9. Sonntag im Jk. - Lj. B

Liebe Brüder und Schwestern!

In der Lesung aus dem Buch Deuteronomium haben wir vom Sabbatgebot gehört und im Evangelium sagt Jesus von sich, er sei Herr über den Sabbat.
Der Sabbat ist nach jüdischer Zählung der siebte Wochentag, und er gilt gemäß dem Gebot Gottes als Ruhetag. Die christliche Tradition hat die Ruhe und das Feiern auf den ersten Tag der Woche verschoben. Der Sonntag ist für uns eigentlich nicht Wochenende, sondern Wochenbeginn; wir beginnen die Woche mit dem Feiern.
Das Thema der heutigen Schriftlesungen lädt uns ein, über die Bedeutung des Sonntags nachzudenken.
Der inzwischen heiliggesprochene Papst Johannes Paul II. hat im Jahr 1998 ein apostolisches Schreiben über die Bedeutung des Sonntags mit dem Titel "Dies Domini" - "Der Tag des Herrn" herausgegeben. Darin nennt er den Sonntag mit fünf verschiedenen Ehrennamen, die wir kurz betrachten wollen.

Dies Domini; dies Christi
Die ersten beiden dieser Titel sind dies Domini und dies Christi - Tag des Herrn und Tag Christi.
Der Sonntag ist der Tag Christi, der Gedenktag an seine Auferstehung, an das neue Leben. Wir beginnen die Woche mit der Feier der Auferstehung Jesu, die auch für uns ein Hoffnungszeichen sein soll: Sein Leben erhellt alle Nächte unseres Lebens. Er kennt alle unsere Ängste und Sorgen, er ist hinabgestiegen in die finsterste Erdennacht; als er am Kreuz hing, verfinsterte sich die Sonne. Aber er durchbricht unsere existentielle Finsternis. Die Auferstehung ereignet sich noch mitten im Dunkel der Nacht. Die Frauen kommen zum Grab in der Frühe "als es noch dunkel war". Sein Leben, sein Ostersieg, leuchtet eben hinein in das Dunkel unserer Existenz.

Dies ecclesiae
Der Sonntag ist auch dies ecclesiae - Tag der Kirche. Die sonntägliche Messfeier ist der Kirche so wichtig, dass sie sogar von der Sonntagspflicht spricht, von der Pflicht zur Teilnahme an der heiligen Messe am Sonntag.
Zunächst einmal die Frage: Was feiern wir eigentlich hier in der hl. Messe? Die heilige Messe ist die Gegenwärtigsetzung des Kreuzesopfers. So wie Jesus sich am Kreuz dahingibt, so schenkt er sich seinen Jüngern beim Letzten Abendmahl in den Zeichen von Brot und Wein, so schenkt er sich uns mit Leib und Blut auch, wenn der Priester in seinem Auftrag und in seinem Namen die Wandlungsworte spricht und die hl. Messe feiert. Wir feiern also die Hingabe Jesu, die in den Augen der Welt seinen Tod, sein endgültiges Scheitern bedeutet. "Deinen Tod, o Herr, verkünden wir", an diese Formel schließen wir aber im gleichen Atemzug an: "und deine Auferstehung preisen wir". Er schenkt sich uns hin, macht seine Opferhingabe gegenwärtig; und in der hl. Kommunion empfangen wir den Leib Christi, aber nicht seinen toten Leichnam; er ist gegenwärtig als der, der durch seine Hingabe den Tod überwunden hat; er ist gegenwärtig als der auferstandene Herr, der uns in sein Leben hineinnehmen will.
Und so, in der Hineinnahme in sein Leben, bilden wir eben die Kirche, die große Gemeinschaft der zu ihm Gehörigen. Das ist der innerste Grund, warum die Kirche die Sonntagsmesse sogar zur Verpflichtung erklärt hat: die Überzeugung, dass wir eigentlich von hier aus erst zur Kirche werden; dass uns aus dieser wöchentlichen Feier von Tod und Auferstehung Jesu die Kraft für ein christliches Leben in unserem Alltag zukommt; dass durch die Feier von Tod und Auferstehung Jesu auch unser alltägliches Leben geheiligt wird und wir in gewisser Weise schon jetzt unsere eigene Auferstehung in ein erneuertes Leben feiern dürfen.

Dies dierum
Der Sonntag wird im Schreiben von Johannes Paul II. auch dies dierum - Tag der Tage genannt.
Am Sonntag blicken wir zurück auf Tod und Auferstehung Jesu; erleben wir Tod und Auferstehung Jesu als gegenwärtiges Geschehen; und richten wir unseren Blick auch in die Zukunft, auf die Wiederkunft Christi und unsere Vollendung.
Wenn die alten Kirchen nach Osten ausgerichtet sind, hin zur aufgehenden Sonne, und Priester und Gläubige sich bei der Feier der hl. Messe gemeinsam in diese Richtung gewandt haben, sollte das genau das ausdrücken: Wir erwarten den wiederkehrenden Christus als aufgehende Sonne, die den ewigen Tag bringen wird. So wird der Sonntag zum Sinnbild für diesen ewigen Tag, eben zum "Tag der Tage", weil in der Feier der hl. Messe Christus ja tatsächlich wiederkommt, unter uns gegenwärtig wird in den Gestalten von Brot und Wein.

Dies hominis
Der Sonntag ist schließlich auch dies hominis - Tag des Menschen. Das alttestamentliche Ruhegebot für den Sabbat wurde christlicherseits auf den Sonntag verlegt. Ausruhen, Muße, neue Kraft schöpfen, Regenerierung - dieses Motiv passt nur allzu gut zum Thema des Sonntags, zum neuen Leben der Auferstehung Jesu.
"Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat", so erklärt Jesus im Evangelium den Sinn des Ruhegebotes. Echte Sonntagsheiligung besteht nicht nur darin, keine schweren Arbeiten zu verrichten, sondern auch so manche Ungerechtigkeiten aufzugeben, den Mitmensch gut zu behandeln, Streit und Krieg ruhen und enden zu lassen.

Seien wir dankbar für das Geschenk des Sonntag,
  • der uns als dies Domini und dies Christi an das neue Leben erinnert, das uns durch die Auferstehung Jesu geschenkt ist;
  • an dem wir als dies ecclesiae aus der Sonntagsmesse, der wöchentlichen Feier von Tod und Auferstehung Jesu Kraft für unser Leben schöpfen;
  • der uns als dies dierum einen Blick auf die letzte Zukunft unserer Tage richten lässt und die Ewigkeit bereits anfanghaft in unser Leben hereinholt;
  • und der als dies hominis uns hilft, bei aller Mühe und Arbeit nicht auf unser Menschsein zu vergessen.


Zu den liturgischen Texten

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