2. Sonntag i. Jkr. - Lj. C

Liebe Brüder und Schwestern!

Verwandlung von einer Sache in eine andere - ein oft verwendetes Motiv, nicht nur in der Literatur oder so manchen Filmen.
Verwandlung - eine Sehnsucht, die wahrscheinlich so alt ist wie die Menschheit.
Denken wir nur beispielsweise daran, wie viel nach dem sogenannten "Stein der Weisen" geforscht wurde, einer sagenumwobenen Substanz, die die Kraft haben sollte, andere Materialien in Gold zu verwandeln.

Verwandlung - Unsere Kindermärchen kennen dieses Motiv und leben teilweise von der Faszination, die davon ausgeht.

Verwandlung - Auch die alten vorchristlichen heidnischen Mythen sind voll von dieser Thematik. Hier zeigt sich bereits etwas an: Verwandlung ist eine Art von Kraft, die mit dem Göttlichen zu tun hat.
So weiß die griechische Mythologie etwa von der Geschichte der Jungfrau Nikaia zu berichten, der Tochter des Flussgottes und einer anderen Göttin. Eines Tages tötet Nikaia einen jungen Hirten, der sich in sie verliebt hatte; womit sie den Liebesgott Eros sehr erbost, sodass dieser den Dionysos, den Gott des Weines, auf sie ansetzt. Dionysos wird vom Pfeil des Eros getroffen und verliebt sich in die Jungfrau Nikaia. Doch Nikaia weist auch ihn zurück. Letztlich reißt Dionysos Nikaia durch eine List an sich: Er verwandelt das Wasser der Quelle, aus der sie trinkt, in Wein und vergewaltigt die betrunkene Nikaia.

Verwandlung - Das ist letztlich auch ein Thema, das die biblische Geschichte aufgreift. Mose verwandelt beispielsweise seinen Stab in eine Schlange oder - als eine der sieben ägyptischen Plagen - das Wasser des Nil in Blut.

Eines fällt auf: Wo in der Myhtologie, in Sagen, Märchen oder auch in der Bibel das Thema Verwandlung vorkommt, ist es sehr oft etwas Negatives oder eine Strafe, die damit bewirkt wird.
Bis hin zu zeitgenössischen Büchern und Filmen wie Harry Potter, wo ja auch im ersten Band der "Stein der Weisen" von dunklen Zauberern und Mächten gestohlen und für eigene Zwecke missbraucht werden soll.

So sehr die Gabe der Verwandlung zu den großen Sehnsüchten der Menschheit zu gehören scheint, so sehr wären wir damit überfordert, weil jeder nur auf seinen eigenen Nutzen schauen würde.
Und dort, wo Verwandlung heute durch technische Prozesse möglich ist, sehen wir ja auch, wo dem Missbrauch tatsächlich Tür und Tor geöffnet wird: von Genmanipulation bis hin zu schwierigen bioethischen Fragen.

Liebe Brüder und Schwestern!
Von Jesus wird uns im heutigen Evangelium ebenfalls ein Verwandlungswunder erzählt; die wahrscheinlich bekannteste Verwandlungsgeschichte der Bibel überhaupt: Er verwandelt Wasser zu Wein bei der Hochzeit zu Kana.
Wenn wir das Wunder Jesu im Licht dessen betrachten, was ich soeben gesagt habe, fällt aber bereits ein großer Unterschied auf: Jesus wirkt dieses Wunder nicht für sich selbst. Ja, er wirkt es auch gar nicht aus eigenem Antrieb; Maria muss ihn regelrecht darum anflehen.
Er geht mit seiner "Begabung", seinem Wunderwirken nicht missbräuchlich um, wie etwa der Weingott Dionysos, sondern er verwendet sie, um damit anderen zu helfen. Dazu sind auch wir aufgefordert, wenn wir in der Lesung aus dem ersten Korintherbrief die verschiedenen Gnadengaben des Geistes aufgezählt bekommen haben, die einzelnen Menschen verliehen werden, "damit sie anderen nütz[en]".
Ein erster Punkt also, eine erste Anfrage an uns: Wie gehe ich mit meinen Fähigkeiten um? Denke ich nur an mich selbst? Oder bin ich offen für andere, offen für die Gemeinschaft?

Man könnte über die Hochzeit zu Kana, über Jesu erstes "Zeichen", wie die Wunder im Johannesevangelium heißen, viel sagen. Ich möchte mich auf einen zweiten Punkt beschränken.
Jesus zeigt hier, dass er der Verwandlung mächtig ist. Er möchte uns verwandeln.
In der Liturgie der Weihnachtszeit war öfter die Rede vom "heiligen Tausch", der sich durch die Menschwerdung vollzieht: Gott wird ein Mensch, damit der Mensch vergöttlicht werde. Gott teilt in Jesus ein Menschenleben, damit der Mensch am Leben Gottes teilnehmen kann. - Das ist der Endpunkt jener Verwandlung, die Jesus bewirken will, das ist die Konsequenz von Weihnachten.

Wenn auch nach dem Ende der liturgischen Weihnachtszeit nach alter Tradition mancherorts die Krippe noch stehenbleibt bis zum 2. Februar, kann uns das auch darauf hinweisen: Die Verwandlungskraft, die von Weihnachten ausgeht, möchte auch unseren Alltag prägen, möchte das Wasser unseres alltäglichen Lebens verwandeln in den Wein, in das Fest, in die Freude, in das göttliche Leben hinein.

Liebe Brüder und Schwestern!
Die Hochzeit zu Kana gehört zu den alten Festinhalten des Festes der Erscheinung des Herrn. So singt die Kirche in ihrem Abendgebet am 6. Jänner nicht nur von den Weisen aus dem Morgenland, sondern auch von der Taufe Jesu und eben der Hochzeit zu Kana:
"Drei Wunder heiligen diesen Tag: Heute führte der Stern die Weisen zum Kind in der Krippe. Heute wurde Wasser zu Wein bei der Hochzeit. Heute wurde Christus im Jordan getauft, uns zum Heil."
Lassen wir das Weihnachtsgeheimnis in unseren Alltag hineinwirken, lassen wir uns unseren Alltag von Jesus verwandeln und tragen wir auch das Unsrige dazu bei, dass Jesus die Welt durch uns verwandeln kann.


Zu den liturgischen Texten

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