Pfingstmontag / Maria, Mutter der Kirche - Maiandacht

Schriftstelle: Gen 3,9-15.20

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

"Sie wurde die Mutter aller Lebendigen." Was hier von Eva, der ersten Frau, gesagt wird, können wir auch von Maria, der neuen Eva, sagen: Sie ist die Mutter aller Lebendigen. Ein mittelalterlicher Theologe sagt: "Die Urmutter Eva war weniger eine Mutter als eine Stiefmutter: Sie gab ihre Kinder dem Tode preis, noch bevor diese das Licht des Tages erblickten. Sie heißt zwar 'Mutter aller Lebenden', doch in Wirklichkeit ist sie die Mörderin der Lebenden oder die Gebärerin der Sterbenden, denn ihr Gebären ist nichts anderes als ein Gebären zum Tod. Weil Eva ihren Namen nicht wahrzumachen vermochte, hat Maria den geheimnisvollen Sinn dieses Namens verwirklicht. Denn wie die Kirche, deren Vorbild sie ist, ist sie die Muter aller, die zum Leben wiedergeboren werden."

Maria ist Mutter aller Lebendigen. Sie ist Mutter aller, die in der Taufe "zum Leben wiedergeboren" und in die Kirche aufgenommen werden. Sie ist Mutter der Kirche.

Liebe Brüder und Schwestern!
Papst Franziskus hat verfügt, dass der Pfingstmontag in Zukunft ein Marienfest sein soll, ein Gedenktag zu Ehren Mariens, der Mutter der Kirche. Dieser Ehrentitel Mariens ist ein sehr alter Titel, der aber lange außer Gebrauch gewesen ist. Papst Paul VI. hat ihn während des Zweiten Vatikanischen Konzils wieder neu gebraucht und Maria zur "Mutter der Kirche, das heißt zur Mutter des ganzen christlichen Volkes, seien es die Gläubigen, seien es die Hirten, die sie ihre geliebteste Mutter nennen" erklärt und verfügte, dass "mit diesem Titel das ganze christliche Volk von nun an noch größere Verehrung der Gottesmutter zuteilwerden lässt und ihre Bitten an sie richte".

Was aber kann es bedeuten, wenn wir Maria Mutter der Kirche nennen?
Wir können denken an die große Streitfrage des 5. Jahrhunderts, ob man Maria "Gottesgebärerin", "Mutter Gottes" nennen dürfe oder ob nicht eher der Titel "Christusgebärerin" angemessener wäre. Das Konzil von Ephesus hat sich im Jahr 431 für den Titel Gottesgebärerin entschieden. Sie ist Gottesgebärerin gerade weil sie Christusgebärerin ist. Weil Jesus Christus wahrhaft der Sohn Gottes ist, kann man auch Maria, die ihn in seiner menschlichen Natur geboren hat, Mutter Gottes nennen.

Ähnlich dürfen wir denke ich sagen: Maria ist Mutter der Kirche, weil sie Mutter Christi ist. Wenn wir Maria als Mutter der Kirche verehren, können wir von ihr lernen, was es heißt, Kirche zu sein. Maria ist Mutter der Kirche, weil sie Mutter Christi ist. "Kirche" ist also irgendwie mit "Christus" gleichzusetzen. Aufgabe der Kirche ist es, Christus in der Welt gegenwärtig zu machen: Wir alle sind berufen, im Geist Jesu in der Welt zu wirken. Pfingsten wird gerne als Geburtstag der Kirche bezeichnet. Der Heilige Geist wird den Jüngern gesandt und sie gehen hinaus nach Jerusalem und in die ganze Welt, und verkünden die Frohe Botschaft von Jesus Christus durch ihr Wort und ihr Leben. Was damals nach Pfingsten geschehen ist, soll aber kein Ereignis der Vergangenheit bleiben. Wenn der Pfingstmontag von Papst Franziskus zum Gedenken Mariens, der Mutter der Kirche, erklärt wurde, dann soll uns das daran erinnern. Gestärkt durch den Heiligen Geist, sollen wir Kirche sein, sollen wir das Werk Jesu fortsetzen, sollen wir mutig in die Welt hinausgehen und ihn verkünden durch ein christliches Leben.

Im Dekret, mit dem dieser Gedenktag angeordnet wird, heißt es: "Die Feier wird eine Hilfe sein, uns daran zu erinnern, dass das christliche Leben, um zu wachsen, im Geheimnis des Kreuzes verankert sein muss, in der Hingabe Christi im eucharistischen Mahl und in der opfernden Jungfrau, der Mutter des Erlösers und der Erlösten." Hier werden als Eckpfeiler eines christlichen Lebens genannt: die Verankerung im Kreuz Christi, im geduldigen Ertragen, das die Welt verwandeln wird; die Eucharistie, die Feier der heiligen Messe, die Verbindung mit Christus, die uns Kraft geben will für unseren Alltag; und die Hilfe Mariens, die Vorbild und Fürsprecherin sein will für ein Leben gemäß ihrem großen Wort, das sie dem Engel gegeben hat: "Mir geschehe nach deinem Wort."
Durch diese Bereitschaft, sich Gott zu überantworten, getreu seinem Wort zu handeln, wurde sie zur Mutter Christi und zur Mutter der Kirche.
Wenn wir sie um ihre Fürsprache bitten, wird sie uns auch helfen, den Willen Gottes für unser Leben zu erkennen und unser Ja dazu zu sprechen.



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