Hochfest der Gottesmutter (Neujahr)

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Der Jahreswechsel ist für viele eine Zeit der guten Vorsätze und mehr noch der Glückwünsche, die oft auch in Form von Glücksbringern ausgedrückt werden.
Solche Glücksbringer können aus christlicher Sicht zwar durchaus kritisch angesehen werden, da mit ihnen auch eine magische Weltanschauung einhergehen kann. Doch meine ich darin auch eine Art menschliches Grundbedürfnis erkennen zu können: Wir sind als Menschen aus Fleisch und Blut darum bemüht, unsere Wünsche auch materiell, sagen wir: angreifbar, auszudrücken.

Was bedeutet es, wenn wir einander Glück wünschen? 
Wenn man die Herkunft des deutschen Wortes "Glück" recherchiert, wird man verwiesen auf das mittelhochdeutsche Wort gelücke. Es wird vermutet, dass dieser Begriff ursprünglich verwendet wurde für die Art und Weise, wie etwas schließt, wie eine Sache, etwa ein Gerichtsprozess, ausgeht, worauf etwas hinausläuft. Später dann wurde der Begriff positiv konnotiert als guter Ausgang, gutes Ende.
Wenn wir einander Glück wünschen, wünschen wir uns also, dass wir unsere Angelehenheiten zu einem guten Ausgang bringen können - ob mit oder ohne unserem Zutun.

Liebe Brüder und Schwestern!
In diesem Sinne wünscht auch Gott unser Glück - das ist die feste Überzeugung unseres Glaubens. In der Lesung aus dem Buch Numeri haben wir den aaronitischen Segen gehört: Das Volk Israel befindet sich auf dem Weg vom Berg Sinai in das verheißene Land; und auf diesem Weg befiehlt Gott dem Mose, das Volk zu segnen, ihm seine Nähe zuzusprechen. Er will den Weg in das Land begleiten, er will den Weg zu einem guten Ziel führen. Er will das Glück seines Volkes. Ja, er selbst will das Glück, der gute Ausgang seines Volkes sein: Die Reise soll bei ihm, in seiner nie endenden und Zufriedenheit schenkenden Nähe enden. So wird Mose, der diesen Segen vermittelt, zum "Glücksbringer" für das Volk.
Wir können die ganze Bibel lesen als die Geschichte Gottes mit der Welt, deren Glück er will. Das Alte Testament ist voll von Geschichten über "Glücksbringer", die Gott schickt, wenn sich die Welt ins Unglück, hin zu einem schlechten Ausgang, von ihm weg wendet.

Die Lesung aus dem Galaterbrief des hl. Paulus berichtet auch von solch einem Glücksbringer, und zwar nicht nur von einem sondern von dem Glücksbringer: "Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn".
Es trifft sich, dass der Jahreswechsel, die Zeit der Glücksbringer, liturgisch betrachtet in die Weihnachtszeit fällt. Der 1. Jänner ist sogar der Oktavtag von Weihnachten. Die Kirche feiert ja ihre großen Feste Weihnachten, Ostern und früher auch Pfingsten nicht nur einen Tag, sondern acht Tage lang, eben eine "Oktav", die als ein einziger großer Feiertag betrachtet wird. So steht am heutigen Tag in der Liturgie nochmals das Weihnachtsgeschehen vor uns, das große Geheimnis der Menschwerdung Gottes.

Ich habe vorhin gesagt, dass es irgendwie ein Grundbedürfnis für uns Menschen ist, unsere Glückwünsche auch materiell zum Ausdruck zu bringen. Genau darauf lässt Gott sich an Weihnachten ein. Aber er überreicht uns nicht nur irgendwelche Glücksbringer wie vierblättrige Kleeblätter oder Marzipanschweine. Nein, er selbst will unser Glück sein. Er selbst wird Mensch, wird zum menschlichen Glücksbringer, der nicht nur Zeichen dieses Glückes der Nähe Gottes ist, sondern der diese Nähe Gottes wirklich, angreifbar, in die Welt bringt.

"Jesus, der Retter, ist da!", haben wir zu Weihnachten gesungen. Es war und ist bei den Juden üblich, dass ein Kind am achten Tag nach seiner Geburt beschnitten wird und den Namen bekommt. "Jesus" bedeutet eben: "Gott ist der Retter".
Ja, Gott ist der Retter, der uns aus dem Unglück hinaus ins Glück führen will. Und er tut dies nicht in einer abstrakten Weise, indem er bildlich gesprochen mit dem Zauberstab wedelt, sondern indem er sich, ganz unseren menschlichen Bedürfnissen entsprechend, "angreifbar" macht - die Benennung des Kindes als "Jesus", als "Retter" ist ja auch verbunden mit der schmerzvollen Zeremonie der Beschneidung.

Liebe Brüder und Schwestern!
Der Oktavtag von Weihnachten am 1. Jänner ist außerdem das Fest der Gottesmutter Maria. Sie hat den Glücksbringer Jesus von Gott empfangen und ihn zur Welt gebracht. Sie ist so selbst zur Glücksbringerin geworden. - Dazu sind auch wir aufgerufen.
Wir dürfen Jesus als unseren Glücksbringer ansehen, der uns begleiten und die Nähe Gottes schenken will; aber wir sollen auch selber dieses Glück der Nähe Gottes an andere weitergeben. Und nicht nur abstrakt mit guten Wünschen und Worten, sondern - wie auch Gott sich "angreifbar" gemacht hat - vor allem durch tatkräftige Unterstützung derer, die unsere Hilfe bedürfen; durch das Mit-Anpacken in Kirche und Gesellschaft.

In diesem Sinn darf ich allen ein "glückliches" neues Jahr wünschen! Gehen wir in das neue Jahr hinein mit der Zusage der Nähe Gottes in Jesus Christus; verschenken wir nicht nur irgendwelche Symbole, sondern werden wir selbst - wie Maria - zu Glücksbringern für unsere Mitmenschen!

Zu den liturgischen Texten

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