14. Sonntag i. Jkr. - Lj. B (beim Primizkreuz am Primiztag; mit Nachprimiz)


Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Wenn ich das heutige Evangelium auf den Tag genau fünf Jahre nach meiner Heimatprimiz höre, dann ist der erste Gedanke, der mir spontan kommt: So ist es bei mir nicht gewesen. Im Gegenteil, ich erinnere mich an schöne Tage nach meiner Priesterweihe hier in der Heimat: an die Weihe dieses Primizkreuzes durch Bischof Christian Werner, an die Primizmesse in der Pfarrkirche mit Mozarts Spatzenmesse, musiziert vom Kirchenchor und der Musikschule meiner damaligen Ausbildungspfarre Maria Anzbach (und auch meine beiden Maturakollegen, die heute für uns musizieren, haben im Orchester mitgewirkt), an viele nette Begegnungen nach der Messe oder auch am Abend bei der Dankvesper mit Einzelprimizsegen, schließlich an ein gut besuchtes Requiem auf dem Friedhof mit Gräbersegnung am Montag. Kurz gesagt: Wenn ich auf Jesus blicke, der bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in seiner Heimatstadt Ablehnung erfährt, muss ich sagen: diese Erfahrung ist mir nach meiner Priesterweihe erspart geblieben. 

Und, hochwürdiger Herr Primiziant, lieber Branko. Nachdem ich vor zwei Wochen bei deiner Priesterweihe und Heimatprimiz dabei sein durfte, wo übrigens dasselbe Ordinarium (die Spatzenmesse) wie bei meiner Primiz gespielt wurde, traue ich mir zu sagen: Auch du hast diese Erfahrung Jesu von Ablehnung in der Heimat nicht gemacht.

Trotzdem darf die heutige Evangeliumsstelle wohl gerade uns Priestern etwas sagen. Vielleicht hat sie sogar etwas Entlastendes: Wenn du tatsächlich Ablehnung in deinem priesterlichen Dienst erfährst - und das, lieber Branko, wünsche ich dir nicht, es wird dich aber früher oder später sicher einmal treffen - und selbst wenn es in deinem engsten, vertrautesten Umfeld wäre, dann denke an Jesus, dem es genauso ergangen ist. Verzweifle nicht, werde auch nicht verbittert, halte dich nicht unnötig lange damit auf, sondern geh deinen (oder besser gesagt: seinen) Weg weiter und verkünde unverfälscht das Evangelium!

Liebe Brüder und Schwestern!

Ich möchte aber noch einen zweiten Anlauf für die Betrachtung des heutigen Evangeliums nehmen - und dazu zuerst einmal einladen, die Erzählung als solche gedanklich beiseite zu legen.

"Das kenn ich schon alles", "Nichts Neues", "Eh immer dasselbe", "Das läuft ganz nach Schema ab", "Eine 0-8-15-Angelegenheit" - So oder so ähnlich hat sicher jeder von uns schon gedacht, wenn er vor eine bestimmte Situation gestellt wurde, die er gefühlt schon hunderte Male erlebt hat; oder wenn eine Person zu reden beginnt, bei der man vor der ersten Silbe schon weiß, was sie gleich wieder von sich geben wird.

Lieber Branko!

Ich bin jetzt fünf Jahre Priester, eigentlich noch kein allzu langer Zeitraum, aber ich kann dir bereits jetzt sagen: Auch im priesterlichen Dienst schleichen sich solche Routinen ein. Taufen, Begräbnisse, einfache Werktagsmessen, Sonntagsmessen, für die man die Predigt von vor drei Jahren wiederverwertet, Beichtgespräche, usw. Und es ist ja auch gar nichs Verkehrtes daran, auf Routinen zu setzen, die sich bewährt haben. Aber die große Gefahr besteht, denke ich, trotzdem darin, bei aller Routine den konkreten Einzelfall, die je einmalige Situation und den je einmaligen Menschen aus dem Auge zu verlieren.

Die Bewohner von Nazaret haben sich auch gedacht: Den kennen wir doch schon. Das ist doch der Sohn des Zimmermannes Josef. Den haben wir doch schon hunderte Male gesehen. Was will der uns denn schon Neues sagen. - Und sie verkennen nicht nur, dass er tatsachlich etwas existentiell Wichtiges für ihr Leben bringt, nämlich die Botschaft von der unbedingten Liebe Gottes, die er nicht nur verkündet, sondern ihnen in seiner Person, mit seinem eigenen Leben nahebringt. Sie verkennen Jesus also nicht nur, sondern sie lehnen ihn sogar ab, sie vertreiben ihn regelrecht aus ihrer Stadt.

Lieber Branko!

Ich wünsche dir einerseits sehr wohl, dass du Routine in deinem priesterlichen Dienst gewinnst, denn das ist etwas, das den Menschen, denen du begegnen wirst, ganz sicher Halt und Trost geben kann. Gerade in einer schnelllebigen Zeit, tut es gut, Konstanten, Feststehendes zu haben. Aber ich wünsche dir auch, dass du in deinem priesterlichen Dienst nicht vorschnell bei vermeintlich bewährten Musterlösungen verbleibst, sondern immer im Hier und Heute hinhörst, was Gott jetzt konkret durch dich an den Menschen wirken möchte.

Zu den liturgischen Texten

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Heilige Geistkraft statt Heiligem Geist? - Kritische Anmerkungen

21. Sonntag i. Jkr. - Lj. B (Verabschiedung als Kaplan von Scheibbs)

Ostersonntag - Am Tag