11. Sonntag nach Pfingsten (forma extraordinaria)

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Wenn wir das Evangelium hören, das die Liturgie der Kirche für den heutigen 11. Sonntag nach Pfingsten in der außerordentlichen Form des römischen Ritus vorsieht, dann klingt es uns wahrscheinlich sehr vertraut. Jesus heilt einen Taubstummen, indem er Ohren und Mund berührt, verbunden mit dem Befehl "Ephphetha" - "Tu dich auf!"
Wir könnten aber genauso gut fragen: Wozu diese ganze Szenerie? Hätte Jesus ihn nicht auch anders heilen können? Wozu also braucht es das, dass er seine Finger in die Ohren legt und seine Zunge mit Speichel berührt? Auf den Punkt gebracht: Wozu braucht es diese äußeren Zeichen?

Liebe Brüder und Schwestern!
Diese Frage führt uns zu einem Thema, das besonders in der außerordentlichen Form der römischen Liturgie sehr deutlich sichtbar wird: Wozu diese ganzen Äußerlichkeiten in unseren Gottesdiensten? Würde es nicht reichen, sich in einem Kreis auf der Erde zu versammeln und Brot und Wein zu teilen in der Erinnerung an Jesus Christus?
Gewiss, der Gültigkeit der heiligen Messe würde dies keinen Abbruch tun. Es wäre im Letzten dasselbe Geschehen, solange der Priester die Intention dazu hat und Brot aus Weizen und Wein aus Trauben verwendet: die unblutige Gegenwärtigsetzung des Kreuzesopfers und damit verbunden die wahrhaftige Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi.
Von daher scheint die Frage also durchaus berechtigt: Wozu die ganzen Äußerlichkeiten bei der Feier der Liturgie, besonders in der alten, aber auch in der neuen Form und in den anderen Riten der Kirche?

Liebe Brüder und Schwestern!
Mit dem heutigen Evangelium können wir antworten: Weil es dem Tun Jesu Christi selbst entspricht, den inneren, unsichtbaren, gnadenhaften Vorgang durch äußere, sichtbare Zeichen darzustellen und zu begleiten.
Nicht er ist es, der dessen bedarf, sondern für den Geheilten veranstaltet er diese Szenerie. Ihm soll durch das Handeln an ihm gezeigt werden, was nun in ihm geschieht.
Wir Menschen sind Wesen aus Fleisch und Blut, eingebunden in die materielle Schöpfung. So entspricht es zutiefst unserer conditio humana, unserem Sein als Menschen, dass wir uns auch durch materielle Zeichen ausdrücken. So sagt es auch der Katechismus der Katholischen Kirche aus dem Jahr 1997:
"Da der Mensch ein zugleich leibliches und geistiges Wesen ist, äußert und gewahrt er die geistigen Wirklichkeiten durch materielle Zeichen und Symbole. Als gesellschaftliches Wesen benötigt der Mensch Zeichen und Sinnbilder, um durch die Sprache, durch Gesten und Handlungen mit anderen verbunden zu sein. Das gleiche gilt für seine Beziehung zu Gott." (KKK 1146)
Weil wir Menschen in unserer Kommunikation untereinander auf Zeichen und Symbole verwiesen sind - letztlich ist ja auch unsere Sprache ein solches Symbolgebilde - ist es nur natürlich, dass wir uns auch bei unserer Kommunikation mit Gott einer ausgeprägten Symbolsprache bedienen.
Umgekehrt bedient sich auch Gott dieser Zeichen und Symbole, die er ja selbst geschaffen hat, um mit uns zu kommunizieren. Ja, als Christen können wir sagen, er selbst wird Teil dieser Welt, die voll ist von Zeichen und Symbolen, durch die Menschwerdung in Jesus Christus.

Liebe Brüder und Schwestern!
Und eben deshalb, weil die äußeren Zeichen den inneren Vorgang unterstützen, darstellen und - im Fall der sakramentalen Zeichen - sogar maßgeblich bewirken, ist es nicht egal, wie wir sie vollziehen.
  • Ein ehrfürchtig geschlagenes Kreuzzeichen wird uns hineinführen in das Gebet.
  • Gemeinsam eingenommene Körperhaltungen wie Sitzen, Stehen und Knien werden das Gefühl stärken, gemeinsam vor Gott hinzutreten.
  • Ein bewusstes Hinknien wird uns helfen, ehrfürchtig zu werden vor der Größe Gottes.
  • Bewusstes Stehen etwa beim Evangelium wird uns in die Haltung des Soldaten versetzen, der seine Befehle empfängt.
  • Schöne Gewänder des Priesters und der Altardiener und kunstvoll gestaltete Kirchenräume werden uns zum Sinnbild der himmlischen Liturgie werden.
  • Die Musik, die unsere Kirche erfüllt, wird uns unterstützen und uns helfen, uns als ganze Menschen einzulassen auf das heilige Geschehen.
  • Ähnliches gilt in festlichen Gottesdiensten vom Duft des Weihrauchs, der in unsere Nase dringt.
Diese Liste ließe sich noch beliebig lange fortsetzen.

Liebe Brüder und Schwestern!
In diesem Sinn können wir die Liturgie mit ihren Zeichen und Symbolen als ein Angebot ansehen, das auf unsere Bedürfnisse als leibhafte Menschen eingeht.
Und wie der Taubstumme nicht einfach nur die Finger Jesu an seinen Ohren und seiner Zunge spürte, sondern wirklich geheilt wurde, so wollen auch die Zeichen unserer Liturgie keine leeren Zeichen sein. Das gilt in einer doppelten Richtung:
  • Von Gott her haben wir die Zusage, dass die sakramentalen Zeichen von Brot und Wein wahrhaft gewandelt werden in Leib und Blut Christi.
  • Dass die Zeichen, die wir in die Liturgie einbringen, unsere Körper- und Handhaltungen, unser Gesang, unsere festlichen Gewänder, usw. ebenfalls mit Sinn gefüllt sind, Ausdruck unserer inneren Haltung sind, dafür sind wir selbst verantwortlich!
Liebe Brüder und Schwestern!
Ein letzter Punkt. Durch die regelmäßige Mitfeier der Liturgie, besonders der hl. Messe, sollen wir schließlich selber zu Symbolen und Zeichen der Gnade Gottes werden, sollen wir in unser alltägliches Leben hinein die Gnade Gottes vermitteln, sodass wir mit dem hl. Paulus in der heutigen Epistel sprechen können:
"Durch die Gnade Gottes bin ich, was ich bin, und Seine Gnade ist in mir nicht wirkungslos geblieben."
Amen.




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