32. Sonntag i. Jkr. - Lj. C

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

In der ersten Lesung haben wir heute von einer Erzählung gehört, die wir wahrscheinlich zu den grausamsten Schilderungen des Alten Testaments zählen können und die ich darum auch nicht kommentarlos übergehen möchte.
Eine Mutter steht mit ihren sieben Söhnen vor dem seleukidischen König und sie sollen gezwungen werden, gegen ihre religiöse Überzeugung zu handeln, gegen Gottes Gebot zu verstoßen.
Als sie sich weigern, lässt der König einen nach dem anderen auf qualvolle Art und Weise hinrichten. Die Brüder aber sprechen sich gegenseitig Mut zu, bis zuletzt - das haben wir heute in der Lesung nicht mehr gehört - nur noch die Mutter mit ihrem jüngsten Sohn übrig ist und auch diese sich gegenseitig Mut zusprechen, bevor auch sie gefoltert und getötet werden.

Eine Episode, bei der uns wahrscheinlich ein gewisser Schauder überkommt, wenn wir sie hören und uns ausmalen.
Aber trotz allem eine sehr eindrückliche Episode. Und seien wir uns einmal ehrlich, wenn wir etwa das Fernsehprogramm anschauen, geht es da in unserem "Unterhaltungsprogramm" friedlicher zu? Wie viele Krimi-Serien laufen jeden Abend? Wie oft ist von Serienmördern die Rede? Ganz zu schweigen von Horror-Thrillern und dergleichen. Und selbst im sogenannten Kinderprogramm stehen Kämpfe und Gewalt auf der Tagesordnung.
Warum sollte also ausgerechnet die Bibel diese Thematik aussparen?

Natürlich erzählt die hl. Schrift solche Geschichten nicht um der Gewalt willen! Es geht immer um Tieferes, um eine Botschaft, die durch diese durchaus eindrucksvollen Schilderungen hindurch transportiert werden soll.
Da stehen diese sieben Brüder mit ihrer Mutter vor dem König und vor ihrem sicheren Tod, sollten sie Gottes Gebot nicht übertreten. Und einer von ihnen, quasi als Sprecher für die anderen, fragt den König: "Was willst du uns fragen und was willst du von uns lernen?"
Ja, nicht die sieben Brüder und ihre Mutter sind es, die vom König etwas zu lernen hätten, nämlich die "moderne", griechische Lebensart, sondern sie drehen den Spieß um: Nicht wir werden von dir lernen, sondern du kannst von uns lernen.

Liebe Brüder und Schwestern!
So dürfen auch wir uns fragen: Was können wir von diesen sieben Brüdern und ihrer Mutter lernen?
Ich möchte versuchen, drei Punkte herauszustellen:

  1. Nicht den Mut verlieren!
  2. Zueinander halten!
  3. Hoffnung auch angesichts des Todes!

1. NICHT DEN MUT VERLIEREN!
Dass die sieben Brüder und ihre Mutter mutige Menschen waren, liegt wohl auf der Hand. Es erfordert Mut, sich gegen den König zu stellen, gerade auch angesichts des sicheren Todes.
Es erfordert auch heute Mut, sich gegen Ungerechtigkeiten und Bevormundungen stark zu machen. Es erfordert Mut, zu den eigenen Überzeugungen zu stehen.
Es kann auch heute, wenn schon nicht den Tod, so wohl aber manche Nachteile mit sich bringen, nicht dem Mainstream zu folgen.
Aber, das können wir von den sieben Brüdern und ihrer Mutter lernen: Nur Mut dazu!
Auch in unserer Zeit gibt es solche mutige Menschen. Denken wir nur an die vielen Widerstandskämpfer der NS-Zeit oder im kommunistischen Regime. In der kommenden Woche feiern wir den Gedenktag des seligen Carl Lampert, eines Priesters, der eben wegen seiner kritischen Haltung dem Nazi-Regime gegenüber hingerichtet wurde. Aus heutiger Perspektive können wir sagen: Ja, es war richtig von ihm, mutig zu sein, auch wenn es ihm das Leben gekostet hat!
Fragen wir uns: Wo wird von uns heute solcher Bekennermut gefordert?

2. ZUEINANDER HALTEN!
Was an der Geschichte der sieben Brüder und ihrer Mutter beeindruckt, ist sicher auch der starke Familienzusammenhalt, die Solidarität untereinander. Was wäre, wenn einer der Brüder eingeknickt wäre?
Ungerechtigkeit zu erleidenist nie einfach. Standhaft zu bleiben, kann sehr schwer werden.
Ungerechtigkeit gemeinsam zu erleiden, kann es leichter machen. Standhaft sein, also bildlich gesprochen stehen zu bleiben, fällt leichter, wenn ich mich an jemand anlehnen kann.
Ja, auch das ist etwas, das wir von den sieben Brüdern und ihrer Mutter lernen können. Auch für uns als Kirche, als Gemeinschaft ist es wichtig, einander zu stützen. Da zählen nicht die verschiedenen Vorlieben des einzelnen - das kann alles seinen Platz haben: von der aufgeweckten Jungscharstunde bis zur hochtheoretischen Dogmatikvorlesung, vom charismatischen Gottesdienst bis zum lateinischen Hochamt - aber bei aller Unterschiedlichkeit gilt es, zusammenzuhalten! Wenn wir als Kirche, als Gemeinschaft, auch als Pfarrgemeinde untereinander gespalten und zerstritten sind, wird es schwer, nach außen hin aufzutreten. Dabei ist genau das eine unserer Hauptaufgaben als Christen. Daran wollte uns Papst Franziskus erinnern, wenn er den vergangenen Oktober zum außerordentlichen Monat der Weltmission erklärt hat: Geht hinaus in die Welt um Christus zu verkünden! Und, liebe Brüder und Schwestern, dabei können wir es uns nicht leisten, als einzelne Gruppen hinauszugehen, dazu müssen wir gemeinsam anpacken!

3. HOFFNUNG AUCH ANGESICHTS DES TODES!
Schließlich dürfen wir von den sieben Brüdern und ihrer Mutter auch erfahren, was ihnen die Kraft gibt für ihr mutiges und geschlossenes Auftreten: 
"Du Unmensch! Du nimmst uns dieses Leben; aber der König der Welt wird uns zu einem neuen, ewigen Leben auferstehen lassen, weil wir für seine Gesetze gestorben sind",
so sagt es der erste Bruder.
Die Bibelwissenschaft sagt uns, es ist dies das erste Mal, dass in der heiligen Schrift der Glaube an die Auferstehung in dieser Deutlichkeit formuliert wird.
Auch das dürfen wir von den sieben Brüdern und ihrer Mutter lernen: Ein starkes, mutiges, geschlossenes und entschlossenes Handeln muss von einer inneren Überzeugung getragen sein, muss von einer großen Hoffnung unterfüttert sein. Und was könnte uns mehr Hoffnung geben als die Auferstehung Jesu und die Verheißung, dass auch wir auferstehen werden! Diese Hoffnung relativiert alles andere, ohne dass dadurch der Realität der Ernst genommen wird.
So müssen wir uns von den sieben Brüdern und ihrer Mutter auch die Frage gefallen lassen: Wie sieht es mit deiner Hoffnung aus? Wie stark ist dein Glaube?


Zu den liturgischen Texten

Kommentare

  1. Hallo Alex!
    Gratuliere zu deiner Predigt! Toll strukturiert und echt gute Aussagen und Gedanken.
    LG, Christoph

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