Weißer Sonntag - mit Einführung des Liedes GL 336

Liebe Brüder und Schwestern!

Die ganze vergangene Woche wurde in der Liturgie als die Osteroktav, als ein einziger großer Osterfeitertag begangen. Der heutige Sonntag ist der Abschluss dieser Festwoche und trägt traditionell den Beinamen "Weißer Sonntag".
Dieser Name kommt wahrscheinlich vom weißen Taufkleid, das die in der Osternacht neu Getauften während der Osterwoche trugen, wenn sie am Gottesdienst teilnahmen.
So denke ich, ist es angemessen, am heutigen Sonntag über unser Getauftsein nachzudenken, auch wenn wir das weiße Kleid nicht sichtbar tragen. Wir tun dies anhand eines Liedes, das wir hier in Maria Anzbach neu lernen wollen: Gotteslob, Nr. 336: "Jesus lebt, mit ihm auch ich."

1. Strophe
Die ersten Worte jeder Strophe des Liedes rufen uns jeweils in Kurzform die Osterbotschaft zu: Jesus lebt! Er ist auferstanden von den Toten. Er hat den Tod überwunden und lebt das neue, österliche, ewige Leben beim Vater. Darauf folgen in jeder Strophe tröstliche Worte, die uns sagen wollen, dass das auch Auswirkungen für uns hat: "Jesus lebt, mit ihm auch ich!"
Ostern ist nicht nur ein Erinnern an die Auferstehung Jesu, sondern will von mir persönlich erfahren werden. Er "wird auch mich von den Toten auferwecken".
Die Taufe ist seine Zusage an mich: Du gehörst zu mir. Bei der Taufe wurde mir deshalb auch das Licht Christi übergeben: Die Taufkerze wurde am Licht der Osterkerze entzündet. "Er verklärt mich in sein Licht", heißt es im Lied. Das Licht ist ein Zeichen für das neue Leben, das er mir schenken will. Dieses Osterlicht, das bei meiner Taufe geleuchtet hat, das die Gottesdienste dieser Osterzeit begleitet, wird einmal auch an meinem Sarg brennen. Durch das ganze Leben und darüber hinaus will er mich begleiten - "dies ist meine Zuversicht."

2. Strophe
Mit dem neuen Leben des Getauften ist auch eine Verantwortung verbunden.
Jesus lebt und herrscht beim Vater: "Ihm ist das Reich über alle Welt gegeben" - und wie er seine Herrschaft ausübt, das hat uns sein Leben hier auf Erden gezeigt. Herrschen heißt dienen, für andere Verantwortung tragen, für andere sorgen.
"mit ihm werd auch ich zugleich ewig herrschen" - Ja, wer getauft ist, tritt ein in die große Gemeinschaft der Kirche, steht nicht mehr nur für sich selbst da. Wir tragen füreinander Verantwortung. Wir haben teil an der Königswürde Christi, dessen Herrschaft Dienst bedeutet. Wir sind gerufen, füreinander da zu sein.

3. Strophe
Jesus hat uns in seiner Auferstehung gezeigt, dass er Macht über den Tod hat. Der Tod, die größte Not und existentielle Angst des Menschen, stellt für ihn keine Grenze dar. Wenn wir uns an ihn halten, wenn wir aus unserer Taufe heraus leben, dürfen wir zuversichtlich sein, auch wenn manches Leid für uns bereitsteht. Mit ihm können wir alles überwinden.
Der Auferstandene trägt noch die Wundmale der Kreuzigung - daran werden wir im Evangelium erinnert. Das Kreuz, das Leid, der Tod wird nicht durch die Auferstehung ausradiert. Aber es sind die verklärten Wundmale. Gerade, dass nichts, was das Leben auf dieser Erde geprägt hat, im zukünftigen verloren sein wird, wird für Thomas zum Beweis der Wahrheit der Auferstehung. Das neue Leben ist nicht schlechthin ein neues, sondern die Veredelung des irdischen. Nichts von meiner Identität geht verloren.
Für mich als Getauften heißt das: Ich habe zwar teil am neuen Leben der Auferstehung, aber ich stehe trotzdem mit beiden Füßen auf dieser Welt. Mein Leben hier und heute ist es, das ich als Christ gestalten und leben soll - verbunden mit Christus in einfachen und in schweren Stunden: "keine Herrlichkeit, kein Leiden" soll mich von ihm scheiden.

4. Strophe
"Selig sind, die nicht sehen und doch glauben", sagt Jesus zu Thomas.
Oft sehen wir von der neuen Wirklichkeit, die uns in der Taufe geschenkt ist, sehr wenig. Wir tragen wohl auch selber dazu bei, wenn wir uns nicht entsprechend verhalten. Aber auch manche unverschuldete Schicksalsschläge können uns daran zweifeln lassen, dass Jesus in seiner Auferstehung wirklich alles überwunden hat und uns an seinem Ostersieg Anteil gibt.
"Selig sind, die nicht sehen und doch glauben" - Gerade dort, wo alles aus scheint, dürfen wir im Glauben aber wissen, was wir am Beginn des Liedes gesungen haben: "Jesus lebt, mit ihm auch ich!" "Nun ist der Tod mir der Eingang in das Leben."
"Selig sind, die nicht sehen und doch glauben" - Wollen wir als Getaufte zu unserem Glauben stehen und ein Leben führen, das unserer Taufe entspricht. Wollen wir zu Jesus sagen: "Mein Herr und mein Gott", auch wenn wir ihn nicht wie Thomas hier auf Erden von Angesicht zu Angesicht sehen werden. Wollen wir ihm gläubig zurufen, wie es im Lied heißt: "Herr, Herr, meine Zuversicht!"

Zu den liturgischen Texten
Zum Lied "Jesus lebt, mit ihm auch ich"

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