Pfingsten - Lj. B

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

"Heute sind die fünfzig Tage erfüllt", betet die Kirche am Abend des Pfingsttages in der Vesper. 50 Tage - diese Zeitangabe gibt dem heutigen Festtag den Namen. Das deutsche Wort Pfingsten leitet sich vom griechischen pentekosté ab, was eben 50 bedeutet. "Heute sind die fünfzig Tage erfüllt" - und wenn wir 50 Tage im Kalender zurückblättern, landen wir am Ostersonntag. Heute, am Pfingstfest sind die fünfzig Tage der Osterzeit erfüllt, kommt das Festgeheimnis von Ostern zu seiner Erfüllung. Doch wie genau können wir das verstehen?

Nun, zunächst: Die Kirche hat mit dieser Aufteilung der Feste keinen neuen Festkalender erfunden, sondern hält sich an die Schilderung des hl. Lukas in der Apostelgeschichte und damit an den alten jüdischen Festkalender.

Wir wissen, dass das Osterfest mit dem Pascha- oder Pessachfest in Verbindung steht - dieses Fest, das an den Auszug aus Ägypten erinnert. Nach der Schilderung von Matthäus, Markus und Lukas war das letzte Abendmahl Jesu ein Paschamahl, bei dem für gläubige Juden eben bis heute diese Ereignisse um den Auszug aus Ägypten - aus der Sklaverei in die Freiheit - rituell vollzogen und als gegenwärtiges Geschehen erlebt werden. Im Johannesevangelium ist die Darstellung im Detail etwas anders; hier stirbt Jesus genau zu der Stunde, in der die Paschalämmer geschlachtet werden. So oder so hat Ostern mit Pessach zu tun. Die Auferstehung Jesu wird mit dem Auszug aus Ägypten in Verbindung gebracht. Die Errettung aus Sklaverei und Abhängigkeit ist für uns Christen ein Sinnbild für die Errettung aus Leid und Tod in der Auferstehung Jesu, an der auch wir durch unsere Taufe Anteil haben dürfen - darum ist Ostern ja auch das große Tauffest der Kirche.

So viel also zum Oster- und Pessachfest. Und 50 Tage, das heißt sieben mal sieben Tage darauf - sieben als Zahl der Vollkommenheit - feiern Juden eben noch ein Fest, das Schawuot oder Wochenfest, auf griechisch pentekosté, unser Pfingstfest. Ursprünglich ist dieses Fest aus einem Erntedankfest für die erste Weizenernte entstanden, doch hat sich - für uns wohl bedeutender - ein weiterer Festinhalt überlagert: Man gedenkt an Schawuot der Gabe der zehn Gebote, des Bundes am Sinai. So knüpft das Wochenfest eben an Pessach an: Die Befreiung aus Ägypten findet ihre Fortsetzung oder Vollendung durch die Gabe des Gesetzes, das heißt der neuen Gesellschaftsordnung für das Volk, die wirkliche Freiheit garantiert.

"Heute sind die fünfzig Tage erfüllt" - Das Pfingstfest vollendet das Osterfest. Ohne die Gabe der Tora bleibt der Auszug aus Ägypten unvollständig. So dürfen wir sagen: Ohne die Gabe des Geistes bleibt die Auferstehung unvollständig. Ja, das was wir zu Ostern feiern, das müssen wir mit Geist, mit Leben füllen. Und so befähigt der Geist Gottes die Apostel am Pfingstfest eben dazu, hinauszugehen und in aller Freimut das Evangelium zu verkünden.

"Heute sind die fünfzig Tage erfüllt" - Gilt das auch für uns? Leben wir bereits dieses Programm des neuen Lebens, das uns bei unserer Taufe mitgegeben wurde? Oder sind wir vielleicht noch zu ängstlich, hinauszugehen und freimütig unser Christsein zu leben?

"Heute sind die fünfzig Tage erfüllt" - Der Heilige Geist, Gott selbst, möchte uns dazu jedenfalls Kraft und Stärke geben!


Zu den liturgischen Texten (Am Vorabend; Am Tag)

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