Pfingstsonntag - Am Tag, Lj. C., Vatertag

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Der zweite Sonntag im Juni wird in Österreich als Vatertag begangen. In anderen Gegenden ist der Vatertag an anderen Tagen, etwa am 19. März, dem Festtag des hl. Josef oder wie in Deutschland am Fest Christi Himmelfahrt, wenn Jesus bildlich gesprochen zu seinem Vater heimgeht.
Bei uns trifft es sich eben heuer, dass der Vatertag am Pfingstsonntag begangen wird. Wir sind eingeladen, unsere Väter zu ehren.
Passt das mit der Feier von Pfingsten, mit der Herabkunft des Hl. Geistes, zusammen?

Die Liturgie des Pfingstfestes hat als Besonderheit vor dem Evangelium einen langen Gesang, die sogenannte Sequenz "Veni Sancte Spiritus" - "Komm herab, o Heilger Geist", die wir vorhin gesungen haben.
Und in diesem Hymnus wird der Heilige Geist in der zweiten Strophe als Vater angerufen. In der Übersetzung, die wir gesungen haben, ist das nicht ganz deutlich. "Komm, der alle Armen liebt", hat es da geheißen. Im Original steht da eben: "Veni pater pauperum" - "Komm, Vater der Armen".
Eine ungewöhnliche Anrede für den Heiligen Geist: Vater!
Wenn der Pfingstsonntag in diesem Jahr aber auch der Vatertag ist, möchte ich das zum Anlass nehmen, diese Anrufung des Heiligen Geistes etwas zu betrachten:


Veni pater pauperum - Komm, Vater der Armen!

Zunächst die Anrede des Heiligen Geistes als Vater.
Spontan würden wir wahrscheinlich sagen: Das passt nicht. Der Vater ist die erste Person der göttlichen Dreifaltigkeit und nicht die dritte! Wird hier der Unterschied der Personen verwischt, wird das christliche Gottesbild vom einen Gott in drei Personen durch diese Anrede nicht verwässert?
Ich denke wir können uns sicher sein, dass der mittelalterliche Dichter der Sequenz das nicht damit ausdrücken wollte! Wie aber kommt er dazu, den Heiligen Geist Vater zu nennen?
Der Vater ist der, der typologisch für die Zeugung, für die aktive Weitergabe des Lebens steht, während die Mutter die Empfangende und Aufnehmende ist. Und so ist der Heilige Geist eben die Art und Weise, wie Gott in und an der Welt handelt. Gott im Heiligen Geist ist der Vater, die Welt ist die Mutter - wir sprechen ja auch von der Mutter Erde. In besonderer Weise ist es die Kirche, die die Gnaden des Heiligen Geistes empfängt und austeilt. Wenn wir davon sprechen, dass die Kirche unsere Mutter ist, die uns in der Taufe zu neuem Leben gebiert, dann ist es nur folgerichtig, den Heiligen Geist Vater zu nennen: Unser Leben als Christen entsteht bildlich gesprochen aus der Vermählung des Heiligen Geistes und der Kirche. Wir sind als Kirche auf den Heiligen Geist angewiesen, wir können nichts von dem, was uns als Kirche ausmacht, aus eigener Kraft tun. "Ohne dein lebendig Wehn kann im Menschen nichts bestehn", heißt es an anderer Stelle in der Sequenz.
Alle Lebensbereiche von Kirche, Verkündigung, tätige Nächstenliebe und Gottesdienst, müssen sich dieser Frage stellen: Handeln wir aus uns selbst heraus oder wollen wir Werkzeuge des Heiligen Geistes sein? Nur wenn wir ihm als Vater die Hauptrolle überlassen, können wir als Kirche in Wahrheit überzeugen und glaubwürdig sein, denn wir wissen, wie unvollkommen Menschen, leider gerade auch Menschen im kirchlichen Dienst sein können.

Liebe Brüder und Schwestern!
Damit komme ich bereits zu einem zweiten Punkt: Der Heilige Geist wird als Vater der Armen, als pater pauperum angerufen.
Damit ist nicht einfach nur materielle Armut gemeint. "Arm" ist hier viel umfangsreicher zu sehen. Alles, was in irgendeiner Weise einen Mangel darstellt, ist "arm". Da zählen sicher auch moralische Unvollkommenheiten, kleine und größere Schwächen von Menschen, dazu.
Und gerade in diesen Bereichen möchte der Heilige Geist Vater sein, möchte er uns zur Seite stehen, wie es gute Väter, und auch Mütter, eben tun, die ihre Kinder zu verantwortungsbewussten und selbständigen Teilen der Gesellschaft erziehen.
Jesus nennt den Heiligen Geist in den Abschiedsreden, aus denen wir im Evangelium gehört haben, nicht umsonst den "Beistand", den "Advokaten", den, der für uns eintritt.
Dort, wo wir als Menschen nicht weiterwissen und weiterkönnen, dort will Gott uns im Heiligen Geist beistehen. Wo wir an unserer menschlichen Begrenztheit scheitern, dort eröffnet er uns die Allmacht Gottes. Wenn die Apostel beispielsweise auf ihre sprachlichen Kenntnisse angewiesen sind, um die Botschaft Jesu zu verkünden, ist es der Heilige Geist, der durch ein Wunder sämtliche Sprachbarrieren aus dem Weg räumt, wie wir es in der Lesung aus der Apostelgeschichte gehört haben.
Der Heilige Geist ist pater pauperum - Vater der Armen, Beistand in unseren Unvollkommenheiten und Schwächen.

Liebe Brüder und Schwestern!
Die Sequenz legt uns bei der Anrufung des Heiligen Geistes als pater pauperum noch das kleine Wort "veni" in den Mund: "Komm, Vater der Armen".
Diese Bitte "Komm, Heiliger Geist" durchzieht die Pfingstliturgie wie ein cantus firmus. Immer wieder bitten wir um das Kommen des Heiligen Geistes. Zum Beispiel auch im Hallelujavers vor dem Evangelium, wo es vorgesehen ist, sich zu den Worten "Komm, Heiliger Geist" hinzuknien, um die Inständigkeit dieser Bitte auch körperlich zum Ausdruck zu bringen.
Der Heilige Geist ist Vater der Armen. - Jeder von uns hat seine Schwächen und weiß wahrscheinlich selber am besten, wo er den Beistand Gottes im Heiligen Geist braucht. Und diese kindliche Bitte "Komm! - Komm schon! Hilf mir doch!" soll uns in Fleisch und Blut übergehen.

Liebe Väter!
Wenn Ihre Kinder zu Ihnen sagen: "Geh Papa, komm! Erlaube mir doch dieses oder jenes! Hilf mir doch bei dem oder dem! Komm schon!" - wie oft haben Sie sich da schon erweichen lassen?
Und so dürfen wir eben auch den Heiligen Geist als pater pauperum, als Vater der Armen immer wieder vertrauensvoll anrufen, wenn wir seine Hilfe brauchen.
Das kommt auch in den vielen Bitten der Sequenz zum Ausdruck, die diesen Hymnus abschließen:
"Was befleckt ist, wasche rein, Dürrem gieße Leben ein, heile du, wo Krankheit quält. / Wäre du, was kalt und hart, löse, was in sich erstarrt, lenke, was den Weg verfehlt. / Gib dem Volk, das dir vertraut, das auf deine Hilfe baut, deine Gaben zum Geleit. / Lass es in der Zeit bestehn, deines Heils Vollendung sehn und der Freuden Ewigkeit."

Zu den liturgischen Texten
(Von den Auswahltexten beim Evangelium beziehe ich mich auf Joh 14)

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Heilige Geistkraft statt Heiligem Geist? - Kritische Anmerkungen

17. Sonntag i. Jkr. - Lj. A