1. Adventsonntag - Lj. A

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Durch die Adventzeit gibt es einige biblische Personen, die uns begleiten, große "Adventgestalten", denen wir begegnen und denen wir nachgehen dürfen. Wir wollen uns auf den Weg machen und mit ihnen Christus entgegengehen, auf den sie hinweisen.
Und an diesem ersten Adventsonntag macht dabei der Prophet Jesaja den Anfang. "Wir wollen gehen im Licht des HERRN", lädt er uns in der Lesung ein; und dieser Satz soll uns in diesem Advent begleiten: Gehen im Licht des Herrn, das unseren Weg hell macht; gehen zur Quelle dieses Lichtes, die der Herr selber ist.

Der Prophet Jesaja lebte in einer politisch unruhigen Zeit, im 8. Jahrhundert vor Christus. Das Volk Israel war bedroht durch das sich ausbreitende Weltreich der Assyrer. Die Nachbarvölker machten Druck, sich Verbündete gegen Assur zu suchen. Israel stand unter Zugzwang.
In diese politische Lage hinein wird Jesaja zum Propheten, zum Sprachrohr Gottes, berufen. Und die Botschaft, die er dem Volk zu überbringen hat, ist alles andere als schmeichelhaft. So erfährt er etwa bereits bei seiner Berufungsvision folgendes Gotteswort:
"Der Herr wird die Menschen weit weg treiben; dann ist das Land leer und verlassen. Bleibt darin noch ein Zehntel übrig - auch sie werden schließlich vernichtet, wie bei einer Eiche oder Terebinte, von der nur der Stumpf bleibt, wenn man sie fällt." (Jes 6,12-13)
Das Exil, die Wegführung aus der Heimat, wird dem Volk Israel von Gott angekündigt. Und diese Deportation wird gemäß dem Gotteswort nicht von Assur ausgehen, sondern Gott selbst steht dahinter; er ist es, der das Volk in die Verbannung schickt.
Doch diese Androhung des Exils ist nicht die einzige Botschaft, die Jesaja für das Volk hat. Sie ist gleichsam nur die dunkle Hintergrundfolie, auf der seine Hoffnungsbotschaft noch viel heller leuchtet:
"Er wird Recht schaffen zwischen den Nationen und viele Völker zurechtweisen. Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden und ihre Lanzen zu Winzermessern. Sie erheben nicht das Schwert, Nation gegen Nation, und sie erlernen nicht mehr den Krieg" (Jes 2,4),
so hat es in der heutigen Lesung geheißen. Ja, die Bewegung wird sich geradezu umkehren. Nicht mehr das Volk Israel wird sein Land verlassen müssen und sich unter die Völker zerstreuen, sondern alle Völker werden nach Jerusalem ziehen:
"Der Berg des Hauses des HERRN steht fest gegründet als höchster der Berge; ... zu ihm strömen alle Nationen." (Jes 2,2)
Zu dieser Völkerwallfahrt und dem endgültigen Frieden, den Jesaja ankündigt, kann es aber nur kommen, wenn sich das Volk an den Bund mit Gott hält.
Im Bild gesprochen: Die Völker werden den Weg nach Jerusalem nur finden, wenn dort wie auf einem Leuchtturm ein Licht brennt. Darum, so die Aufforderung Jesajas: "Haus Jakob, auf, wir wollen gehen im Licht des HERRN." (Jes 2,5)

Liebe Brüder und Schwestern!
Diese Botschaft des Propheten Jesaja vor vielen Jahrhunderten hat auch für uns eine Bedeutung.
Wenn wir uns im Advent - und unser ganzes Leben ist eigentlich Advent, Warten auf die Ankunft des Herrn oder beim Herrn - auf den Weg machen und Christus entgegengehen, dann gilt es auch, in seinem Licht zu wandeln. "Lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts!" (Röm 13,12), so fordert uns Paulus auf.
Wir sollen uns vom Licht Jesu entzünden lassen, sollen so selber zum Licht werden, das anderen den Weg zu ihm weist.
Wenn wir jeden Sonntag auf dem Adventkranz eine neue Kerze entzünden, dann soll es nicht nur auf dem Adventkranz heller werden, sondern soll das ein Bild für unser Leben sein.
Wie können wir es in unserem Leben heller werden lassen? Wo können wir durch unser Tun ein neues Licht entzünden - Sonntag für Sonntag, Tag für Tag, ja Stunde für Stunde?
Diese Frage richtet die beginnende Adventzeit an uns und der Prophet Jesaja fordert uns auf, bald eine Antwort darauf zu finden: "Auf, wir wollen gehen im Licht des Herrn."

Zu den liturgischen Texten

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