Pfingsten - Am Tag

Liebe Brüder und Schwestern!

"Und wieder führt das Jahr herauf der selgen Freude hohen Tag. Der Beistand, den der Herr verhieß, wird seinen Jüngern heut geschenkt", so heißt es in den Laudes, dem kirchlichen Morgengebet, zu Pfingsten. Der Heilige Geist ist jener Beistand, von dem im Evangelium die Rede war.
Er will uns befähigen, Zeugnis für Christus zu geben, er will uns in die ganze Wahrheit einführen und uns an all das erinnern, was Jesus uns gesagt hat. Kurz zusammengefasst: Er will uns helfen, ein christliches Leben zu führen und das Werk Jesu auf Erden fortzusetzen.
Das Pfingstfest ist das Fest der Geistsendung, wie wir es in der ersten Lesung gehört haben. Und die jährliche Erinnerung an dieses Ereignis ist für uns eine Einladung, ebenfalls um das Kommen des Heiligen Geistes in unser persönliches Leben zu beten.

Die Liturgie der Pfingstmesse lädt uns mehrfach dazu ein, auch im Ruf vor dem Evangelium. Der Hallelujaruf ist am Pfingstfest nicht direkt aus der heiligen Schrift genommen, wie an den meisten anderen Tagen des Jahres, sondern er ist eben ein Gebet um das Kommen des Heiligen Geistes: "Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen, und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe!" Die Dringlichkeit dieser Bitte wird in der Liturgie noch dadurch verstärkt, dass es vorgesehen ist, sich an dieser Stelle hinzuknien. Ich möchte diesen kurzen Gebetsruf heute etwas genauer betrachten.

Komm, Heiliger Geist!
Das Gebet beginnt ohne Herumschweifen gleich mit der zentralen Bitte: Veni! - Komm!
Wir kennen die verschiedenen Heilig-Geist-Lieder, die mit dieser Bitte beginnen: Veni creator spiritus - Komm, Schöpfer Geist; Komm, o komm, du Tröster mein.
Diese Bitte ist uns vertraut. Doch denken wir noch darüber nach, worum wir eigentlich bitten? Oder anders gefragt: Wenn der Heilige Geist bereits zu Pfingsten gekommen ist, warum bitten wir dann fast 2000 Jahre später noch immer um sein Kommen?
Natürlich braucht der Heilige Geistes nicht deshalb zu uns zu kommen, weil er sonst abwesend wäre. Bereits vor dem Pfingstereignis ist der Heilige Geist, die dritte göttliche Person, Gott selber, in der Welt zugegen. "Der Geist Gottes schwebte über dem Wasser", heißt es sogar bereits im Schöpfungsbericht des Buches Genesis. Und jedem einzelnen von uns wurde der Beistand des Heiligen Geist bei unserer Taufe und dann nochmals explizit bei der Firmung zugesagt.
Und trotzdem bitten wir ihn immer wieder: Komm, Heiliger Geist!
Es ist, wie wenn wir zu einem Freund sagen: Ach komm, hilf mir doch! So soll die Anrufung "Komm, Heiliger Geist!" uns zu einer größeren Vertrautheit und einem größeren Vertrauen in die Gegenwart Gottes im Heiligen Geist führen.

Erfülle die Herzen deiner Gläubigen!
An die Bitte um das Kommen schließt sich die Bitte um das Erfülltwerden mit dem Heiligen Geist. Das Herz steht für die Mitte der Person. "Erfülle mich ganz, durchdringe mich", könnten wir die Bitte auch umschreiben.
Wenn der hl. Paulus in der Lesung aus dem Galaterbrief einen Gegensatz zwischen Fleisch und Geist aufbaut, dann brauchen wir das nicht in einer leibfeindlichen Weise zu verstehen, die alles Materielle als schlecht ansieht. Es geht ihm darum, sich vom Geist, eben vom Heiligen Geist, leiten zu lassen. Wir sind aufgefordert, nicht auf das Fleisch, auf uns selber, zu hören, sondern uns eben wirklich vom Heiligen Geist erfüllen und führen zu lassen. 
"Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen" und lass uns dann auch auf unser Herz hören. "Open the eyes of my heart" - "Öffne die Augen meines Herzens", was der Chor vorhin gesungen hat, ist eigentlich dieselbe Bitte.
Erfülle die Herzen deiner Gläubigen, öffne die Augen meines Herzens, führe mich in die Wahrheit ein, wie Jesus es verheißen hat. Hilf mir, nicht auf mich selbst, sondern auf dich zu hören und als Christ zu leben.

Entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe!
"Er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden. Alles, was der Vater hat, ist mein", in diesem Wort Jesu ist nicht nur die Aufgabe des Heiligen Geistes beschrieben, sondern sein Wesen angesprochen. Der Heilige Geist ist im innergöttlichen Leben des dreifaltigen Gottes das Geschenk des Vaters an den Sohn und des Sohnes zurück an den Vater. Er ist die ewige Liebe in Gott. Und wir bitten ihn: Heiliger Geist, entzünde in uns das Feuer deiner Liebe! Nimm uns hinein in das ewige Liebesleben Gottes!
Liebe - das ist das entscheidende Wort unseres kurzen Gebetsrufes; das Schlüsselwort für ein christliches Leben, zu dem uns der Heilige Geist befähigen will.
Und diese Liebe soll nicht ein kleiner glimmernder Docht sein, sondern ein mächtiges großes Feuer: Entzünde in uns das Feuer deiner Liebe!

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
Nach der hl. Kommunion wird der Priester im Schlussgebet stellvertretend für uns alle beten: Erhalte der Kirche deine Gande, damit die Kraft aus der Höhe, der Heilige Geist, in ihr weiterwirkt.
Pfingsten ist nicht einfach nur der Abschluss der Osterzeit, sondern von Pfingsten geht ein Auftrag aus: Gestärkt mit dem Heiligen Geist hinein in die Welt und die Liebe Gottes bezeugen!

Für diese Aufgabe wollen wir uns immer neu rüsten und vertrauensvoll zu Gott dem Heiligen Geist rufen:
Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe!
Amen.

Zu den liturgischen Texten
(Von den Auswahltexten bei der Zweiten Lesung und dem Evangelium nehme ich Bezug auf Gal 5 und Joh 15-16)

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