Hl. Stephanus

Liebe Brüder und Schwestern!

Gestern noch waren wir in fröhlicher Weihnachtsstimmung, haben die Geburt Jesu gefeiert.
Und heute ist das festliche Weiß der liturgischen Gewänder dem Rot der Märtyrer, des Blutvergießens gewichen. Für viele ist Weihnachten ein Fest der Familie und heute sagt Jesus im Evangelium, dass es gerade auch in der Familie zu teilweise sogar tödlichen Konflikten kommen wird. In der Weihnachtsnacht durften wir dem Gesang der Engel lauschen, die den Frieden auf Erden verkünden und heute hören wir von der grausamen Hinrichtung des hl. Stephanus? - Wie passt das zusammen? Ist Weihnachten sinnlos gewesen? Hält die Weihnachtsfreude wirklich nur so kurz?

Ich werde darauf noch zurückkommen. Aber wenn ich als Diakon am Festtag des hl. Stephanus predigen soll, dann muss ich zuerst vor allem auf sein Leben und sein Beispiel für den diakonalen Dienst eingehen. Immerhin wird er ja zu den sieben ersten Diakonen der Kirche gezählt.

Beginnen wir zunächst mit dem, was uns die Apostelgeschichte über die Einsetzung der Diakone berichtet: Nach dem Pfingstfest nahm die Zahl der Jünger immer mehr zu. Und wie es in größeren Gemeinschaften ist, kam es zu kleineren und größeren Unstimmigkeiten. Anscheinend, so können wir dem biblischen Bericht entnehmen, kam es zum Streit zwischen den jüdischen Anhängern der neuen Lehre und den griechischen, hellenistischen Jüngern. Konkreter Anlass für diesen Streit, der wahrscheinlich noch tiefere Wurzeln gehabt hat, war, dass bei der Aufteilung der Güter einige von den hellenistischen Witwen übersehen wurden.
Und in dieser Situation fassten die Apostel einen wichtigen Entschluss: Sie konnten nicht mehr alles allein bewältigen und wollten sich auf das Gebet und das Studium der heiligen Schrift konzentrieren. So wählten sie sieben Männer aus, denen sie durch Handauflegung den "Dienst an den Tischen" übertrugen, wie es in der Apostelgeschichte heißt. Und einer von diesen sieben Männern war eben der hl. Stephanus.

Liebe Brüder und Schwestern!
Die spätere Geschichte hat diese Übertragung des Tischdienstes an Stephanus und die sechs anderen als die erste "Diakonenweihe" der Geschichte angesehen. Es ist eben eine gewisse Übertragung der eigenen Vollmachten gewesen, die die Apostel von Christus erhalten hatten.
Später werden sie dann auch Nachfolger einsetzen, denen sie ihre ganze Weihevollmacht übertragen, die Bischöfe. Und, wahrscheinlich etwas parallel zu dieser Entwicklung des Bischofs- und Diakonenamtes, folgte dann auch die Übertragung von Vollmachten an sogenannte Älteste, Presbyter, Priester, wo die Bischöfe sich eben nicht mehr persönlich um ihre ganze Gemeinde kümmern konnten.
Einen ersten wichtigen Punkt können wir dieser Entwicklung entnehmen: Das Amt in der Kirche kommt von den Aposteln und über die Apostel von Christus selbst und wird durch Handauflegung an geeignete Männer übertragen. Das ist bis heute so geblieben; und jeder, der ein Amt in der Kirche ausübt, sei er nun Diakon, Priester oder Bischof, muss sich bewusst halten, dass er seine Vollmachten nicht aus sich selbst hat, sondern nur aus Jesus Christus heraus.

Schauen wir einen Schritt weiter, was uns die Apostelgeschichte über das Wirken des hl. Stephanus, des ersten Diakons, berichtet. Da heißt es gleich nach der Einsetzung durch die Apostel: "Stepahnus aber, voll Gnade und Kraft, tat Wunder und große Zeichen unter dem Volk", so haben wir es auch am Beginn der Lesung gehört. - Es ist eben wie gesagt die Kraft Christi, die in ihm wirksam wird.
Danach berichtet uns die Apostelgeschichte von der Gefangennahme und dem Verhör des Stephanus vor dem Hohen Rat, vor dem gleichen Gremium also, das einige Zeit vorher auch Jesus an Pontius Pilatus ausgeliefert hatte.
Im Laufe dieses Verhörs hält Stephanus eine lange Rede, die in der Lesung aufgrund der Länge ausgelassen wurde. Er gibt darin einen Überblick über all das, was Gott für die Welt und sein Volk getan hat; und er reiht die Geschehnisse um Jesus ein in diese Geschichte Gottes mit der Welt.
Wenn wir also nach den Aufgaben des Stephanus fragen, dann müssen wir sagen, dass zum Dienst an den Tischen auch die Verkündigung Jesu Christi, der Predigtdienst dazugekommen ist.
Und schließlich wird Stephanus, wie zu erwarten war, zum Tode verurteilt und gesteinigt.

Fassen wir also zusammen, was wir vom Wirken des hl. Stephanus wissen:
Er wird bestellt zur Entlastung der Apostel, zum Dienst an den Tischen, zum caritativen Handeln.
Er wirkt in der Kraft Jesu Christi große Zeichen und Wunder.
Er verkündet die Botschaft von Jesus in unbestechbarer Klarheit.
Und er folgt Jesus nach bis zum gewaltsamen Tod.
Wenn wir daraus nun eine Aufgabenbeschreibung für die Diakone ableiten wollen, heißt das:
Entlastung der Bischöfe, caritatives Handeln, Zeugnis geben für Christus in Wort und Tat und wenn es sein muss auch im geduldigen Ertragen von Unrecht.

Liebe Brüder und Schwestern!
Damit ist aber nicht nur die Aufgabe eines Diakons umrissen, sondern wir alle sind als Getaufte und Gefirmte dazu aufgerufen:
Wir alle sollen mitarbeiten mit der Sendung der Kirche.
Wir sollen den Notleidenden beistehen.
Und wir sollen durch unser Leben Zeugnis geben für Christus.

Damit nun zurück zur eingangs gestellten Frage: Wie passt das mit Weihnachten zusammen?
Nun, das Fest des hl. Stephanus gleich am Beginn der Weihnachtsoktav - die Kirche feiert ja die ganze Woche bis zum 1. Jänner als einen einzigen großen Festtag - zeigt uns, dass Weihnachten Konsequenzen nach sich zieht. "Kreuz und Krippe sind aus dem gleichen Holz geschnitzt", heißt eine alte Weisheit. Jesus bleibt nicht der "holde Knab im lockigen Haar", sondern wird einmal der dornengekrönte Gottesknecht sein, der am Kreuz sein Leben für uns gibt. Und wenn wir wirklich Ernst machen wollen mit dem, was Weihnachten bedeutet, sind auch wir aufgefordert, Jesus nachzufolgen. Gott ist Mensch geworden und hat uns in Jesus gezeigt, was gelungenes Menschsein bedeutet: totale Hingabe an Gott und den Nächsten. 

Das lebt uns auch der hl. Stephanus vor. Und wie der Tod Jesu nicht umsonst gewesen ist, sondern in die Auferstehung hineingemündet hat, so auch das Zeugnis und der Tod des hl. Stephanus. "Die Zeugen legten ihre Kleider zu Füßen eines jungen Mannes nieder, der Saulus hieß. ... Saulus aber war mit dem Mord einverstanden." - Zweimal wird in der Erzählung von der Steinigung des Stephanus dieser Saulus erwähnt, von dem wir wissen, dass er später selbst als Paulus ein begeisterter Verkündiger Christi geworden und als Zeuge für ihn in den Tod gegangen ist.
Ein Leben der Hingabe, wie es Jesus uns vorgelebt hat, wie es Stephanus in der Nachfolge Jesu gelebt hat, bleibt nicht fruchtlos, sondern bewirkt mit der Hilfe Gottes Großes.
Und das gilt, wie gesagt, für uns alle: für Bischöfe, Priester und Diakone und für alle Menschen, die mit der Botschaft von Weihnachten, mit der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus ernst machen und von ihm lernen, was es wirklich heißt, Mensch zu sein.

Zu den liturgischen Texten

Kommentare

  1. Sehr schöne Predigt - wir dürfen uns auch in "abgespeckter" Form wie Stephanus verhalten. Das ist ein Privileg, welches wir hier noch haben in unseren christlich geprägten Ländern - nämlich dass es die Verfolgung hier nur in abgeschwächter Weise gibt. Mancherorts ist leider das Schicksal des Stephanus auch eine Realität für viele Christen. Das ist hier Gott sei Dank anders.

    LG, Andi G.

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