21. Sonntag i. Jkr. - Lj. C

Liebe Brüder und Schwestern!

Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen Erste-Klasse-Flug gebucht, eine VIP-Kabine im Fußballstadion reserviert oder für einen Logenplatz in der Staatsoper bezahlt. - Sie gehören also zu denen, die sich diesen Luxus leisten.
Und als Sie nun auf den Flughafen oder ins Stadion oder in die Oper kommen, da erfahren Sie, dass aufgrund einer besonderen Aktion der Zugang zu diesen Exklusivbereichen heute allen offen steht.
Wie fühlen Sie sich dabei? Ist das nicht ungerecht? Sie haben dafür bezahlt und jetzt soll das unnötig gewesen sein? Sie sind doch etwas Besonderes, warum werden Sie dann nicht besonders behandelt, sondern eigentlich gleich wie alle anderen?

Liebe Brüder und Schwestern!
Unabhängig davon, ob Sie es schaffen, sich mit den anderen zu freuen oder nicht: So ungefähr muss es damals für jüdische Ohren geklungen haben und so ungefähr müssen sich die Zeitgenossen des Propheten Jesaja gefühlt haben, als er ihnen im Namen Gottes gesagt hat: "Sie werden ALLE eure Brüder aus ALLEN Nationen ... zu meinem heiligen Berg nach Jerusalem (bringen)".

Ist Israel nicht das eine auserwählte Volk? Unter allen Völkern das besondere Eigentum Gottes? Sind die anderen Völker nicht primär Israels Feinde? Wieso werden sie jetzt eingeladen, nach Jerusalem zu kommen? Ist Israel nichts Besonderes mehr? Wo bleibt der Unterschied?
Damit noch nicht genug. Um noch eins drauf zu setzen, weissagt Jesaja am Ende der heutigen Lesung: "Und auch aus ihnen nehme ich einige zu levitischen Priestern".
Das Priestertum war im Alten Testament ja ein Privileg eines einzelnen Stammes, nämlich des Stammes Levi. Nicht einmal andere Israeliten konnten Priester werden - und in der Vision des Jesaja, zu einer Zeit, die Gott allein kennt, sollen Menschen aus allen Völkern diesen Dienst versehen.

Es ist für Israel sicher nicht leicht gewesen, sich einerseits tatsächlich als das auserwählte Volk zu wissen; andererseits sich aber selbst zu relativieren in dem Wissen, dass zu einer Gott bekannten Zeit diese Exklusivität aufgebrochen werden wird, dass die gleiche Erwählung auch anderen zukommen wird.

Wie würden Sie damit umgehen, wenn Ihre Erste-Klasse-, VIP- oder Logen-Privilegien plötzlich auch anderen gewährt werden? Wie wird das Volk Israel damit umgehen, dass die Völker, die es primär als Feinde betrachtet, von Gott nun als "Brüder" angesprochen werden?
Im heutigen Evangelium gibt Jesus darauf eine Antwort. "Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein", sagt er von denen, die der Hausherr nicht durch die verschlossene Tür einlässt, während andere "von Osten und Westen und von Norden und Süden kommen und im Reich Gottes zu Tisch sitzen". Für einen Teil des Volkes ist es einfach unerträglich, dass andere eingelassen werden - so sehr, dass sie selbst keinen Platz mehr bekommen.

Liebe Brüder und Schwestern!
Im ersten Bild des heutigen Evangeliums spricht Jesus von der engen Tür, durch die wir zu gehen haben. Was ist es, das viele Menschen davon abhält, durch diese Tür zu gehen? Natürlich ist damit nicht die Körperfülle gemeint, sondern das, was einen innerlich "aufbläht", ein zu großes Ego, ein Hochmut im Sinne von "Ich bin so toll, ich bin der beste von allen!"
Von hier aus wird der Wechsel zum zweiten Bild von der verschlossenen Tür, durch die der Hausherr einlässt, verständlich.
Es ist eben nicht so, dass es auf der einen Seite die Auserwählten gibt, die automatisch hineinkommen, und auf der anderen Seite die, die von vornherein ausgeschlossen sind.
Mit dem Kommen Jesu wird die Vision des Jesaja wahr: Es ist nicht mehr die Volkszugehörigkeit entscheidend. Die Zugehörigkeit zum Volk Israel, oder für uns adaptiert: ein katholischer Taufschein - das ist noch kein Freibrief in den Himmel; sondern entscheidend ist das je eigene Tun. So kann der Hausherr eben auch zu den vermeintlich Auserwählten sagen: "Weg von mir" - und zwar mit der Begründung "ihr habt alle Unrecht getan!"

Liebe Brüder und Schwestern!
Für Jesus kommt es nicht darauf an, wer wir sind, welchen Stand oder Beruf wir haben, wie groß unser Vermögen ist; er sieht nicht auf unsere Hautfarbe oder auf sonstige äußerliche Eigenheiten; es ist ihm egal, ob wir einen VIP-Pass für das Fußballstadion, ein Erste-Klasse-Ticket oder einen Logenplatz besitzen.
Die Botschaft der heutigen Lesung und des heutigen Evangeliums soll für uns ein Aufruf sein, nicht nur Christen zu heißen, sondern als Christen zu leben; auch wenn das manchmal bedeutet, dass wir uns anstrengen und durch eine enge Tür quetschen müssen; auch wenn das bedeuten kann, unser eigenes Ego abzuspecken, um so leichter durch die Tür zu kommen.


Zu den liturgischen Texten

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