Heilige Geistkraft statt Heiligem Geist? - Kritische Anmerkungen
Aus gegebenem Anlass einige Überlegungen, die zwar schon ungefähr ein Jahr alt sind, die ich aber noch immer für aktuell und wichtig halte:
Heilige Geistkraft statt Heiligem Geist?
Zwei Argumente gegen eine neue Begrifflichkeit
In letzter Zeit stößt man in kirchlichen Kreisen vermehrt auf die Bezeichnung „Heilige Geistkraft“ anstelle von „Heiliger Geist“ als Benennung der dritten göttlichen Person. Dabei ist festzuhalten, dass es durchaus theologische Gründe gibt, die gegen diese neue Begrifflichkeit sprechen. Im Folgenden möchte ich in zwei Anläufen kritische Anmerkungen dazu geben.
1. Ist die dritte Person männlich oder weiblich?
Um es vorwegzunehmen: Die Frage ist bewusst provokant und bereits in ihrer Formulierung falsch gestellt. Sie führt aber wohl auf jene Fährte, die auch Autoren leitet, die den neuen Begriff verwenden. Ganz einfach wird nämlich meist argumentiert, dass das hebräische Äquivalent zu „Heiliger Geist“ ja weiblichen Geschlechts sei und deshalb der Ausdruck „Heilige Geistkraft“ angemessener wäre.
Nun
stimmt es in der Tat: rûaḥ JHWH ist
eine weibliche Vokabel. Doch muss deshalb das deutsche Äquivalent zwingend das
gleiche Geschlecht aufweisen? Außerdem wird der Heilige Geist im Neuen
Testament, aus dem sich (natürlich auf Grundlage der Gotteserfahrung Israels …)
der christliche Trinitätsglaube entwickelt hat, als hágion pneûma, also mit neutralem Geschlecht, benannt. Wenn man
sich demnach schon auf das Geschlecht einer biblischen Vokabel stützen möchte,
warum dann ausgerechnet auf das Alte und nicht auf das Neue Testament?
Es liegt
wohl eher die Vermutung nahe, dass damit einer vermeintlichen
Geschlechtergerechtigkeit in der Sprache entgegengekommen werden soll.
Gemeinsam mit ähnlichen Bestrebungen wird dabei allerdings übersehen, dass das
grammatikalische Geschlecht (genus)
nicht unbedingt mit dem natürlichen Geschlecht (sexus) übereinstimmen muss (der
Garten wird wohl kaum ein Mann, die
Hütte keine Frau sein; und die Weinbergschnecke ist überdies ein Zwitter …). Und selbst wenn dem so wäre, wäre ein femininer
Begriff (Geistkraft) genauso problematisch wie ein maskuliner (Geist). Als Gott
hat Gott – und haben damit auch die drei göttlichen Personen – weder männliches
noch weibliches natürliches Geschlecht, weil die Kategorie sexus schlicht keine ist, die auf Gott anwendbar wäre. Wenn also
das genus eines Begriffs tatsächlich
den sexus einer Sache ausdrücken
wollte, dann wäre es im Falle Gottes am angemessensten, alle drei göttlichen
Personen mit grammatikalisch neutralen Begriffen bzw. einzig die zweite göttliche
Person in ihrer Menschwerdung mit einem Maskulinum zu bezeichnen.
Natürlich
ist dieser erste Ansatz kein zwingendes
Argument gegen die Verwendung des Begriffs „Heilige Geistkraft“. Es stellt sich
aber trotzdem die Frage nach dem theologischen oder sprachlichen Mehrwert der
Formulierung.
2. Der Heilige Geist als ansprechbares Du
Neben die
eher sprachlichen Anmerkungen im vorherigen Punkt möchte ich aber noch eine
zweite, schwerwiegendere Argumentation legen, nämlich die Frage, ob die neue
Begrifflichkeit der bezeichneten Sache besser oder wenigstens gleich gut
gerecht wird wie die alte.
Wichtig
erscheint mir in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, dass die dritte
göttliche Person (wie auch die erste und zweite) eine ansprechbare Person ist,
ein Du, an das ich mich wenden kann, und das sich mir in personaler Begegnung
zuwendet.
Nun ist zugegebenermaßen
die Rede vom Heiligen Geist, der noch dazu meist als Taube dargestellt wird,
auch nicht die beste Wahl, um auf diese „Du-Haftigkeit“ der dritten
göttlichen Person hinzuweisen. Allerdings dürfte es um einiges leichter fallen,
einen Geist oder sogar eine Taube als Du anzusprechen und wahrzunehmen als eine
ominöse Kraft oder Energie.
Weil die
Rede von der Geistkraft anstelle des Heiligen Geistes eher dazu beitragen
dürfte, die Personalität der dritten göttlichen Person, die ohnehin schon
schwer genug zu vermitteln ist, völlig zu untergraben und sich damit vom
christlichen trinitarischen Gottesbild zu entfernen, plädiere ich in diesem
zweiten Anlauf eindeutig dafür, den Begriff nicht zu benutzen!
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