19. Sonntag i. Jkr. - Lj. C.

Liebe Brüder und Schwestern!

In den vergangenen Tagen war ich auf einer Urlaubsreise durch Süditalien. Unter anderem habe ich dabei auch den Vesuv, den letzten aktiven Vulkan auf europäischem Festland besucht.
Im Jahr 79 nach Christus wurden die Menschen von einem Ausbruch dieses Vulkans überrascht und viele von ihnen dabei getötet. Die Ausgrabungen in der verschütteten Stadt Pompeji sind das wahrscheinlich bekannteste archäologische Zeugnis dafür.

Auch im heutigen Evangelium ist von unerwarteten Ereignissen die Rede. Der Dieb in der Nacht kommt zu einer Stunde, in der man es nicht erwartet. Oder in einem etwas positiveren Bild: Die Knechte wissen nicht die Stunde, in der ihr Herr zurückkommen wird.

Liebe Brüder und Schwestern!
Es gibt in unserem Leben viele nicht vorhersehbare Dinge und Begebenheiten, nicht nur Vulkanausbrüche und nächtliche Einbrüche. Es gibt auch schöne Dinge wie unerwartete Anrufe von alten Freunden und Bekannten, eine unverhoffte Einladung zum Abendessen, vielleicht hat der eine oder andere von Ihnen auch die große Liebe seines Lebens unverhofft durch einen Zufall gefunden.
Dann gibt es freilich auch die andere Seite, traurige und tragische Ereignisse, die plötzlich daherkommen: der plötzliche Tod eines geliebten Menschen, die Diagnose einer schweren, unheilbaren Krankheit, oder etwas moderner gesprochen: die Hacking-Attacke auf das Smartphone.
All diese unvorhersehbaren Dinge, im Positiven wie im Negativen, gehören zu unserem Leben dazu. Wir können unser Leben nicht wie auf einem Reißbrett entwerfen und einen Punkt nach dem anderen durchgehen. Es gibt eben das Unerwartete, Spontane, das uns aus unserer Routine bringt und vor neue Herausforderungen stellt.

Und genau diese Erfahrung, die wir alle kennen, nimmt Jesus im heutigen Evangelium zum Anlass, um uns zur Wachsamkeit zu mahnen.
Wenn es schon bei den irdischen Dingen wichtig ist, stets mit Überraschungen zu rechnen, sich auf das Unerwartete vorzubereiten, wie viel mehr dann wenn es um Gott, um das letzte Ziel unseres Lebens geht!

Liebe Brüder und Schwestern!
"Haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet."
Jesus spricht hier nicht einfach nur vom Ende der Welt, von seiner Wiederkunft am Jüngsten Tag, auch wenn das zu unserem Glauben dazugehört. Er spricht vielmehr von einer grundsätzlichen Lebensmentalität des Christen: stets bereit zu sein, stets mit seinem Kommen zu rechnen.

Sich für das Kommen Jesu bereit zu halten, kann uns auch ein Ansporn sein. Wie wäre es zum Beispiel, wenn wir uns hin und wieder fragen würden: Was würde ich ihm sagen, wenn er in der nächsten Minute an meine Tür klopfen würde? Wäre ich bereit, ihn einzulassen?
Wenn sich ein hoher Besuch ankündigt, dann putzen wir für gewöhnlich unsere Wohnung, um einen guten Eindruck zu hinterlassen. Wenn ein spontaner Besuch ansteht und die Wohnung unaufgeräumt ist, dann schämen wir uns.
Freilich, Jesus hat kein Interesse daran, wie unsere Wohnung aussieht, aber an unserem Inneren ist er sehr wohl interessiert. Vielleicht kann die Mahnung zur Wachsamkeit auch ein Weckruf sein, unser Inneres in Ordnung zu bringen; unser geistliches Leben neu zu überdenken: Wie sieht es auch mit meinem Gebetsleben, meinem inneren Zwiegespräch mit ihm? Pflege ich den Kontakt zu ihm? Nehme ich mir Zeit für ihn? Nehme ich seine Angebote wahr, ihn zu treffen? In der Feier der hl. Messe? Im Empfang der hl. Kommunion? Nicht zuletzt auch in der regelmäßigen Beichte, wo ich ihm mein Herz ausschütten kann in der Gewissheit, dass er alles in Ordnung bringt? Sehe ich ihn auch in meinen Brüdern und Schwestern, die meine Hilfe brauchen?

Liebe Brüder und Schwestern!
Jeden Augenblick unseres Lebens so zu leben, dass wir für das Kommen Jesu bereit sind, dass die Wohnung unseres Herzens für ihn hergerichtet ist - eine sehr anspruchsvolle Aufgabe! Aber genau das ist es, was Jesus von uns verlangt. 
Und wenn wir uns ehrlich darum bemühen, dann ist er sicher auch nicht kleinlich, wenn es die eine oder andere unaufgeräumte Stelle in unserem Leben gibt.
Seien wir aber wachsam, damit wir nicht unbemerkt an ihm vorübergehen. Er bietet uns ein ganzes Leben lang viele, viele Möglichkeiten der Begegnung mit ihm.
Amen.

Zu den liturgischen Texten

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