6. Ostersonntag - Lj. C

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Die Schriftlesungen des heutigen Sonntags können wir alle drei mit einem aktuellen Bezug lesen. So möchte ich kurz zu allen drei Stellen etwas sagen, ohne dabei in die Tiefe zu gehen. Vielleicht gelingt es mir ja, Anregungen zum Selber-Weiterdenken zu geben; bzw. dazu, wie wir die aktuellen Herausforderungen in Kirche und Welt mit den Worten der hl. Schrift in Beziehung setzen können.

Die erste Lesung ist der Rahmen des sogenannten "Apostelkonzils". Wir haben gehört, wie es einen Streit in der jungen Kirche gegeben hat über die Frage, ob man sich beschneiden lassen und die Kultgebote des Alten Bundes einhalten müsse - sprich: ob man zuerst Jude werden muss, bevor man Christ werden kann. Bemerkenswert ist einerseits, dass Paulus und Barnabas diese Streitfrage nicht selber für die Gemeinde entscheiden, sondern in der Versammlung der Apostel und Ältesten in Jerusalem klären wollen. Wir können daran erkennen: Es ist von Anfang an in der Kirche nicht so gewesen, dass die einzelne Gemeinde selbst entscheidet in solch fundamentalen Fragen, sondern dass die Entscheidung von den Aposteln getroffen wird, die ja auch in der zweiten Lesung in der Offenbarung des Johannes als die Fundamente der himmlischen Stadt erscheinen, die Bild für die Kirche ist. Jesus selbst hat ja zu den Aposteln gesagt: "Was ihr auf Erden binden werdet, wird auch im Himmel gebunden sein; was ihr auf Erden lösen werdet, wird auch im Himmel gelöst sein." Wir könnten, in Anlehnung an eine Terminologie, die in der Kirche von heute in aller Munde ist, von der ersten Synodalversammlung der Kirche sprechen. Es wird beraten über die strittige Frage, Argumente werden vorgetragen und schließlich wird entschieden. Aber wie gesagt: Die Entscheidung fällt nicht in der einzelnen Gemeinde, sondern die Streitpunkte und Argumente werden den Aposteln zur Entscheidung vorgelegt. So ähnlich stellt sich wohl Papst Franziskus auch den synodalen Prozess vor, in den er die Kirche führen möchte bzw. in dem die Kirche immer schon steht und den er uns neu bewusstmachen möchte.

Was heute in der Lesung ausgelassen wurde, ist die Entscheidungsfindung. Doch auch das ist interessant und lehrreich für uns heute. Nach einem langen Streit steht schließlich Petrus auf und richtet das Wort an die Versammlung. Daraus können wir sehen: Wenn es Uneinigkeit gibt, ist es wichtig, dass jemand die Leitung übernimmt. - Und genau dazu ist Petrus von Jesus selbst beauftragt worden. So ist eine Synode eben auch kein rein basisdemokratischer Prozess, sondern ein Beratungsorgan. Die Entscheidung selbst nimmt Petrus in seiner Rede vorweg und wird dann von den Aposteln gemeinsam getroffen. Was heißt das für uns? Nun, nach katholischer Auffassung ist das Bischofskollegium mit dem Bischof von Rom, dem Papst, an der Spitze, Nachfolger des Apostelkollegiums mit Petrus an der Spitze. Grundlegende Fragen können und sollen also in synodalen Prozessen in den Gemeinden gesammelt werden, Argumente sollen und können vorgebracht werden, aber die letzte Entscheidung über zentrale Fragestellungen liegt beim Papst und beim Bischofskollegium. - Und auch diese Instanz ist nicht die eigentliche Letztinstanz. "Der Heilige Geist und wir haben beschlossen", heißt es in der Lesung. Ja, der Heilige Geist, Gott selbst ist in der lehramtlichen Verkündigung und Entscheidung des Papstes und des Bischofskollegiums am Werk; davon dürfen wir im Glauben überzeugt sein. Und das Wirken des Heiligen Geistes geht oft über unsere eigenen Vorstellungen hinaus oder steht ihnen sogar entgegen; denn die Kirche ist nicht unsere Kirche, sondern seine Kirche.

So viel also zum Apostelkonzil, zu synodalen Prozessen und zur Rolle des Papstes und der Bischöfe; sagen wir zur "innerkirchlichen" Botschaft und Mahnung der heutigen Schrifttexte.

Mit dem Evangelium richtet sich unser Blick aber auch noch auf die irdischen Geschicke dieser Welt. "Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch", klingen diese Worte Jesu nicht fast zynisch in einer Welt, die - wie wir seit Wochen quasi vor unserer Haustüre erleben - noch immer geprägt ist von Kriegen und Gewalt?! Doch gerade angesichts solcher Situationen gilt die Zusage und Aufforderung Jesu: "Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht". Der Frieden, den er geben möchte, ist nicht einfach die Abwesenheit des Krieges, sondern ein viel tiefer gehender Friede. Nicht einen Frieden "wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch", sagt er. - Und dieser Friede, den die Welt gibt, ist in der Zeit Jesu die Pax Romana gewesen, die "Befriedung" der Welt durch das römische Imperium, die im Endeffekt doch wieder in Unterdrückung und Besatzung bestanden hat. - Der Friede, den Jesus uns gibt, möchte tiefer gehen - so tief, dass ihn auch ein Krieg nicht rauben kann. Dieser tiefe, innere Friede kann uns nur geschenkt werden. Darin stimmt die "Friedensbotschaft" des Evangeliums mit der "Synodalbotschaft" der Apostelgeschichte überein: Es ist letztlich ein Werk des Heiligen Geistes, von dem Jesus ja auch im heutigen Evangelium spricht.

Liebe Brüder und Schwestern!

Wir leben in einer Zeit, in der wir in Kirche und Welt vor großen Herausforderungen stehen. Wir erleben viel Unsicherheit, Uneinigkeit, Unfrieden und dergleichen.

Die Botschaft der Osterzeit ist: Vertrauen wir dabei auf den auferstandenen Herrn und seinen Heiligen Geist, der totz mancher menschlicher Fehler in seiner Kirche, auch durch Papst und Bischöfe, wirkt. Vertrauen wir auf Christus, der in seiner Auferstehung den Tod und damit alles Böse und Schlechte überwunden hat und der uns durch seinen Heiligen Geist Einheit und tiefen Frieden schenken möchte - in Kirche und Welt, auch heute.

Zu den liturgischen Texten

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