7. Juli 2019 - Vesper am Primiztag

Lesung aus der Apostelgeschichte (Apg 3,1-10)


QUANTUM POTES, TANTUM AUDE

Was Du kannst, das sollst Du wagen.

Diesen Spruch, liebe Brüder und Schwestern, habe ich mir als Primizspruch ausgewählt.

Ich möchte kurz auf drei Punkte eingehen, wie ich denke, dass dieser Spruch dafür sehr geeignet ist und tatsächlich eine Art Überschrift oder Motto über meinem priesterlichen Wirken sein kann.



1. potes und potestas

"Was Du kannst, das sollst Du wagen."
In einem ersten Punkt möchte ich auf diesen Aspekt des Könnens eingehen. Das lateinische Wort, das hier verwendet wird, ist potes: "Quantum potes, tantum aude".
Wenn ich dieses Wort, besonders beim Nachdenken über das Priestertum, höre, dann klingt in meinen Ohren ein anderes Wort mit. Gemeint ist das Wort potestas - Vollmacht.
Es geht beim Priestertum eben nicht um das, was ich von mir aus kann, weil ich dazu eine besondere Begabung habe oder weil ich mir diese oder jene Fähigkeit angeeignet hätte. Nein, es geht um das, wozu ich von Christus bevollmächtigt bin.
Petrus und Johannes wirken das Wunder, von dem wir in der Lesung gehört haben, ja auch nicht aus eigener Kraft. Ihre potestas, ihre Vollmacht so zu handeln kommt von Christus: "Im Namen Jesu Christi steh auf und geh".

Der Priester darf nicht nur und nicht in erster Linie auf sein eigenes Können vertrauen, sondern er muss durchlässig sein für das Handeln Jesu.
Wir sprechen ja auch davon, dass der Priester in persona Christi handelt. Besonders bei der Feier der hl. Messe und der Spendung der Sakramente; aber auch alle anderen Wirkungsbereiche des Priesters sollen von dieser Grundeinstellung druchdrungen sein. 
Alles Tun des Priesters, auch ganz banale und weltliche Dinge, muss sich vor dieser Forderung verantworten: Handle ich aus der potestas Christi heraus? Habe ich nach seinem Willen gefragt? Oder handle ich eigenmächtig? Geht es mir nur um meinen eigenen Vorteil?

2. quantum - tantum

Ein zweiter Punkt: "Quantum potes, tantum aude" - Mit dem Wortpaar quantum - tantum wird im Lateinischen eine Entsprechung ausgedrückt: "im gleichen Maß".
In dem Maß, in dem dir die Vollmacht gegeben wird, in dem Maß setze sie auch ein. - So könnte man den Spruch frei übersetzen.

Einerseits wird so die anspruchsvolle Aufgabe aufgezeigt, die ich mit der Priesterweihe übernommen habe. Die priesterliche Vollmacht ist ja nichts Geringes. Denken wir nur beispielsweise an das Bußsakrament: "Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben"; oder an die Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi.
Quantum potes, tantum aude: Wenn dir so große Vollmachten gegeben werden, dann wird von dir auch Großes erwartet. So gelesen erinnert der Spruch auch an das Wort Jesu: "Wem man viel anvertraut hat, von dem wird man umso mehr verlangen."

Auf diese Weise wird mir mein Primizspruch einerseits zum Mahnwort: Sei dir der Größe dessen bewusst, was du empfangen hast; und handle danach.
So tut es auch der hl. Petrus, wenn er zu dem Gelähmten sagt: "Was ich habe, das gebe ich dir."
Anderseits kann mir mein Primizspruch mit der Entsprechung von quantum und tantum auch ein Trost sein: Gott verlangt von mir nicht mehr als das, wozu er mich durch die Weihe auch selbst befähigt hat.

3. Der Spruch im Kontext der Fronleichnamssequenz

In einem letzten Punkt soll noch auf den Kontext meines Primizspruches eingegangen werden. Es ist ja nicht einfach ein Sprichwort, das isoliert nur für sich dastehen würde.
"Quantum potes, tantum aude", dieser Spruch ist entnommen aus der Sequenz des Fronleichnamsfestes, die uns in ihrer deutschen Übertragung wohl vertraut ist: "Deinem Heiland, deinem Lehrer".
Der Spruch steht ursprünglich also im Kontext eines Hymnus, der die ganze katholische Wahrheit über die Eucharistie in einem Lied ausdrückt.

So soll mich mein Primizspruch auch daran erinnern, dass priesterliches Leben - und eigentlich jedes christliche Leben - ein Leben vom Altar her und auf den Altar hin ist.
Die Hingabe Jesu, die durch das Tun des Priesters im Messopfer gegenwärtig wird, soll auch mein persönliches Leben prägen.
Und aus der täglichen Begegnung mit Christus am Altar darf ich immer wieder neu die Kraft für mein Wirken in der Welt schöpfen.

"Was Du kannst, das sollst Du wagen: Ihm gebührend Dank zu sagen, hat kein Mensch genug getan." - "non sufficit" - "es genügt nicht" - Im engeren Kontext führt mir mein Primizspruch schließlich nochmals meine eigene Unzulänglichkeit vor Augen und führt mich zurück zum Ausgangspunkt meiner Überlegungen.
Es geht nicht um mein Können, sondern um das Handeln Christi, der durch mich wirken möchte.

So habe ich letztlich für mein priesterliches Wirken auch keinen Lohn, keinen Dank und keine Anerkennung zu erwarten. Denn all das gebührt nicht mir, sondern Ihm.
"Omnia ad maiorem Dei gloriam" - "Alles meinem Gott zu Ehren", diese Gute Meinung, mit der ich gewohnheitsmäßig jeden neuen Tag beginne, stellt mir mein Primizspruch auch über mein Priestersein.
"Nicht uns, o Herr, bring zu Ehren, nicht uns, sondern deinen Namen", so haben wir im zweiten Psalm der Vesper gesungen. In dieser Gesinnung darf ich mein priesterliches Wirken beginnen.


Quantum potes, tantum aude - Was Du kannst, das sollst Du wagen

Liebe Brüder und Schwestern!
Betet für mich, dass ich diesem Vorsatz treu bleiben und ihm immer wieder neu durch mein Leben und Wirken als Priester gerecht werden kann.

Heilige Maria, gute Mutter der Priester!
Bitte auch Du für mich, dass ich ganz zum Werkzeug Deines Sohnes werde.
Amen.

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