18. Sonntag i. Jkr. - Lj. A

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Mit dem heutigen Sonntag sind wir in der Lesung des Matthäusevangeliums, das ja in diesem Jahr fortlaufend an den Sonntagen gelesen wird, an einem Wendepunkt angekommen.
Bisher hat Jesus nach seinem ersten Auftreten seine Jünger berufen und mit der Bergpredigt seine große "Antrittsrede" gehalten. Es sind diverse Heilungen, die Wahl und Aussendung der zwölf Apostel und weitere Unterweisungen gefolgt. Zuletzt haben wir von ihm verschiedene Gleichnisse über das Himmelreich gehört.
Bisher konnte man also, von Einzelfällen wie dem Streit um eine Heilung am Sabbat abgesehen, sagen, dass das Wirken Jesu ohne größere Zwischenfälle vorangegangen ist. Die Volksmassen lieben ihn wie einen Popstar, der mit seiner ersten Musikproduktion die Charts stürmt. Doch über der heutigen Evangeliumperikope steht nun ein anderes Vorzeichen.

"Als Jesus hörte, dass Johannes enthauptet worden war", mit diesen Worten beginnt der Abschnitt, den wir soeben gehört haben.
Vorher erzählt Matthäus wie es zur Enthauptung Johannes des Täufers durch König Herodes gekommen ist und auch, was Herodes von Jesus hält: Er meint, es sei Johannes der Täufer, der von den Toten auferstanden ist. Der abergläubische Herodes fürchtet sich also vor Jesus, vor der Rache, die der vermeintlich wiederauferstandene Johannes nun an ihm nehmen könnte.
"Als Jesus hörte, dass Johannes enthauptet worden war, zog er sich allein ... in eine einsame Gegend zurück." - Vor diesem Hintergrund kann der Einstieg der heutigen Perikope wie eine Flucht Jesu wirken, der sich den Nachstellungen des Herodes zu entziehen sucht.
Jedenfalls ist der gewaltsame Tod Johannes des Täufers, des großen Vorläufers Jesu, ein dunkles Vorzeichen über dem weiteren Weg Jesu. Von jetzt an wird nichts mehr so sein, wie es gewesen ist: Jesus wird "diese(r) bösen(n) und treulose(n) Generation" ein Zeichen verweigern (16,4), er wird wiederholt sein Leiden ankündigen, seine Jünger werden darum streiten, wer von ihnen der Größte ist, schließlich wird er nach Jerusalem aufbrechen, wo er letztendlich selbst gewaltsam getötet werden wird.

Liebe Brüder und Schwestern!
Im Leben Jesu gibt es, wie im Leben jedes Menschen, echte Höhen und Tiefen. Es gibt Zeiten, zu denen ihm alle zujubeln; und es wird das "Kreuzige ihn!" des Karfreitags geben. Es gibt Zeiten, zu denen alle Welt mit ihm im Reinen scheint; und es gibt die radikale Ablehnung.
Ist das nicht bis heute so geblieben? Wenn die Kirche der durch die Zeiten weiterlebende Christus ist, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn es uns als Kirche genauso ergeht wie Jesus. Manchmal wird unsere Botschaft freudig angenommen werden. Aber manche Inhalte werden in der breiten Bevölkerung auf Unverständnis stoßen; ich möchte mir ersparen, die übliche Palette aufzuzählen ...

Interessant ist an dieser Scheidestelle im Evangelium auch, wie sich die Menschen verhalten. Jesus zieht sich zurück - und die Menschen kommen zu ihm. Vielleicht möchte uns der Evangelist Matthäus damit ermutigen, Jesus zu suchen, ihm nachzugehen, auch wenn sich das Vorzeichen verändert hat.
Umso bemerkenswerter ist jedenfalls, was dann geschieht. Allen schlechten Vorzeichen zum Trotz, heilt er die Kranken und stillt ihren Hunger. Wer zu Jesus kommt, auch unter schwierigen Bedingungen und Gefahren, der geht nicht mit leeren Händen von ihm weg, der wird so reich beschenkt, dass sich noch unerhörter Überfluss einstellt.

Liebe Brüder und Schwestern!
Ist es ein Zufall, dass unter dem Vorzeichen des Todes Johannes des Täufers, unter der Vorahnung, dass auch Jesus dasselbe Schicksal bevorsteht, gerade das Wunder der Brotvermehrung steht? Wohl kaum. Matthäus hat offensichtlich in seiner Schilderung bereits das letzte Abendmahl am Vorabend von Jesu Tod und die eucharistische Liturgie seiner Zeit vor Augen. "Er nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, sprach den Lobpreis, brach die Brote und gab sie den Jüngern". Der Lobpreis, das Erheben der Augen als die alte liturgische Gebetshaltung, die sich andeutungsweise heute noch im ersten eucharistischen Hochgebet erhalten hat, das Brechen des Brotes - das muss die Leser des Matthäusevangeliums damals und heute an ihren zentralen Gottesdienst denken lassen, bei dem Jesus sich selbst an uns schenkt und dessen Ursprung eben im letzten Abendmahl und im Tod Jesu am Kreuz liegt.
So wird das dunkle Vorzeichen über der Brotvermehrung auch zum Hoffnungszeichen für uns: Gerade in den dunklen Stunden, wenn die Stimmung sich dreht, wenn wir mit unserem Glauben auf Ablehnung stoßen, dürfen und sollen wir Jesus treu bleiben und werden von ihm gestärkt und reich beschenkt werden, besonders in der Feier der Eucharistie.
Schließlich endet die Partitur des Evangeliums ja auch nicht in dieser dunklen Tonart, die heute angeschlagen wird, sondern im tausendstimmig-freudigen Osterjubel. Was wir hier Sonntag für Sonntag feiern - die Hingabe Jesu an uns - kann uns die Hoffnung geben, dass wir berufen sind, einmal an diesem ewigen Fest teilzunehmen; auch wenn es auf dem Weg dahin nicht nur gute Zeiten, Anerkennung und Freude geben wird.
Wenn Jesus also sich an seinen einsamen Ort zurückzieht, wenn er mit seinem Auftreten, mit seiner Botschaft auch heute Ablehnung und Feindschaft erfährt, dann wollen wir es den Volksscharen aus dem Evangelium gleich tun, ihn suchen und ihm folgen, denn er ist es, der uns überreich beschenken kann!

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