Christi Himmelfahrt - Lj. C

"Stellst du in dieser Zeit das Reich für Israel wieder her?"
40 Tage sind seit der Auferstehung vergangen. 40 Tage haben die Jünger ihre Erlebnisse mit dem auferstandenen Herrn gemacht.
40 Tage konnten sie sich von der Wirklichkeit des neuen Lebens überzeugen, in das er durch Leid und Tod hindurch eingetreten ist.
40 Tage Ostererfahrung. - Und dann diese Frage: "Stellst du in dieser Zeit das Reich für Israel wieder her?"

Liebe Brüder und Schwestern!
Was meinen die Apostel mit dieser Frage? Ich denke, es klingt da eine alte Hoffnung durch: die Vorstellung, dass der verheißene Messias das alte Königreich Israel wiederbegründen würde.
"Stellst du in dieser Zeit das Reich für Israel wieder her?" - Vertreibst du jetzt die römische Besatzungsmacht aus dem Land und besteigst den Thron Davids, um dein Volk in Sicherheit und Freiheit zu regieren?
40 Tage Ostererfahrung, 40 Tage Überzeugtsein von der Wirkmacht Jesu, der selbst den Tod bezwingt. - Da muss es doch ein Leichtes sein, nun auch die messianische Hoffnung zu erfüllen und die Römer aus dem Land zu vertreiben! Also: Stellst du in dieser Zeit das Reich für Israel wieder her?

Liebe Brüder und Schwestern!
Einerseits ist diese Frage durchaus berechtigt. Die Auferstehung Jesu ist keine Sache, die ohne Wirkung bleiben möchte. Sie will auch nicht bloß auf ein ewiges Leben nach dem Tod vertrösten. Nein, hier und heute, mitten im Leben soll das österliche Leben durchbrechen.
Das haben die Apostel richtig erkannt: Die Osterbotschaft ist keine rein geistige Angelegenheit, sondern hat buchstäblich Hand und Fuß. Jesus lebt das neue, ewige Leben, aber ist mitten in der Welt anwesend. Was läge also näher als diese Frage: Stellst du nun das Reich für Israel wieder her?
Einerseits also verweist die Frage der Jünger richtigerweise auf die Konkretheit der Ostergeschehnisse, die Auswirkungen auch auf unser irdisches Leben haben sollen.

Andererseits ist die Frage eine alte Frage, die Jesus bereits in seinem Tun und Wirken vor Ostern deutlich verneint hat. Und so beantwortet auch der Auferstandene sie nicht einfach mit einem Ja.
Seine Auferstehung wird Auswirkungen haben, ja sie stellt Forderungen an die Jünger, aber Jesus stellt klar, wie das aussehen wird: Ihr werdet meine Zeugen sein - im Reich Israel und bis an die Grenzen der Erde.
Stellst du in dieser Zeit das Reich für Israel wieder her? - Ja und nein. Denn es geht nicht um das Reich Israel als solches, über das Jesus herrschen würde, sondern um die ganze Welt!
Nicht Israel soll von der römischen Weltmacht befreit werden, sondern die ganze Welt, dargestellt im römischen Reich, soll umgekehrt von der befreienden Botschaft der Auferstehung erfahren.

Liebe Brüder und Schwestern!
Stellst du in dieser Zeit das Reich für Israel wieder her? - Was wäre das schon, wenn Jesu Sendung einzig darin bestanden hätte, ein einzelnes Reich, einen Gottesstaat zu gründen und die Apostel gleichsam auf Ministerposten zu setzen!
Wir erfahren gerade in den gegenwärtigen Tagen in unserer Heimat Österreich, wie kurzlebig irdische Macht sein kann, wie schnell Regierungen wechseln können.
Das Ostergeschehen will Auswirkungen haben, aber solche, die nachhaltiger sind als einige Legislaturperioden oder gar noch kürzer.
Die Apostel sind nicht Minister in einem Regierungskabinett eines wiederbegründeten Reiches, sondern sie sind in die Welt gesandt, um Zeugen zu sein, um die Osterbotschaft zu bezeugen. Es ist ihre Aufgabe mitzuwirken, dass Jesus in dieser Zeit das Reich wiederherstellen kann - und zwar nicht nur für Israel, sondern für die ganze Welt.

Liebe Brüder und Schwestern!
Die Liturgie des heutigen Festtages nimmt uns mit auf den Berg der Himmelfahrt und nimmt auch uns in die Pflicht.
Vielleicht sind auch wir - gerade angesichts der politischen Lage - geneigt zu fragen: Stellst du in dieser Zeit das Reich, stellst du unser Österreich wieder her? Die Antwort Jesu wird auch an uns lauten: Ihr sollt meine Zeugen sein - in Österreich, in Europa, auf der ganzen Welt. Ihr sollt die Osterbotschaft leben und so das Reich Gottes, das ewige Leben auf Erden erfahrbar machen.
Und wenn wir ehrlich versuchen, diese Aufgabe zu erfüllen, dann gilt uns auch die Verheißung, die wir im Hallelujavers gehört haben: "Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt."

Zu den liturgischen Texten

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