16. Sonntag i. Jkr. - Lj. C

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Wenn Sie mit Geschwistern aufgewachsen sind oder selber mehrere Kinder haben, können Sie wahrscheinlich bestätigen, was ich gleich sage:
Geschwister können oft sehr verschieden sein.
Wenn ich an meine eigene Schwester denke, dann ist es jedenfalls so. Andere Interessen, anderes Temperament, und natürlich auch immer wieder kleinere und größere Streitereien unter Geschwistern. - Ich denke das kennen wir alle!

Im heutigen Evangelium berichtet uns Lukas auch von einem sehr ungleichen Schwesternpaar: Marta und Maria. Sie haben auch noch einen Bruder, der heute im Evangelium keinen Auftritt hat, den wir aber auch kennen: Lazarus. Und wahrscheinlich ist Lazarus noch einmal ein ganz anderer Typ gewesen.
Geschwister sind verschieden - und das ist auch gar nichts Schlechtes.
Das heutige Evangelium ist im Laufe der Geschichte immer wieder so ausgelegt worden, dass Marta und Maria Prototypen für wichtige christliche Grundhaltungen bzw. sogar für kirchliche Stände sind: Marta für die Aktion, für ein tätiges Leben inmitten der Welt; und Maria für die Kontemplation, für ein beschauliches Leben, auch für den Ordensstand. Und in dieser Auslegung ist es ganz und gar nicht schlecht, dass sich die Schwestern unterscheiden. Im Gegenteil, Aktion und Kontemplation sollen sich in einem christlichen Leben und im Leben der Kirche ergänzen.

Liebe Brüder und Schwestern!
Jesus tadelt Marta, als sie Maria ihren eigenen Stil aufzwingen möchte. Und das ist glaube ich ein wichtiger Punkt. Wir sind verschieden, als Menschen, als Christen, als Katholiken, als Bewohner der Pfarre Eichgraben. Und Jesus akzeptiert diese Verschiedenheit und erkennt sogar das Kostbare an ihr.
Allzuoft sind wir hingegen versucht, wie Marta, uns unseren Mitmenschen und Mitchristen überlegen zu fühlen und sie belehren zu wollen, weil ihre Art und Weise ihr Mensch- und Christsein zu leben nicht unseren Vorstellungen entspricht.

Mancher mag sich politisch engagieren und findet es unverständlich, dass ein anderer daran überhaupt kein Interesse zeigt. Manche "Vollzeitmutter" mag finden, dass eine andere Frau ihre Kinder vernachlässigt, weil sie berufliche Karriere macht. Mancher findet Gefallen an lateinischen Hochämtern, ein anderer an charismatischen Gebetstreffen. Der eine betet gerne den Rosenkranz, der andere betrachtet sein Engagement für die Armen als Gottesdienst.

Liebe Brüder und Schwestern! 
Wer sind wir, über die Lebensweise und mehr noch über die Spiritualität eines anderen zu urteilen! Wer sind wir, anderen unsere eigenen Vorlieben aufzwingen zu wollen!
Jesus ist jedenfalls anders. Er sagt auch über Maria, die von ihrer Schwester getadelt wird: Sie hat etwas Gutes gewählt.
Wenn wir als Kirche, als Pfarrgemeinde, lernen, ein so weites Herz wie Jesus zu haben, der Platz für die verschiedensten Menschen hat, der sie annimmt, wenn sie in welcher Form auch immer ehrlich zu ihm kommen, dann würde es in unserer Kirche, in unserer Pfarre wahrscheinlich anders aussehen.
Wollen wir uns also in der Nachfolge Christi darum bemühen! Wollen wir versuchen, den "guten Teil" in unseren Brüdern und Schwestern zu sehen!
Amen.

Zu den liturgischen Texten

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