Mariä unbefleckte Empfängnis

Liebe Brüder und Schwestern!

Nachdem wir am vergangenen Sonntag in die Adventzeit eingetreten sind und uns als erste große Adventgestalt der Prophet Jesaja vorgestellt wurde, wird mit dem heutigen Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria die Reihe der Adventlesungen unterbrochen.
Trotzdem können wir auch heute in der ersten Lesung zwei Adventgestalten kennenlernen, nämlich Adam und Eva, gemäß biblischem Zeugnis das erste Menschenpaar.

Ja, auch Adam und Eva sind Adventgestalten, Wegweiser auf Christus hin. Auch ihnen dürfen wir im Zugehen auf den Herrn begegnen, von ihnen lernen und mit ihnen gemeinsam den Weg zu Christus gehen.
Nicht umsonst wird der Vers Gen 3,15, den wir in der Lesung gehört haben, das Protoevangelium, das erste Evangelium, die erste Frohe Botschaft in der biblischen Erzählung genannt:
"Und Feindschaft setze ich zwischen dir (der Schlange) und der Frau, zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen. Er trifft dich am Kopf und du triffst ihn an der Ferse."
Die Schlange mag dem hier erstmals verheißenen Messias, dem großen Retter, zwar in die Ferse beißen können, wird ihn verwunden, doch er wird der Schlange den Kopf zertreten, wird den Teufel endgültig besiegen.
Aber der Reihe nach!

Die heutige Lesung setzt ein nach dem sogenannten Sündenfall. Der Mensch - "Adam" bedeutet ja übersetzt "Mensch" - hat gegen Gottes Gebot verstoßen, hat der Versuchung nachgegeben, die ihm der Teufel in Gestalt der Schlange zugeflüstert hat. Adam und Eva haben von dem Baum gegessen, von dem ihnen Gott zu essen verboten hatte. Das ganze Paradies war für den Menschen geschaffen. Er hatte wirklich mehr als genug. Aber ausgerechnet die eine Frucht, die Gott ausgenommen hatte, von der wollte er kosten. Er hat es nicht ausgehalten, mit auch nur einer einzigen Einschränkung zu leben. Er hat es nicht ausgehalten, sich von Gott sagen zu lassen, was für ihn gut und was für ihn schlecht ist. Nein, er wollte selber entscheiden, und zwar sich gegen Gottes Gebot entscheiden.
Wir könnten sagen: Hier sind Adam und Eva so typisch Mensch! Wir Menschen haben eine gewisse Neigung, Verbote zu übertreten, Regeln zu brechen, Grenzen auszureizen. Das kennen wir alle! Und genau das nennen die Theologen concupiscentia, die Neigung zum Bösen, als Folge dieser ersten Sünde des Menschen, der Ursünde oder Erbsünde.

Und als ob das noch nicht genug gewesen wäre, setzt Adam noch eins drauf. Von Gott mit seiner Tat konfrontiert, hat er nichts Besseres zu tun, als die Schuld auf seine Frau zu schieben: sie war es, sie hat mir davon gegeben; und auch die Frau kann das gleiche Spiel mitspielen: die Schlange war es, sie hat mich verführt.

Liebe Brüder und Schwestern!
Sind nicht auch dies Verhaltensmuster, die wir von uns selber kennen? Die Schuld immer beim anderen zu suchen, von mir selbst abzulenken, auch wenn ich einen Fehler gemacht habe: es gibt doch andere, die es noch viel schlimmer treiben ...

Nun ist die Katastrophe also eingetreten. Der Mensch hat sich losgesagt von Gott, wollte auf eigenen Beinen stehen. Und Gott lässt ihn diese Entscheidung treffen. Er fordert dann aber auch die Konsequenz für das Handeln des Menschen: Fort aus dem Paradies! Ihr wollt auf eigenen Beinen stehen? Dann sorgt euch selber um euer täglich Brot!

Doch hier, mitten in dieser dramatischen Szene setzt eben auch das Protoevangelium an. Dem Mensch, der in Sünde gefallen ist, der sich von Gott entfernt hat, wird zugesagt: Es wird nicht immer so bleiben!
Gott selbst wird die Initiative ergreifen und den Menschen zu sich zurückholen.
Diese Botschaft kann auch uns in diesem Advent gelten: Die Umkehr zu Gott ist möglich. Wenn wir vom Weg zu ihm abgekommen sind, dürfen wir uns wieder dorthin begeben, uns von seinem Licht wieder neu den Weg zeigen lassen. Besonders hilfreich dazu kann - gerade in der Adventzeit - auch eine gute Weihnachtsbeichte sein!

Liebe Brüder und Schwestern!
Wenn wir heute auf Maria blicken, die wir als frei von der Erbschuld glauben, dann sehen wir sie als ein großes, ja ein enorm wichtiges Puzzlestück im Plan Gottes, den Menschen zu sich zurückzuführen. Gott beginnt im Kleinen: ein Mädchen aus der unbedeutenden Stadt Nazareth wird von ihm auserwählt und bereits von Beginn ihres Lebens an mit seiner Gnade erfüllt. So kann er dann aus ihr selber Mensch werden, den Menschen, die auf dem Weg zu ihm bzw. auch auf manchen Irrwegen sind, selber als Mensch entgegenkommen.

Zu den liturgischen Texten
(In Österreich wird das Hochfest Mariä Empfängnis auch am 8. Dezember gefeiert, wenn es auf einen Sonntag fällt. Die zweite Lesung ist vom 2. Adventsonntag (A) zu nehmen.)

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