Fragen keine eigentliche Antwort. Es bleibt ein Geheimnis, warum manchen Menschen so viel Schlimmes widerfährt. Aber er benutzt das Denken der Menschen, um ihnen einen Spiegel vor Augen zu halten: Wenn ihr denkt, dass das die Strafe für ihre Sünden ist, wie viel wird euch dann erwarten? Meint ihr, dass diese größere Sünder waren als alle anderen?
Und er erinnert sie noch an ein weiteres Unglück, das sich vor kurzem ereignet haben muss: Meint ihr, dass nur die gesündigt haben, die beim Einsturz des Turms von Schiloach ums Leben gekommen sind? 
Jesus benutzt die Situation, um denen, die zu ihm kommen, unverblümt zu sagen: "Ihr werdet ebenso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt."

Harte Worte, die Jesus heute im Evangelium zu uns spricht! Jesus erscheint hier nicht als der liebe Kumpel, der mit seinen Aposteln über die Wiesen läuft und den Vögeln beim Singen zuhört, sondern als der große Mahner zur Umkehr, der auch ernste Konsequenzen androht, wenn diese Umkehr nicht erfolgt.

An dieser Stelle erscheint es mir wichtig, zwei Punkte festzuhalten:

  • Jesus gibt keine Antwort auf die Frage: Womit haben sie das verdient? Er sagt nicht, dass diese schlimmen Ereignisse Folgen der Sünde einzelner Menschen sind.
  • Aber er benutzt die Denkweise der Menschen und diese schlimmen Ereignisse dazu, sie zur Umkehr zu mahnen. Und das mit vollem Ernst.

Liebe Brüder und Schwestern!
Vielleicht kann das für uns bedeuten, dass wir die Realität des Bösen in unserer Welt, die kleinen und großen Ungerechtigkeiten unseres Lebens, die Not, die uns überall begegnet, manches unverschuldete Leid und schwere Krankheiten nicht so sehr hinterfragen sollen. Wir sollen nicht daran verzweifeln, indem wir uns ständig nach dem Warum fragen.
Vielmehr sollen uns diese Dinge zur Warnung und Mahnung werden: Es gibt das Böse und wir können diese Realität nicht aus unserem Leben ausblenden. Wir können zwar keine Antwort auf das Warum großer Not geben, aber wir können in unserem persönlichen Leben den Weg des Guten gehen. Und wo wir diesen Weg verlassen haben, da ist - mit den Worten Jesu - Umkehr angesagt. Eine wirksame Hilfe für diese Umkehr, für eine Neuausrichtung, kann - gerade auch in der Fastenzeit - eine ehrliche Osterbeichte sein.

Gott wird den Sünder, der umkehrt, bereitwillig annehmen. Davon handelt auch der zweite Teil des heutigen Evangeliums mit dem Gleichnis vom Feigenbaum, der keine Früchte trägt. Der Weingärtner verschafft ihm eine Gnadenfrist, gibt ihm Zeit und Möglichkeit zur Umkehr. - Das ist sozusagen die Hintergrundfolie, auf der Jesus seine drastischen Worte spricht.

Liebe Brüder und Schwestern!
Noch ein kurzes Wort zur ersten Lesung, die uns wohl vertraut ist. Die Geschichte von Mose am brennenden Dornbusch gehört ja zu den wahrscheinlich bekanntesten Erzählungen der Bibel überhaupt. Gott offenbart Mose seinen Namen und damit sein Wesen: JHWH - "Ich bin, der ich bin." Viele Deutungen hat dieser Name erfahren: "Ego eimi ho on" - "Ich bin der Seiende", heißt es etwas philosophisch in der Septuaginta, der griechischen Version des Alten Testaments. "Ich bin der 'Ich bin da'", hat es in der alten Einheitsübersetzung geheißen, die wir wahrscheinlich noch alle im Ohr haben.
Wir müssen jetzt keine exegetische Abhandlung über diesen Namen Gottes schreiben. Aber wir dürfen wohl beides für uns mitnehmen:

  • Gott ist. Er ist der, der allem Seienden, aller Wirklichkeit zugrunde liegt. Er ist damit auch der sichere Halt und Anhaltspunkt für unser Leben.
  • Und er ist da. Er ist uns nahe, in Jesus Christus ist er sogar selbst Teil dieser Welt geworden, ein Mensch aus Fleisch und Blut. Er ist da für uns.

Und zu diesem Gott, der uns Halt und Hilfe gibt, sollen und dürfen wir umkehren, dazu ruft uns Jesus heute und immer wieder auf. "Wie habe ich das verdient?", vielleicht stellen wir uns diese Frage auch einmal im Hinblick darauf. Ich habe es nicht verdient, dass Gott mich beachtet, mich im Dasein erhält, selbst für mich da ist; und doch darf ich zu ihm kommen, schenkt er mir auch so viel Gutes. So wollen wir uns auch so gut wir können bemühen, die Umkehr zu Gott, eine Neuausrichtung auf ihn hin, mit unserem Leben zu vollziehen.
Amen.


Zu den liturgischen Texten

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