Dreifaltigkeitssonntag - Lj. B

Liebe Brüder und Schwestern!

Dreifaltigkeitssonntag - ein Fest, an dem wir sozusagen die Herzmitte unseres Glaubens betrachten und feiern dürfen: Gott selbst, der sich als dreifaltiger Gott offenbart hat, als ein Gott, der in sich Leben, gegenseitiger Austausch, Beziehung und Liebe ist.

Viel ist im Laufe der Jahrhunderte nachgedacht worden über dieses große Geheimnis unseres Glaubens. Und doch müssen wir wohl sagen: Ganz begreifen, bis ins Letzte hinein verstehen, was es heißt, an einen dreifaltigen Gott zu glauben - das werden wir wohl nie.

Viele Erklärungsmodelle gibt es. Der hl. Patrick hat es der Legende nach dem irischen Volk mit dem dreiblättrigen Kleeblatt zu erklären versucht. Der Vergleich mit Sonne, Strahlen und Wärme ist auch oft bemüht worden. Oder eine komplizierte Analogie mit dem Vermögen des menschlichen Geistes, die der hl. Augustinus in seiner Schrift "de trinitate" gibt. - Für viele Christen stellt sich angesichts dieser Fülle an Erklärungsmodellen die Frage: 
Hat das überhaupt etwas mit mir zu tun? Inwiefern betrifft es mich überhaupt, dass Gott dreifaltig ist?

Diese Frage hat Menschen auch schon immer bewegt. Und so hat beispielsweise die Kunst versucht, das Geheimnis Gottes etwas näher in unsere alltägliche Welt zu bringen, es im wahrsten Sinn des Wortes anschaulich zu machen.
Die östliche Ikonentradition etwa bevorzugt für ihre Dreifaltigkeitsikone eine Darstellung von drei Männern, die miteinander im Gespräch sind - in Anlehnung an den Besuch der drei Boten Gottes bei Abraham. Gott als Dreifaltiger heißt eben: Gott ist nicht ewige Einsamkeit, ewige Abgehobenheit, sondern ewige Beziehung, ewiges Sich-Austauschen der göttlichen Personen untereinander - und darum auch mit uns als seinen Geschöpfen.

In unserer westlichen Tradition herrscht eher ein anderer Bildtypus vor, nämlich der sogenannte "Gnadenstuhl". Bei aller Problematik, die diese Weise der Darstellung mit sich gebracht hat - die Vorstellung von Gott Vater als altem Mann und vom Hl. Geist als einer Taube statt einer echten Person - hat auch sie ihre Bedeutung. Es ist Gott Vater, der das Kreuz in die Welt hineinhält, auf dem Gott Sohn hängt, und Gott, der Heilige Geist schwebt zwischen Vater und Sohn, hält auch in dieser Ausnahmesituation Jesu, der betet: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" den Kontakt zwischen Vater und Sohn aufrecht.
Die wohl älteste Darstellung dieses Bildtypus findet sich auf dem sogenannten "Lotharkreuz" aus dem Domschatz zu Aachen. Auf der einen Seite, die bei Prozessionen mit diesem Kreuz in die Richtung des Kaisers schaute und darum "Kaiserseite" genannt wird, ist es reichlich mit Edelsteinen verziert - will sagen: hier ist etwas Kostbares, Einmaliges, Wertvolles dargestellt. Aber die theologische Aussage, auf die dieser Schmuck sicher auch hinweisen möchte, findet sich auf der anderen Seite:
Eine Hand aus einer Wolke - Gott Vater - reicht dem gekreuzigten Jesus - Gott Sohn - den Siegeskranz, der eine Taube - Gott, den Heiligen Geist - umschließt.

Diese Darstellung des Gnadenstuhl können uns zeigen: Gottes Dreifaltigkeit ist nicht etwas Abgehobenes, sondern Gott Vater reicht das Kreuz mit Gott Sohn in diese Welt hinein. Gott der Heilige Geist vermittelt nicht nur zwischen Vater und Sohn im Inneren der Gottheit, sondern wird so auch der Mittler zwischen Gott und dieser Welt. - Und genau deshalb ist es nicht egal, ob Gott dreifaltig ist. Denn gerade als Dreifaltiger ist er ein Gott, der dieser Welt zugewandt ist. "Der Herr ist der Gott im Himmel droben und auf der Erde unten, keiner sonst", so hat es bereits das Volk Israel auf dem Sinai erfahren dürfen - wir haben es in der ersten Lesung gehört. Und wir dürfen sagen: Ja, und er ist Gott im Himmel droben und auf der Erde unten eben gerade deshalb, weil er dreifaltig ist, weil seine Liebe, die er in seinem innersten Wesen im ewigen Liebesaustausch der drei göttlichen Personen lebt, auch die ganze Welt umfangen kann.

Liebe Brüder und Schwestern!
Freilich wird bei einigen noch immer die Frage bleiben: Aber hat das jetzt wirklich etwas mit meinem Leben zu tun? Nun, dann möchte ich den Ball einfach zurückspielen: Wenn gegenseitige Liebe, füreinander Dasein, Gegensätze Überbrücken, sich einander Schenken und Hingeben ... nichts mit unserem Leben zu tun hat, dann sollten wir das schleunigst ändern!

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