Fronleichnam - Lj. C


Liebe Brüder und Schwestern!

Melchisedek brachte Brot und Wein heraus - so hören wir es in der ersten Lesung. Dieser Melchisedek ist eine rätselhafte Gestalt im Alten Testament. Er wird beschrieben als König von Salem, was später mit Jerusalem identifiziert wird, und als Priester des höchsten Gottes. Es ist das erste Mal in der Bibel, das jemand als "Priester" bezeichnet wird, noch lange bevor es das levitische Priestertum, den jüdischen Tempeldienst gegeben hat. Und mehr ist über ihn auch nicht bekannt.

Und die heutige kurze Lesung enthält uns auch vor, wie es zur Begegnung Abrahams mit Melchisedek überhaupt gekommen ist. Zuvor hatte sich Abraham von seinem Neffen Lot getrennt, um ihm die fruchtbareren Gebiete zu überlassen. Nun aber hört Abraham von Kriegen in dieser Gegend und er kommt, um Lot aus den Wirren des Krieges zu retten. Nachdem Abraham ein Sieg gelungen ist, kommt es schließlich zur Begegnung mit zwei Königen: dem König von Sodom und Melchisedek, dem König von Salem. Diese Könige möchten Abraham nun allerlei Kostbarkeiten zum Dank anbieten, weil er ihnen den Frieden gebracht hat. Doch Abraham lehnt ab. Es genügt ihm, Lot und seine Begleiter sicher zurückgewonnen zu haben.

Und hier, an dieser Stelle, mitten hinein in eine Geschichte von kriegerischen Auseinandersetzungen, setzt die heutige Lesung damit ein, dass Melchisedek, der König von Salem, Brot und Wein herausbringt - eine ganz übliche Geste der Gastfreundschaft im Nahen Osten der damaligen Zeit, ein Stück Normalität, ein Stück Routine und doch so viel mehr! Mitten in die kriegerische Auseinandersetzung hinein werden Brot und Wein zum Zeichen für Begegnung, ja für Frieden.

Liebe Brüder und Schwestern!

Die Begegnung von Abraham und Melchisedek steht im Kontext von Krieg und Gewalt. Aber diese Begegnung ist sozusagen ein Atemholen, ein Ausruhen, ein friedliches Intermezzo. Im Teilen von Brot und Wein werden Abraham und Melchisedek einander zum Segen - allen Widrigkeiten um sie herum zum Trotz.

Wenn wir Fronleichnam feiern, das Brot "herausbringen" wie Melchisedek - jenes Brot, das anders als das Brot des Melchisedek nicht nur einfaches Brot, sondern Gott selbst ist - dann möge das auch ein Segen sein, den wir uns und unserer Welt zusprechen. Ein Segen deshalb, weil es das ganz Normale ist, das Aufatmen in allen Schwierigkeiten, die unser Alltag mit sich bringen mag: das Bewusstsein, dass Gott mitten unter uns ist und uns begleitet - ganz besonders im Brot der Eucharistie, das er uns immer neu schenkt als Stärkung auf unserem Lebensweg.

Zu den liturgischen Texten

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