4. Ostersonntag - Lj. B

Liebe Brüder und Schwestern!

Der vierte Sonntag der Osterzeit ist der Sonntag vom Guten Hirten - ein Bild, das vielen von uns wahrscheinlich geläufig ist und über das wir sicher schon öfter nachgedacht haben.

Ich möchte heute aber einmal über einen anderen Text der hl. Schrift sprechen, der auch vorgetragen wurde und der besonders in der Liturgie der Osterzeit immer wiederkehrt. Die Rede ist von Psalm 118, aus dem auch heute einige Verse als Antwort auf die erste Lesung vorgesehen sind: "Danket dem Herrn, denn er ist gut; denn seine Huld währt ewig" - mit diesen Worten beginnt unser Antwortpsalm. Manche werden auch die lateinische Version dieses Verses in der bekannten Taize-Version kennen: "Confitemini Domino quoniam bonus".

In der Einheitsübersetzung der hl. Schrift ist Ps 118, den wir als den Osterpsalm der Liturgie schlechthin betrachten dürfen, übertitelt mit "Danklied auf den Herrn und Dankfest im Tempel". Der Psalm liest sich eben wie ein Dankgebet eines einzelnen Pilgers, der in großer Not Rettung und Hilfe von Gott erfahren hat, nun in den Tempel einzieht und dort sein Dankopfer darbringt. "Dankt dem Herrn, denn er ist gut", das ist der Grundduktus des Gebets. Ja, die einzelne Machttat Gottes, die der Beter erfahren hat, die mag der Anlass für die Dankwallfahrt, das Dankgebet und das Dankopfer sein, doch Gottes Güte ist weit größer als das, was der einzelne erfahren kann. Der Dank des einzelnen weitet sich daher sogleich in das Universale, ja bis in die Ewigkeit: "denn seine Huld währt ewig."

In dieser Grundstimmung erinnert sich der Beter des Psalms in den Versen, die heute im Antwortpsalm ausgelassen wurden, an die große Not, in der er sich befunden hat: "Alle Völker umringen mich ... sie umringten mich wie Bienen ... du stießest mich, dass ich stürzte ... der Herr hat mich gezüchtigt" - wahrscheinlich fällt es uns leicht, in diese Verse miteinzustimmen; es gibt bestimmt für jeden einzelnen von uns genug, das uns belastet! Aber der Beter des Psalms erinnert sich nicht nur an das Böse, das ihm widerfahren ist, sondern er bringt es im Gebet vor Gott. So lässt er die Not zur Freude und zum Dank werden, wenn er rekapituliert, wie ihm geholfen wurde: "Der Herr ist für mich, ich fürchte mich nicht ... Besser, sich zu bergen beim Herrn, als zu vertrauen auf Menschen ... Meine Stärke und mein Lied ist der Herr, er ist für mich zum Retter geworden."

So zieht der Beter freudig zum Tempel und wird empfangen von Jubelrufen: "Die Rechte des Herrn, Taten der Macht vollbringt sie, die Rechte des Herrn, sie erhöht." - Das, was der einzelne erlebt hat, wird sozusagen, indem es in den Tempel, vor die Gegenwart Gottes getragen wird, zum Erlebnis des ganzen Volkes. Der einzelne steht nie nur für sich da, sei es in Not und Bedrängnis oder in Glück und Freude. In Gott ist das Volk eine einzige große Schicksalsgemeinschaft. "Geteiltes Leid ist halbes Leid; geteilte Freude ist doppelte Freude", so könnten wir es mit einem beliebten Sprichwort überschreiben.

In dieser großen Gemeinschaft wird der Tag der Errettung des Psalmenbeters jedenfalls zum Festtag für das ganze Volk Gottes: "Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat", den er für uns zum Freudentag, zum Festtag gemacht hat, "wir wollen jubeln und uns über ihn freuen".

Fassen wir zusammen, was der Beter des Psalms erlebt:

  1. Er erfährt in großer Not die Hilfe Gottes. Das wird für ihn zur Erinnerung an das Erbarmen des Herrn, das in Ewigkeit besteht und noch viel größer ist als die Erfahrung, die er selbst gemacht hat.
  2. In dieser Freude entschließt er sich, zum Tempel zu gehen und Gott ein Dankopfer darzubringen.
  3. Dadurch wird der Freudentag des einzelnen zum Freudentag des ganzen Volkes.

Liebe Brüder und Schwestern!

Wenn die Kirche diesen Psalm als ihren Osterpsalm betrachtet, dann müssen wir ihn auch von Christus her verstehen; dann dürfen wir im Psalmenbeter des Alten Testaments ein Vorausbild Jesu sehen, der

  1. als einzelner in Tod und Auferstehung unsägliches Leid und schließlich Gottes Rettung erfahren hat;
  2. der, wie der Hebräerbrief sagt, durch Leid und Tod hindurch in den Tempel des Himmels, in die Gegenwart Gottes gegangen ist und dem Vater ein Dankopfer darbringt, und zwar nicht irgendein Opfertier, sondern indem er seinen eigenen Tod am Kreuz zum Ausdruck seiner Hingabe an ihn macht;
  3. der uns in sein Opfer, seine Hingabe an den Vater hineinnimmt, so wie das Opfer des einzelnen Israeliten einen Freudentag für das ganze Volk bedeutet.

"Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat; wir wollen jubeln und uns an ihm freuen!" - Ja, wir dürfen uns wirklich freuen, wenn wir Ostern feiern. Wir feiern die Hineinnahme unserer zerbrechlichen, sterblichen Natur, die Jesus mit uns geteilt hat, in das Leben Gottes selbst.

  • Wir dürfen teilhaben an der ewigen Liebe des Sohnes an den Vater.
  • Wir dürfen uns umfangen wissen von der Liebe des Vaters an den Sohn.
  • Wir dürfen im Heiligen Geist diese gegenseitige Liebe von Vater und Sohn teilen.
  • Und das im Bewusstsein, dass die Liebe Gottes stärker ist als alle Trauer, alles Leid, alle Not, alle Krankheit, alles Böse hier auf Erden; in dem Bewusstsein, dass nach jedem Karfreitag ein Ostermorgen auf uns wartet, "denn seine Huld währt ewig".

Wollen wir also als österliche Menschen leben! Wollen wir das auch ausstrahlen, was uns Gott in so reichem Maße schenkt, dass man es an unserem Leben ablesen kann: "Wir wollen jubeln und uns an ihm freuen!"

Zu den liturgischen Texten

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Heilige Geistkraft statt Heiligem Geist? - Kritische Anmerkungen

17. Sonntag i. Jkr. - Lj. A