5. Ostersonntag - Lj. B

Liebe Brüder und Schwestern!

Vom Weinstock und den Reben spricht Jesus im heutigen Evangelium in anschaulichen Bildern. Die Rebe kann nur Frucht bringen, wenn sie am Weinstock bleibt, der Jünger nur, wenn er mit Jesus verbunden bleibt. Das ist das Kriterium der Fruchtbarkeit eines Lebens: mit Jesus, mit Gott verbunden bleiben.

Am 1. Mai ist der Gedenktag des hl. Josef, dessen wir an diesem Tag als Vorbild der Arbeiter gedenken. In einem Jahr, das von Papst Franziskus in besonderer Weise zum "Jahr des hl. Josef" erklärt worden ist, möchte ich auch diesen Gedenktag nicht ganz übergehen. Und in der Tat sehen wir ja gerade auch im hl. Josef jemanden, der ganz mit Gott verbunden gewesen ist, so wie die Rebe mit dem Weinstock.

Ich möchte mit Gedanken von Papst Franziskus aus seinem Apostolischen Schreiben zum Josefsjahr "Patris corde" auf drei Aspekte eingehen, wie der hl. Josef und seine Gottverbundenheit auch für uns Vorbild sein können, wie wir als Reben mit dem Weinstock verbunden bleiben können: Josef als Mann der zweiten Reihe (1), Josef als Mann des Gehorsams (2) und Josef als Mann mit kreativem Mut (3).

1. Josef als Mann der zweiten Reihe

Der hl. Josef spielt keine Hauptrolle. Nach den Kindheitsgeschichten hat er in den Evangelien keinen Auftritt mehr. Kein einziges gesprochenes Wort ist von ihm überliefert. Papst Franziskus erinnert aber daran, dass gerade auch die Männer und Frauen der zweiten Reihe oft wichtige Aufgaben erfüllen. Wörtlich schreibt der Papst:

"In dieser Krise (der Corona-Pandemie) konnten wir erleben, dass »unser Leben von gewöhnlichen Menschen – die gewöhnlich vergessen werden – gestaltet und erhalten wird, die weder in den Schlagzeilen der Zeitungen und Zeitschriften noch sonst im Rampenlicht der neuesten Show stehen, die aber heute zweifellos eine bedeutende Seite unserer Geschichte schreiben: Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger, Supermarktangestellte, Reinigungspersonal, Betreuungskräfte, Transporteure, Ordnungskräfte, ehrenamtliche Helfer, Priester, Ordensleute und viele, ja viele andere, die verstanden haben, dass niemand sich allein rettet. […] Wie viele Menschen üben sich jeden Tag in Geduld und flößen Hoffnung ein und sind darauf bedacht, keine Panik zu verbreiten, sondern Mitverantwortung zu fördern. Wie viele Väter, Mütter, Großväter und Großmütter, Lehrerinnen und Lehrer zeigen unseren Kindern mit kleinen und alltäglichen Gesten, wie sie einer Krise begegnen und sie durchstehen können, indem sie ihre Gewohnheiten anpassen, den Blick aufrichten und zum Gebet anregen. Wie viele Menschen beten für das Wohl aller, spenden und setzen sich dafür ein«." (Patris corde)

Ja, der hl. Josef kann uns lehren, uns nicht aufzudrängen. Um im Bild des Evangeliums zu bleiben: wie eine unscheinbare Rebe zu sein, die nicht aus eigener Kraft heraus ihre Frucht bringt, sondern durch ihre Verbindung mit dem Weinstock. Wir dürfen vom hl. Josef lernen, Gott durch uns wirken zu lassen. Das führt mich auch schon zum zweiten Punkt:

2. Josef als Mann des Gehorsams

Viermal berichtet das Matthäusevangelium von Träumen des hl. Josef, in denen er den Willen Gottes erfahren darf.

Da ist zunächst die Episode als er Maria verlassen möchte, weil er meint, sie sei ihm fremdgegangen. Freilich möchte er das "in aller Stille" tun, sie nicht öffentlich bloßstellen, sondern ihr vielmehr die Möglichkeit geben, die Ehe mit dem vermeintlichen Vater einzugehen. Darum nennt ihn das Evangelium ja einen "Gerechten", der auch in dieser Situation für Maria nur das Beste will. Im Traum freilich erfährt er von den wahren Umständen um die Schwangerschaft seiner Verlobten und von den Plänen Gottes mit diesem Kind, dem er den Namen geben und es damit als sein Kind annehmen soll. Josef, der Nachfahre des Königs David, soll Jesus so in die Familie Davids eingliedern, aus der der Verheißung gemäß der Messias kommen soll. - Josef erwacht und auf einmal sind alle Zweifel weggenommen. Er tut, wie ihm gesagt wurde. Er handelt gehorsam.

Ein zweites Mal erfahren wir von einem Traum des Josef nach der Huldigung der Weisen aus dem Morgenland. Er erhält den Auftrag, mit Maria und Jesus vor König Herodes, der dem neugeborenen König der Juden nach dem Leben trachtet, nach Ägypten zu fliehen. Und wieder denkt Josef nicht viel darüber nach, sondern handelt gehorsam.

Der dritte Traum ist der Auftrag, mit Jesus und Maria in die Heimat zurückzukehren, nachdem König Herodes gestorben ist. Und wieder handelt er gehorsam. Im vierten Traum erhält er schließlich den Auftrag, sich mit seiner Familie in Nazareth niederzulassen.

Papst Franziskus schreibt, dass Jesus in seiner Menschheit von Josef diese Tugend des Gehorsams gelernt haben muss:

"Als Familienoberhaupt brachte Josef Jesus bei, seinen Eltern zu gehorchen (vgl. Lk 2,51), wie es dem Gebot Gottes entspricht (vgl. Ex 20,12). In der Verborgenheit von Nazaret, in der Schule Josefs, lernte Jesus, den Willen des Vaters zu tun. Dieser Wille wurde zu seiner täglichen Speise (vgl. Joh 4,34). Auch im schwierigsten Augenblick seines Lebens, in Getsemani, zog er es vor, den Willen des Vaters zu tun und nicht seinen eigenen,[16] und er war »gehorsam bis zum Tod [...] am Kreuz« (Phil 2,8)." (ebd.)

Dem Willen Gottes nachspüren und, wenn man ihn dann erkannt hat, ihm gehorchen; sich eben nicht auf sich selbst zu verlassen; Gott mehr zuzutrauen als sich selbst - das ist die eine Säule der Verbundenheit mit Gott, die der hl. Josef auch uns lehren kann.

Freilich entbindet uns dieser Gehorsam nicht von der Eigeninitiative, ganz im Gegenteil! Und das führt mich nun zu meinem dritten Punkt:

3. Josef als Mann mit kreativem Mut

Der hl. Josef handelt wie gesagt ganz gehorsam Gott gegenüber. Doch den Willen Gottes konkret anwenden, in der jeweiligen Situation sich richtig verhalten - das erfordert auch "kreativen Mut", wie Papst Franziskus sich ausdrückt. Genauer sagt er dazu folgendes:

Der kreative Mut "entsteht vor allem dort, wo man auf Schwierigkeiten trifft. Wenn man vor einem Problem steht, kann man entweder aufhören und das Feld räumen, oder man kann es auf irgendeine Weise angehen. Manchmal sind es gerade die Schwierigkeiten, die bei jedem von uns Ressourcen zum Vorschein bringen, von denen wir nicht einmal dachten, dass wir sie besäßen.

Beim Lesen der „Kindheitsevangelien“ stellt sich des Öfteren die Frage, warum Gott nicht direkt und klar eingeschritten ist. Aber Gott wirkt durch Ereignisse und Menschen. Josef ist der Mann, durch den Gott für die Anfänge der Erlösungsgeschichte Sorge trägt. Er ist das wahre „Wunder“, durch das Gott das Kind und seine Mutter rettet. Der Himmel greift ein, indem er auf den kreativen Mut dieses Mannes vertraut, der, als er bei der Ankunft in Betlehem keinen Ort findet, wo Maria gebären kann, einen Stall herrichtet und so bereitet, dass er für den in die Welt kommenden Sohn Gottes ein möglichst behaglicher Ort wird (vgl. Lk 2,6-7). Angesichts der drohenden Gefahr des Herodes, der das Kind töten will, wird Josef im Traum erneut gewarnt, das Kind zu beschützen, und so organisiert er mitten in der Nacht die Flucht nach Ägypten (vgl. Mt 2,13-14)." (ebd.)

Liebe Brüder und Schwestern!

"Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht" - das wird uns heute im Evangelium als Programm für unser christliches Leben mitgegeben. Und der hl. Josef ist sicher jemand, der aus diesem Programm heraus gelebt hat. Möge er uns Vorbild und Fürsprecher sein in diesem besonderen "Josefsjahr", das noch bis 8. Dezember geht, und darüber hinaus! Wir wollen von ihm lernen, auch in der zweiten Reihe mit Jesus verbunden zu sein! Wir wollen, wie er, nach dem Willen Gottes fragen und bereit zum Gehorsam gegenüber Gottes Willen sein! Und wir wollen mit kreativem Mut an die Umsetzung dieses Willens Gottes in unserer konkreten Situation gehen!

So bitten wir den hl. Josef um seine Fürsprache mit dem Gebet, das Papst Franziskus an das Ende seines Apostolischen Schreibens gestellt hat:

"Sei gegrüßt, du Beschützer des Erlösers
und Bräutigam der Jungfrau Maria.
Dir hat Gott seinen Sohn anvertraut,
auf dich setzte Maria ihr Vertrauen,
bei dir ist Christus zum Mann herangewachsen.

O heiliger Josef, erweise dich auch uns als Vater,
und führe uns auf unserem Lebensweg.
Erwirke uns Gnade, Barmherzigkeit und Mut,
und beschütze uns vor allem Bösen. Amen."

Zu den liturgischen Texten

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Heilige Geistkraft statt Heiligem Geist? - Kritische Anmerkungen

17. Sonntag i. Jkr. - Lj. A