7. Juli 2021 - Hl. Messe beim Primizkreuz am 2. Jahrestag meiner Primiz; mit Nachprimiz eines Neupriesters und diamantenem Ehejubiläum meiner Großeltern

Hochwürdiger Primiziant, lieber Mitbruder!
Liebe Oma, lieber Opa, die ihr euer Hochzeitsjubiläum feiert!
Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Es sind verschiedene Anlässe, die wir heute feiern dürfen; verschiedene Anliegen, die wir in dieser Feier verbinden.

  • Heute vor zwei Jahren habe ich das erste Mal hier in meiner Heimat feierlich die hl. Messe gefeiert. Am Tag davor hat der emeritierte Militärbischof Christian Werner dieses Kreuz geweiht. Ich wollte den Jahrestag meiner Primiz eigentlich bereits im Vorjahr zum Anlass nehmen, hier die hl. Messe zu feiern - zur Danksagung für ein bzw. jetzt zwei Jahre meines priesterlichen Dienstes, in denen ich Gottes Gnade reichlich erfahren durfte; aber auch als Bittmesse um neue geistliche Berufungen, die wir gerade in der heutigen Zeit dringend brauchen würden. Die Pandemie hat mir freilich voriges Jahr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Umso mehr freue ich mich, dass wir heute hier gemeinsam feiern können; und vielleicht entsteht daraus ja auch eine schöne neue Tradition ...
  • Als es heuer dann so ausgesehen hat, dass diese Feier am Primiztag stattfinden kann, habt dann gerade ihr beide, Oma und Opa, überlegt, wann wir eure diamantene Hochzeit feiern sollen, die eigentlich Ende Mai gewesen wäre, wo es von den Corona-Bestimmungen her aber auch noch nicht so leicht möglich gewesen wäre. Wir sind dann eigentlich relativ schnell auf die Idee gekommen, auch das heute nachzufeiern und um Gottes Segen für euch zu bitten.
  • Und dann ist im Verlauf des letzten Jahres unser geschätzter Herr Pfarrer Hermann Katzenschlager gestorben. Heute würde er seinen Geburtstag begehen und - was ihm eigentlich immer wichtiger war als sein Geburtstag - (zufällig am selben Tag wie ich) den Jahrestag seiner Primiz.
  • Schließlich, lieber Simon, bist auch du meiner Einladung gefolgt. Denn ich dachte mir, wenn es schon mein Primiztag und der Primiztag unseres verstorbenen Pfarrers ist, wäre es doch schön, auch einen Primizsegen zu bekommen. Danke, dass du zu uns gekommen bist und uns diesen besonderen Segen spenden wirst! So wollen wir auch dich und dein priesterliches Wirken heute dem Herrn anempfehlen, der ja, wie es auf der Inschrift des Primizkreuzes steht, sacerdos unicus - einziger Priester, nämlich Mittler zwischen Gott und den Menschen ist, an dessen Priestertum wir Anteil haben dürfen.

Liebe Brüder und Schwestern!

Worüber spricht man an einem solchen Tag, wo so viele verschiedene Anlässe zusammenkommen, ohne eine ausufernd lange Rede zu halten? Ich habe mich dafür entschieden, die Schriftlesungen vom heutigen Wochentag zu nehmen, nicht eigens Texte auszusuchen, sondern mich sozusagen vom Zufall der kirchlichen Leseordnung, oder sagen wir ruhig: von der göttlichen Vorsehung leiten zu lassen. 

Und da lesen wir heute in der Lesung von Josef und seinen Brüdern. Den meisten wird die Geschichte bekannt sein: Josef wird von seinen Brüdern als Sklave nach Ägypten verkauft. Dort steigt er aber zum Berater des Pharaos auf und verwaltet während einer Hungersnot die Getreidespeicher. Seine Brüder ziehen nach Ägypten und bitten um Getreide, ohne zu wissen, dass sie mit ihrem Bruder sprechen. Heute haben wir die Stelle gehört, wo sie anfangen Reue zu zeigen über den Verrat an ihrem Bruder, den sie für tot halten.

Im Evangelium schließlich wurde uns heute die Aussendung der zwölf Apostel geschildert. Es ist selten, dass sich bei den Wochentagslesungen die beiden Schrifttexte so leicht aufeinander beziehen lassen; aber die zwölf Apostel stehen eindeutig für die zwölf Stämme Israels, also die Nachkommen des Josef und seiner Brüder.

Was machen wir jetzt aus diesen einzelnen Fäden: aus den Söhnen Jakobs bzw. den Stämmen Israels und den zwölf Aposteln - in Verbindung mit unseren unterschiedlichen Anlässen?

Nun, vielleicht ist das Wort "unterschiedlich" ein gutes Stichwort. Denn unterschiedlich sind nicht nur die Anlässe und Anliegen der heutigen Feier, sondern wohl auch die Charaktäre der biblischen Lesungen. Juda, der älteste Sohn Jakobs, der eifersüchtig auf den jüngeren Halbbruder Josef ist und ihn deshalb verkaufen möchte; Ruben, der noch versucht, sich gegen seine Brüder für Josef einzusetzen; Josef selbst, der sich nicht gleich zu erkennen gibt, sondern seine Brüder noch hinhält - das sind sicher ganz verschiedene Typen, die uns in dieser Erzählung begegnen. Und die Apostel, die Jesus heute aussendet, sind auch alles andere als ein homogener Haufen: Fischer; Zöllner; Simon Kananäus, der in anderen Evangelien Zelot, also Freiheitskämpfer, Aufständischer gegen die römische Besatzung genannt wird; bis hin zu Judas Iskariot, der zum Verräter werden wird.

Es sind unterschiedliche Charaktäre, auf die sich die zwölf Stämme Israels zurückführen und auf die sie sich als Stammväter berufen. Und es sind unterschiedliche Charaktäre, die das Apostelkollegium bilden, auf dem Christus seine Kirche aufbaut.

Liebe Brüder und Schwestern!

Vielleicht ist gerade diese Unterschiedlichkeit das Erfolgsrezept für das Zwölf-Stämme-Volk Israel - immerhin wird nach der Reichsteilung in das Nord- und Südreich immer dieses eine Reich, zusammengesezt aus den unterschiedlichen Stämmen - die Idealfigur sein. Vielleicht ist die Unterschiedlichkeit im Apostelkollegium das Erfolgsrezept für die Kirche - ja, es gibt die verschiedenen Charaktäre, aber im Reich Gottes ist für alle Platz, solange sie sich nicht gegen Jesus oder gegeneinander stellen - die Auflistung der Apostel enthält ja auch bereits den Hinweis auf den späteren Verräter.

Und wenn wir von da aus jetzt nochmals auf unsere verschiedenen Anlässe und Anliegen schauen, können wir eigentlich zwei Stränge gruppieren: 

  • Liebe Oma und Opa, da ist einerseits euer Hochzeitsjubiläum;
  • und da ist andererseits das Gebet für die Priester und um geistliche Berufe.

Zwei Stränge, die oberflächlich betrachtet unterschiedlicher nicht sein könnten: 60 Jahre Ehe mit 3 Kindern, 4 Enkelkindern und bereits 2 Urenkeln; und das zölibatäre Leben der Priester. Doch beides ist wertvoll und auch für die Kirche unverzichtbar. Beides darf auf seine Weise zum Aufbau des Reiches Gottes beitragen. 

Das habt ihr 60 Jahre lang in der christlichen Ehe getan. Eine Ehe, die fruchtbar war, nicht nur in biologischer Hinsicht. Auch unser Ort und unsere Pfarre können euch sicher einiges verdanken, sei es, lieber Opa, dein musikalisches Engagement in verschiedenen Chören, der Blasmusik oder auf der Orgel, sei es deine Arbeit auf der Post oder sonstiges Einbringen, etwa im Sportverein - die verschiedenen Ehrenurkunden, die bei euch im Wohnzimmer hängen, sind ja sicher nicht nur leere Worte. Auch ganz persönlich habe ich euch viel zu verdanken. Liebe Oma, du bist meine Tauf- und Firmpatin und hast dein Patenamt sehr ernst genommen. Ich kann mich noch erinnern, wie du mich - übertrieben gesagt - "gezwungen" hast, mit dir in die Kirche zu gehen; und ich weiß nicht, ob ich heute als Priester hier stehen würde, wenn es anders gewesen wäre. - Man könnte noch vieles sagen, wie euer gemeinsames Leben, das sicher auf dem Fundament des Glaubens und der Gnade des Ehesakraments steht, in unsere Gesellschaft hineingewirkt hat und auch am Aufbau des Reiches Gottes seinen Anteil hatte.

Hermann Katzenschlager hat das gelebt, an dessen Anfang wir beide, Simon und ich, gerade stehen. "Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe", so sendet Jesus seine Apostel aus - und diese Verkündigung war ihm ein Herzensanliegen und darf und muss es auch für uns sein. So dürfen wir eben auch auf unsere Weise beitragen, dass das Himmelreich, das Reich Gottes unter uns erfahrbar wird - sei es durch die Verkündigung des Glaubens in der Predigt, in der Katechese, im Religionsunterricht oder in einfachen Gesprächen; sei es vor allem auch bei der Feier der Sakramente und Sakramentalien; sei es einfach durch unser Dasein als Zeichen dafür, dass die Kirche in Christus ein Gegenüber hat und nicht um sich selbst kreist.

Liebe Brüder und Schwestern!

Gott gründet das Volk Israel auf unterschiedlichen Figuren; Jesus beruft unterschiedliche Menschen in seinen Jüngerkreis. Im Priesteramt und im Ehestand können wir auch heute zwei wichtige, unverzichtbare, unterschiedliche, ja sich ergänzende Weisen sehen, wie Gott Menschen beruft und in Dienst nimmt für den Aufbau seines Reiches.

So dürfen wir heute beten

  • für Simon und mich und alle Priester, dass wir unserer Berufung treu bleiben;
  • für Hermann Katzenschlager, dass er von Christus, dem ewigen Hohenpriester den Lohn für sein Wirken bekommen möge;
  • für euch, Oma und Opa, dass ihr in Treue und Liebe zueinander, sowie zu eurer Familie und auch zur Kirche euren Weg weitergehen könnt;
  • und um neue Berufungen, auch aus unseren Gemeinden - sei es zum Ehestand, sei es zum Priestertum, sei es zu einem anderen Dienst, in den der Herr sie rufen möchte.

Mögen sich alle Unterschiedlichkeiten ergänzen und nicht gegeneinander, sondern miteinander stehen! Das hätten wir in der Kirche gerade in unseren Tagen wirklich bitter nötig.

Zu den liturgischen Texten 
(Schriftlesungen vom Mi. d. 14. Wo. i. Jkr. - Lj. I)

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