Karfreitag - Feier vom Leiden und Sterben des Herrn

Liebe Brüder und Schwestern!

Bereits im antiken Rom gab es in gehobeneren Haushalten das Amt des praegustator. Dieser "Vorkoster", meist ein Sklave, hatte die Aufgabe, Speisen und Getränke vorzukosten und so auf ihre Qualität zu überprüfen. Außerdem sollte so verhindert werden, dass der Hausherr vergiftet wird. Hatte der praegustator den Genuss überstanden, so war die Speise auch für den Herrn nicht gefährlich. Bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts war es bei Papstmessen noch üblich, dass der Messwein, der für die Wandlung verwendet werden sollte, vom päpstlichen Mundschenk öffentlich vorgekostet wurde.

Was aber hat diese praegustatio mit dem Karfreitag zu tun? Nun, liebe Brüder und Schwestern, wir können sagen: Jesus selbst ist der große Vorkoster für uns geworden. Er, der große Herr, schlüpft in die Rolle des Sklaven und trinkt den Kelch des Leidens und Sterbens bis zur Neige. Der Hebräerbrief drückt das in der Lesung, die wir vor der Leidensgeschichte gehört haben, so aus: "Wir haben ja nicht einen Hohepriester, der nicht mitfühlen könnte mit unseren Schwächen" - Nein, wir haben mit Jesus Christus einen Hohenpriester, der mit uns mitfühlen kann, weil er all unsere Schwächen gekostet hat (und was könnte eindrücklicher für menschliche Schwachheit stehen als der gewaltsame Tod).

Also, Jesus hat Leid und Tod für uns "vorgekostet". Und ist er unbeschadet geblieben? Wenn wir uns die Leidensgeschichte vor Augen führen, wohl kaum! Er hat Leid und Tod vorgekostet und ist diesem Genuss erlegen. Er wird tot in das Grab gelegt.

Doch, liebe Brüder und Schwestern, wir dürfen den Karfreitag nicht isoliert betrachten; wie überhaupt die "drei österlichen Tage" von Gründonnerstag bis Ostersonntag in der Liturgie der Kirche eine einzige große Feier bilden. Wir dürfen und müssen also bereits heute das Osterfest, die Auferstehung, mitbedenken.

So zeigt uns die praegustatio Jesu beides:

  • Ja, Leid und Tod sind ernst. Sei es eine Corona-Pandemie, ein unerwarteter Unfall, ein vererbte Krankheit oder sonst ein Leid - man braucht da gar nichts schönzureden!
  • Aber Jesus, der all das für uns "vorgekostet" hat, zeigt uns auch: Man kann selbst Leid und Tod überstehen. All das hat nicht das letzte Wort.

Liebe Brüder und Schwestern!

Der heutige Karfreitag ist auch der große Fürbitt-Tag der Kirche. Heute, wo Jesus für uns alles Leid der Menschheit und jedes einzelnen Menschen "vorgekostet" hat, sind wir eingeladen, die ganze Welt ganz besonders im Gebet vor Gott hinzutragen. So wollen wir nun in den "Großen Fürbitten" das Erbarmen Gottes auf unsere Welt herabrufen.

Zu den liturgischen Texten

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