Erscheinung des Herrn

Liebe Sternsinger, liebe Kinder!
Liebe Brüder und Schwestern!

Was ist das für ein Fest, das wir heute feiern? 
In den meisten Kalendern steht heute "Heilige Drei Könige".
Wenn wir das Evangelium des heutigen Tages genau anschauen, ist aber nicht die Rede von Königen; und auch die Zahl drei kommt nicht vor. "Da kamen Sterndeuter aus dem Osten", heißt es einfach.
Sei es, wie es sei - aber warum feiern wir diesen Besuch beim neugeborenen bzw. dreijährigen Jesuskind? Oder anders gefragt: Was will uns dieses Fest sagen?


Liebe Brüder und Schwestern!
Das Fest der Erscheinung des Herrn, wie dieser Tag in der Liturgie der Kirche genannt wird, lädt uns ein, unseren Blick zu weiten. Den Blick auf uns selbst, den Blick auf die anderen und den Blick auf Gott. Auf diese drei Punkte möchte ich kurz eingehen und auch versuchen, euch, liebe Sternsinger, dabei nicht zu vergessen. Denn auch ihr könnt uns allen dazu eine Hilfe sein.

1. Der Blick auf mich selbst
Die Weisen aus dem Morgenland kamen mit ganz eigenen Vorstellungen nach Betlehem, die wir nicht nur gutheißen können. Wie kommen sie überhaupt auf die Idee, die lange Reise anzutreten? Worin setzen sie ihr Vertrauen?
Zunächst sind es die Sterne, die sie in ihrer Religion wahrscheinlich als Götter oder Götterboten verehrt haben, denen sie vertrauen. Sie sind gefesselt von ihrer Vorstellung, dass ihnen diese Sterne die Geburt eines neuen Königs anzeigen und so machen sie sich auf den Weg.
In Jerusalem, der Hauptstadt Judäas, gehen sie ihren Vorstellungen vom neuen König entsprechend zuerst zum Königspalast, wo sie auf König Herodes treffen. Haben sie zuvor in die Sterne ihr Vertrauen gesetzt, so setzen sie es nun in König Herodes, der ihnen gut zuredet.
Was sie schließlich gefunden haben, hat ihre eigenen engen Vorstellungen durchbrochen und geweitet: Es ist nicht ein irdischer König, geboren in einem schönen Palast, den der Stern ihnen angezeigt hat, sondern das Kind einer armen Frau. Diese Begegnung muss sie innerlich verändert haben: Sie setzen ihr Vertrauen nun nicht mehr in die Sterne oder in Herodes, sondern in die Stimme Gottes, der im Traum zu ihnen spricht.
So will Gott auch uns verändern, unsere eigenen eingefahrenen Vorstellungen, unseren "Dickschädel" aufbrechen - aber nicht mit Gewalt, sondern behutsam; immerhin benutzt Gott ja gerade auch die falschen Vorstellungen der Sterndeuter, um sie zu Jesus zu führen.

Liebe Sternsinger!
Wenn man miteinander unterwegs ist, wie ihr es in den vergangenen Tagen gewesen seid, dann muss man wahrscheinlich auch auf die eigenen Vorstellungen verzichten, dass man weiterkommt. Ihr wart ja auch nicht als ihr selbst unterwegs, sondern habt euch verkleidet. Ihr habt ein paar Tage darauf verzichtet, ihr selbst zu sein, um anderen zu helfen. - Vielleicht täte das uns allen gut, hin und wieder auf uns selbst zu verzichten, um so einen ehrlicheren Blick auf uns selbst werfen zu können.

2. Der Blick auf die anderen
Liebe Brüder und Schwestern!
Das Fest der Erscheinung des Herrn lenkt unseren Blick auch auf die anderen, auf unsere Mitmenschen.
Den Hirten auf dem Feld zu Betlehem war an Weihnachten verkündet worden: Heute ist euch der Heiland geboren. Er ist der Christus, der verheißene Messias. Das haben die Hirten wohl verstanden: Es ist der Erlöser des Volkes Israel, der heute geboren ist.
Doch Jesus will mehr sein, als der Erlöser nur des einen Volkes Israel. Er ist der Heiland der ganzen Welt. Das Christentum ist keine Religion eines einzigen Volkes, das war zur damaligen Zeit durchaus ein Novum. Paulus nennt es im Epheserbrief, wie wir gehört haben, ein "Geheimnis", das ihm durch eine Offenbarung kundgetan wurde: "dass nämlich die Heiden Miterben sind", dass die anderen Völker und Religionen ebenso von Jesus umgriffen sind, dass er seine Liebe allen Menschen schenken will.
Die Weisen aus dem Morgenland sind die ersten Nichtjuden, die zu Jesus hingefunden haben, auch über so manche Umwege. So ist das heutige Fest auch ein Fest der christlichen Mission. Wir sind aufgefordert, die Botschaft Jesu in die Welt hinauszutragen. Das Fest der Erscheinung des Herrn lädt uns ein, unseren engen Blick auf unsere Umwelt auszuweiten auf die ganze Welt, auf alle Menschen.

Liebe Sternsinger!
Auch ihr seid uns dazu eine Hilfe, unseren Blick und unser Herz für unsere Mitmenschen zu öffnen. Ihr sammelt ja nicht für euch selbst, sondern für andere, für die, die unsere Hilfe am meisten brauchen.

3. Der Blick auf Gott
Liebe Brüder und Schwestern!
Schließlich lädt uns das Fest der Erscheinung des Herrn ein, auch neu auf Jesus zu blicken.
Die Feier von Weihnachten läuft oft Gefahr, sich in kitschiger Stall-Romantik zu verlieren, Jesus den "holden Knab im lockigen Haar" bleiben zu lassen.
Die Geschenke, die die Weisen aus dem Morgenland dem neugeborenen Kind darbringen, zeigen uns aber an, wozu er geboren ist:
Gold ist Zeichen seiner Königswürde, seiner Herrschaft der Liebe, die er über uns ausüben möchte.
Weihrauch ist Zeichen der Anbetung, die ihm als Sohn Gottes entgegengebracht wird.
Und die Bitterkeit der Myrrhe kann uns hinweisen auf die Bitterkeit des Leidens, das er zu unserem Heil auf sich nehmen will.
Das Fest der Erscheinung des Herrn stellt die Weichen vom Stall zu Betlehem hin zum Kreuz, von Weihnachten zu Ostern. Es ist daher auch ein schöner Brauch, wenn an diesem Festtag in der Ankündigung der beweglichen Feste des Jahres ein Ausblick vor allem auf Ostern geschieht.
Der Blick auf Jesus in der Krippe soll uns hinführen zu Jesus am Kreuz und zu Jesus, der in seiner Auferstehung den Tod besiegt und auch uns das neue Leben gebracht hat.
So lädt uns das Fest der Erscheinung des Herrn ein, das Geheimnis Christi neu zu betrachten, unseren Blick auf Gott zu schärfen.

Liebe Sternsinger!
Auch dazu seid ihr uns eine Hilfe und Erinnerung. Denn den Segensspruch "Christus mansionem benedicat - Christus segne dieses Haus", den ihr an die Türen schreibt, verbindet ihr mit dem dreifachen Kreuzzeichen. Das Kreuz, auf dem Jesus grausam gestorben ist, ist für uns zum Segenszeichen geworden.

Liebe Brüder und Schwestern!
Folgen wir dieser dreifachen Einladung, die das Fest der Erscheinung des Herrn an uns richtet:
Blicken wir neu auf uns selbst und lassen wir uns auch in Frage stellen!
Blicken wir auch liebevoll auf unsere Mitmenschen, besonders die, die unsere Hilfe brauchen.
Und blicken wir immer wieder neu auf Jesus, auf Gott. Es gibt unendlich viele neue Seiten an ihm zu entdecken, die er uns zeigen und mit denen er uns froh machen möchte.

Dann kann sich auch unser Leben, wie das der Weisen aus dem Morgenland, ändern und kann es auch von uns heißen:
"Sie zogen auf einem anderen Weg heim in ihr Land."

Zu den liturgischen Texten

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