7. Ostersonntag - Lj. B

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Im Evangelium haben wir soeben einen Teil des sogenannten "Hohepriesterlichen Gebets" Jesu gehört. Er betet es am Abend des Gründonnerstags nach dem Letzten Abendmahl gleichsam als sein Testament, das er beim himmlischen Vater für seine Jünger und auch für uns hinterlegt. Er drückt damit in diesem Gebet seinen letzten Willen aus oder auch eine Art Zusammenfassung seines Wirkens auf Erden.

Man könnte vieles zu diesen Versen sagen. Ich möchte mich heute auf zwei Punkte beschränken, die vielleicht nicht gleich verständlich sind:

  • "Bewahre sie in deinem Namen" und
  • "Heilige sie in der Wahrheit"

1. "Bewahre sie in deinem Namen"

Diese Bitte erscheint uns wahrscheinlich etwas komisch. Oder wir sind bereits gewöhnt daran, sodass wir sie nicht mehr hinterfragen. Doch was soll das heißen, im Namen Gottes bewahrt bleiben?

Nun, für das Alte Testament spielte der Name Gottes eine große Rolle. Auf dem Berg Sinai hatte Gott dem Mose seinen Namen offenbart: JHWH. Gläubigen Juden ist es aus Ehrfurcht vor dem Namen Gottes bis heute untersagt, diesen auszusprechen. Doch was bedeutet es, dass Gott einen Namen hat? Wenn ich den Namen von jemandem kenne, dann kann ich ihn rufen. Die Kenntnis des Namens setzt eine gewisse Vertrautheit voraus. So will die Idee des Namens Gottes eben ausdrücken: Wir dürfen ihm von Du zu Du begegnen, er will uns mit sich vertraut machen, er will in Beziehung zu uns treten.

Liebe Brüder und Schwestern!

"Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart", so betet Jesus am Ende seines irdischen Wirkens. Ja, er selbst ist der "Name" Gottes in Person, die Nähe, Beziehungsfähigkeit und Vetrautheit Gottes mit uns:

"In ihm ist das erfüllt, was ein bloßes Wort letztlich doch nicht erfüllen konnte. In ihm ist der Sinn der Rede vom Gottesnamen ans Ziel gekommen, und ans Ziel gekommen, was mit der Idee des Namens immer gemeint und gewollt war. In ihm ... ist Gott wirklich der Rufbare geworden. In ihm ist Gott für immer in die Mitexistenz mit uns eingetreten."

- so schreibt es Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., in seiner "Einführung in das Christentum" (zit. nach JRGS 4, 110).

Und Jesus, der menschgewordene "Name" Gottes betet nun für uns: "Bewahre sie in deinem Namen", bewahre sie in dieser Beziehung zu dir, in der Vertrautheit mit dir, die ich ihnen gebracht habe; und er fügt hinzu: "damit sie eins sind wie wir!"

2. "Heilige sie in der Wahrheit"

Auch diese Bitte Jesu ist wahrscheinlich nicht ganz verständlich. Was soll es bedeuten, wenn etwas oder jemand "geheiligt" wird? Einen Zugang zu diesem für uns rätselhaften Wort können wir auch wieder über das Alte Testament gewinnen. Dort bedeutet "etwas heiligen" nämlich, es "kultfähig" zu machen. Es sind bestimmte Gerätschaften oder priesterliche Gewänder, die "geheiligt" werden, um dann im Gottesdienst Verwendung zu finden. Es sind rituelle Bäder oder Waschungen, durch die Personen "geheiligt" werden, um rein zu sein für den Dienst vor Gott.

Dahinter steht die Einsicht aller Religionen, dass der Mensch aus sich heraus unwürdig ist, zu Gott hinzutreten. Es ist ein unendlicher Graben zwischen unserer Welt und der Welt des Göttlichen, den es durch verschiedene Rituale zu überwinden gilt. Die höchste Form der Heiligung ist in allen Religionen das Opfer, die freiwillige Gabe von etwas Kostbarem an die Götter - und was wäre kostbarer als das Leben! Im Alten Testament freilich sind es keine Menschenopfer, die dargebracht werden, sondern stellvertretende Opfergaben - Getreide, Wasser oder auch Tiere.

"Ich heilige mich für sie", betet Jesus am Vorabend seines Todes und macht damit sein Kreuz zum Ausdruck seiner eigenen Opferhingabe: Ich opfere mich für sie, ich gebe mich für sie hin, ich schenke mich dir - damit auch sie "geheiligt" sind, damit auch sie "kultfähig" sind, damit der Graben nun ein für allemal überbrückt und der Zugang zu dir für sie endgültig, eben "in Wahrheit" und nicht nur in unzulänglichen Bildern, offensteht.


Liebe Brüder und Schwestern!

"Bewahre sie in deinem Namen" und "heilige sie in der Wahrheit". So betet Jesus am Abend vor seinem Leiden für uns. Das ist sein Vermächtnis, dass wir in Beziehung mit Gott treten und uns ganz ihm überlassen. Das macht seine Sendung zuinnerst aus. Das ist es, wozu er auf diese Welt gekommen ist. Das ist es, was auch unser Leben als Christen bestimmen soll.

So dürfen wir das Gebet Jesu auch zu unserem Gebet werden lassen:

Gott, hilf uns, in deinem Namen zu bleiben. Hilf uns, die Bekanntschaft mit dir nicht zu verlieren. Steh uns bei, damit wir dich immer besser kennenlernen. Lass uns, gemeinsam mit allen, die du in deinem Namen bewahrst, eine Gemeinschaft bilden, die ihre Mitte in der Beziehung zu dir hat und immer weiter vertieft.

Gott, hilf uns, den Weg zu dir zu gehen, den Jesus uns freigemacht und gewiesen hat. Gib uns Vertrauen zu ihm, der sich für uns hingegeben hat und uns so vorausgegangen ist. Lass uns erkennen, dass wir das Leben gewinnen, wenn wir uns ganz dir überlassen. Lehre uns ein Leben der Hingabe an dich und den Nächsten zu führen.

Amen.

Zu den liturgischen Texten

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