27. Sonntag i. Jkr. - Lj. B

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Eine Woche nachdem hier in Eichgraben die Festmesse mit den Ehejubilaren gefeiert wurde, hören wir in den heutigen Schrifttexten wieder von der Ehe.
Nur der Anlass ist ein anderer: Vergangene Woche durften wir Dank sagen für viele Jahre, die in gemeinsamer Ehe verbracht wurden. Heute ist der Anlass für Jesus, über die Ehe zu sprechen, die Frage nach der Ehescheidung.


Die Worte Jesu sind in diesem Punkt so klar, dass die Kirche zu allen Zeiten auch gegen entsprechenden Druck von allen möglichen Seiten die Unauflöslichkeit der Ehe festgehalten hat.
Die heiligen John Fisher und Thomas Morus haben zum Beispiel dafür sogar ihr Leben gelassen und werden deshalb auch als Märtyrer verehrt.
Oft wird der Kirche in diesem Punkt auch heute vorgeworfen, nicht barmherzig genug, nicht im Sinne Jesu, zu lehren. Doch wenn wir das heutige Evangelium anschauen, besteht für Jesus die Hartherzigkeit gerade nicht darin, die Ehescheidung zu verbieten, sondern - für viele wahrscheinlich paradoxerweise - sie zu erlauben: "Nur weil ihr so hatherzig seid", hat es im Alten Testament die Ehescheidung gegeben.

Wie aber kommt Jesus zu dieser Haltung, die ihn damals nicht unbedingt populär gemacht hat, und die auch heute auf so viel Unverständnis stößt?
Zunächst können wir sagen: Er begnügt sich nicht mit einem rein rechtlichen Denken, sondern er geht tiefer. Das Verbot der Ehescheidung ist für ihn kein gesetztes Recht, sondern aus der Natur des Menschen abgeleitet. Er verweist auf den ursprünglichen Schöpfungsplan Gottes.
In der Lesung aus dem Buch Genesis haben wir die entsprechende Erzählung gehört. Freilich will der Autor des Buches Genesis hier keine Schilderung von historischen Ereignissen bieten. Aber er will in Form dieser Erzählung sagen, wie Gott den Menschen als Mann und Frau gedacht hat.

Interessant ist bei der Schilderung der Erschaffung der Frau zunächst einmal, dass auch das Wort "Mann" erst vorkommt, nachdem die Frau aus seiner Rippe geformt wurde.
Nur dass es auch die Frau gibt, macht gemäß der biblischen Geschichte den Mann erst zum Mann. Und wir können ergänzen: Nur dass es auch den Mann gibt, macht die Frau erst zur Frau.
Mann und Frau stehen sich also zentral gegenüber.

Zugleich aber sind Mann und Frau stets aufeinander verwiesen. Sie haben einen einzigen gemeinsamen Ursprung - das will die Erzählung von der Formung der Frau aus der Rippe Adams sagen. So sagt Adam schließlich auch: "Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch."
Und das folgende Wort "Frau soll sie heißen; vom Mann ist sie genommen" ist in seinem vollen Sinn erst in der hebräischen Sprache verständlich, in der der Text geschrieben wurde: "Ischa soll sie heißen, denn vom isch ist sie genommen". - So drückt eben auch dieser Satz den gemeinsamen Ursprung von Mann und Frau und ihr Verwiesensein aufeinander aus.

Mann und Frau stehen sich also einerseits gegenüber, sind anderseits aber auch aufeinander verwiesen. Deshalb die Schlussfolgerung, die Jesus auch im Evangelium zitiert: "Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch."
Und diese Verwiesenheit von Mann und Frau ist für Jesus so stark, dass er die Bindung, die die beiden in der Ehe eingehen, als eine Bindung ansieht, die letztlich von Gott, dem Schöpfer, selbst bewirkt wird: "Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen."

Liebe Brüder und Schwestern!
Im Alten Testament gab es trotz alldem die Möglichkeit der Ehescheidung bzw. konnte der Mann seine Frau aus der Ehe entlassen.
Die letzte Festigkeit und Verbindlichkeit erhält der Ehebund zwischen Mann und Frau erst durch Jesus Christus.
Die Ehe wird in der Kirche zu den sieben Sakramenten gezählt. Die Sakramente sind sichtbare Zeichen, die eine unsichtbare Gnade enthalten. Und Gnade bedeutet im Letzten die Gegenwart Gottes selbst: Durch die Sakramente bleibt Gott unter uns gegenwärtig und macht er sich erfahrbar. Am deutlichsten ist dies wahrscheinlich beim Sakrament der Eucharistie: Unter den sichtbaren Gestalten von Brot und Wein ist Jesus unsichtbar, aber auf reale Weise mit Fleisch und Blut gegenwärtig.
So will sich Gott eben auch im Sakrament der Ehe erfahrbar machen, ergreift er selbst von den Ehepartnern Besitz. An ihrer ehelichen Liebe und Treue soll man die Liebe und Treue Gottes ablesen können. Ja mehr noch: Die Liebe und Treue der Ehegatten soll die Liebe und Treue Gottes in die Welt hinein vermitteln, spürbar und erfahrbar machen.
Von daher kommt im Letzten der Anspruch an eine christliche Ehe, unauflöslich zu sein. Wenn sie wirklich die unbedingte Liebe und Treue Gottes widerspiegelt, dann kann sie gar nicht anders als selbst unbedingt zu sein.
Gott steht treu zu seiner Schöpfung, auch wenn der Mensch untreu wird. So sind die Eheleute berufen, in guten und in bösen Tagen einander treu zu sein.

Und ein letzter Punkt, der für die christliche Ehe zentral ist:
Gottes Liebe kennt keine Grenzen, er gibt uns seine Gnade im Überfluss. Im Tagesgebet der heutigen Messe hat es geheißen: "Du gibst uns in deiner Güte mehr, als wir verdienen und Größeres, als wir erbitten." Er schenkt uns in Jesus Christus letztlich sich selbst.
Eheliche Liebe ist auch hier berufen, die göttliche Liebe darzustellen und darum hat Gott in die Ehe zwischen Mann und Frau auch die Fruchtbarkeit hineingelegt. Im Kind übersteigt die Liebe zwischen Mann und Frau sich selbst hin auf ein Drittes.
Und selbst, wenn die Ehe kinderlos bleibt, ist sie nicht unfruchtbar in einem umfassenden Sinn. Mann und Frau sind berufen, ihre gegenseitige Liebe und Treue für die Gesellschaft fruchtbar zu machen.

Liebe Brüder und Schwestern!
Wenn man das alles so hört, klingt es wahrscheinlich wie eine hoffnungslose Überforderung.
Natürlich geht es hier um ein Ideal der christlichen Ehe, das nicht immer erreicht werden wird.
Aber - und daran müssen wir festhalten- es ist möglich, auch mit der Hilfe Gottes, die den Ehegatten im Sakrament der Ehe zugesichert wird. Und dort, wo es gelingt, dieses Ideal zu leben oder sich immer mehr daran anzunähern, dort wird wirklich die Liebe und Treue Gottes sichtbar.

Dazu sind wir letztlich alle berufen, ob wir nun zölibatär leben, verheiratet sind oder noch auf der Suche nach dem richtigen Partner, ob unsere Ehe besteht oder vielleicht durch irgendwelche Umstände zerbrochen ist: Gottes Liebe und Treue in der Welt erfahrbar zu machen, diese Aufforderung ergeht an uns alle!

Ganz besonders möchte ich aber heute Sie, liebe Ehepaare, ansprechen:
Danke für Ihr starkes Zeugnis in der heutigen Welt und für Ihren wichtigen Dienst in der Kirche, Gottes Liebe und Treue darzustellen und greifbar zu machen!
Amen.


Zu den liturgischen Texten

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