5. Fastensonntag - Lj. C

Liebe Brüder und Schwestern!

Mit dem heutigen fünften Fastensonntag beginnt traditionell die sogenannte "Passionszeit", jener Teil der Fastenzeit, in dem wir im Zugehen auf Ostern ganz bewusst das Leiden des Herrn betrachten. Die Kreuze, oder genauer gesagt: der Schmuck der Kreuze in den Kirchen ist verhüllt worden; nicht vergoldete und verzierte Darstellungen sollen unserer Betrachtung dienen, sondern die ganze Brutalität und das unsagbare Leiden der Kreuzigung.


Wir sind also eingeladen, in dieser Zeit bis Ostern ganz besonders an das Leiden Jesu zu denken. Und dann hören wir in der ersten Lesung der heutigen Messfeier die Aufforderung Gottes: 
"Denkt nicht mehr an das, was früher war; auf das, was vergangen ist, achtet nicht mehr! Siehe, nun mache ich etwas Neues."
Wie passt das zusammen?

Liebe Brüder und Schwestern!
Wenn wir diesen Satz betrachten, ist er auch in der Lesung zunächst verbunden mit einer Erinnerung an all das, was Gott für sein Volk getan hat:
"So spricht der HERR, der einen Weg durchs Meer bahnt, ... der Wagen und Rosse ausziehen lässt, zusammen mit einem mächtigen Heer; doch sie liegen am Boden und stehen nicht mehr auf"
Es gehört zum Wesen und Selbstverständnis Israels dazu, sich immer neu der Geschichte Gottes mit dem Volk zu erinnern; daran zu denken, was Gott alles für das Volk getan hat. Und auch als Christen dürfen und sollen wir diese Erinnerungskultur hochhalten. Die verschiedenen Feste und Festzeiten im Laufe eines Jahres haben genau den Sinn, diese Erinnerung nicht untergehen zu lassen.

Und doch heißt es in unserem Text: "Denkt nicht mehr an das, was früher war." - Und ab jetzt richtet sich der Blick in die Zukunft.
Die Situation, in die hinein dieser Text gesprochen wird, ist die des Exils. Das Volk ist in der Verbannung. In dieser Situation ist es gewiss wichtig gewesen, die überlieferten Erzählungen von den Machttaten Gottes nicht zu vergessen, sondern sich immer neu daran zu erinnern, sie zu feiern und sie im Feiern als gegenwärtiges Geschehen zu begreifen und zu erfahren.
Aber der Prophet Jesaja ruft das Volk auf, nicht bei der Erinnerung stehen zu bleiben, sondern auch in die Zukunft zu blicken: "Siehe, nun mache ich etwas Neues."
Die Aussage ließe sich also in etwa so zusammenfassen: Gott, der in der Vergangenheit Großes gewirkt hat; diesem Gott dürfen wir auch zutrauen, dass er in Gegenwart und Zukunft wirkt.

Liebe Brüder und Schwestern!
Was kann das nun für uns heißen, wenn wir uns an das Leiden und Sterben Jesu erinnern?
Zunächst dürfen und sollen wir über das nachdenken, was Jesus für uns getan und gelitten hat. Aber - gerade in der Feier der hl. Messe - ist das nicht reine Vergangenheit, sondern es geschieht JETZT. Denkt nicht nur an das, was früher war, sondern JETZT mache ich etwas Neues. JETZT gebe ich mich für euch hin; JETZT schenke ich euch alles, was ich geben kann; JETZT gebe ich mich selbst in Brot und Wein.

Liebe Brüder und Schwestern!
Diese große Hingabe Jesu - gestern, heute und in Zukunft, aber immer als aktuelles Geschehen - ist es auch, die für Paulus so überwältigend ist, dass er alles andere für Unrat, für wertlos hält.

Und noch etwas anderes sehen wir an Paulus. Er richtet seinen Blick nicht nur in die Zukunft in Bezug auf das Handeln Gottes, wie dies bei Jesaja geschieht, sondern er wird selbst aktiv, baut selbst an seiner eigenen Zukunft mit:
"Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist."
Damit komme ich schließlich noch zum Evangelium des heutigen Sonntags: Vergessen, was hinter mir liegt und nach dem ausschauen, was mich erwartet - das ist auch genau das, was Jesus der Ehebrecherin zusagt:
Ich verurteile dich nicht - an das Vergangene denke ich nicht mehr.
Geh und sündige von jetzt an nicht mehr - lerne aus der Vergangenheit für die Zukunft.

Liebe Brüder und Schwestern!
Aus dem heraus, was Gott für uns getan hat und tut, Kraft schöpfen für die Zukunft und aktiv daran mitarbeiten, das wäre die logische Konsequenz aus einer wirklich fruchtbaren Betrachtung des Leidens und Sterbens Jesu. Dass uns das gelingt, auch wenn wir immer wieder neu damit anfangen müssen, das wünsche ich uns im Zugehen auf dieses Osterfest und für unser ganzes Leben.

(Firmpaten-Tag in Eichgraben:
Und, liebe Firmlinge! Wenn ihr heute mit euren Paten hier seid und diese Worte hört, dann denkt daran, dass ihr auf eurem Weg nicht alleine seid. Gott selbst steht euch bei, das wird euch besonders bei der Firmung neu zugesagt werden; und es gibt auch Menschen, die euch dabei begleiten.)

Zu den liturgischen Texten

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