Ostersonntag - Am Tag


Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Wie ist das bei Ihnen zu Hause? Halten Sie um diese Jahreszeit herum eigentlich einen Frühjahrsputz? - Nach dem Winter alles einmal entrümpeln, putzen und vor allem durchlüften, die frische Frühjahrsluft in die Wohnung lassen.

Und wenn Sie jetzt mit "Ja" antworten, wissen Sie eigentlich, dass Sie damit in guter biblischer Tradition stehen und das jährliche Frühjahrs-Putz-Ritual sogar etwas mit Ostern zu tun haben kann?

Unser deutsches Wort Ostern verrät es nicht, aber unser Osterfest hat mit dem jüdischen Pessach- oder Pascha-Fest zu tun. In den romanischen Sprachen ist dieser Zusammenhang deutlicher, wenn die jüdische Festbezeichnung einfach auch für das chrisltiche Fest übernommen wird: pascha (lateinisch), pasqua (italienisch), pâches (französisch), pascua (spanisch).

Das jüdische Paschafest ist die Erinnerung an den Auszug aus Ägypten - darum gehört ja auch die Lesung vom Durchzug durch das Rote Meer ganz zentral zur Feier der Osternacht dazu. Es ist die Erinnerung an die Errettung aus Abhängigkeit und Sklaverei hinein in ein neues Leben der Freiheit und Selbstbestimmtheit als Volk. Darum gipfelt der Auszug aus Ägypten ja auch in der Gabe des Gesetzes, woran am jüdischen Pfingstfest sieben Wochen nach Pascha erinnert wird. 

Die Feier des Paschamahles zu biblischen Zeiten ist geprägt vom Paschalamm, das im Kreis der Familie gegessen wird. - Nach der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 n. Chr. ist das für heutige Juden nicht mehr möglich, weil die Lämmer eben nicht mehr rituell geschlachtet werden können. Aber an das eigentliche Paschafest schließt sich das eine Woche lang dauernde Fest der Ungesäuerten Brote an. In dieser Zeit wird nichts gegessen, das mit Sauerteig oder anderen Treibmitteln zubereitet wird - auch in Erinnerung an den Auszug aus Ägypten, der so überraschend kam, dass die Israeliten keine gesäuerten Brote mehr backen konnten. Am Vorabend des Festes der ungesäuerten Brote wird in jüdischen Familien bis heute das Haus durchsucht, um alle möglichen alten Speisen, die Sauerteig, Germ oder andere Treibmittel enthalten, zu entfernen. - Für viele jüdische Familien eben eine Gelegenheit für einen gründlichen Frühjahrsputz ...

Liebe Brüder und Schwestern!

In der zweiten Lesung haben wir heute gehört, wie der hl. Paulus sich auf diese jüdischen Paschabräuche bezieht. Er sagt: "Als unser Paschalamm ist Christus geopfert" - das eigentliche Pascharitual, das Essen des Paschalammes, fällt damit für uns Christen weg. Für uns nimmt Jesus die Stelle dieses Lammes ein. Er ist der, der ein für allemal geopfert wurde, um uns durch sein Blut die Freiheit zu bringen - und zwar eine noch viel größere Freiheit als die Freiheit von der Sklaverei in Ägypten; es geht um die Freiheit vom Tod, positiv formuliert: um die Freiheit zum Leben. Wir sind frei, unser Leben mit ihm zu gestalten - und selbst der Tod hindert uns nicht daran, weil uns ewiges Leben verheißen ist. 

Unser Leben mit ihm gestalten - genau da hakt Paulus ein mit dem zweiten Paschabrauch, mit dem Fest der Ungesäuerten Brote, wenn er sagt: "Schaff den alten Sauerteig weg!" Es geht ihm hier nicht darum, dass wir - wie in den jüdischen Familien - einen Frühjahrsputz veranstalten sollen, um alte Brotreste zu suchen. Es geht ihm vielmehr darum, dass wir selber "neuer Teig" sind. So wie der Sauerteig den Brotteig durchsäuert und aufgehen lässt, so kann es eben auch bei uns noch Reste geben, die uns "aufgebläht" sein lassen. Wenn wir ernst damit machen, dass Christus unser Paschalamm ist, dass wir durch ihn ein neues Leben beginnen dürfen, dann darf es nichts mehr geben, das uns an das alte Leben bindet, dann muss alles durch und durch von ihm bestimmt sein. So sagt Paulus dann eben: "Lasst uns das Fest feiern mit den ungesäuerten Broten der Aufrichtigkeit und Wahrheit!"

Liebe Brüder und Schwestern!

Wie halten wir es mit dem Frühjahrsputz? Es ist nichts dagegen einzuwenden, das Haus oder die Wohnung auf Vordermann zu bringen. Aber wichtiger noch wäre es, uns selbst im Blick zu behalten, ob es nicht da oder dort noch die eine oder andere Stelle gibt, wo wir aufräumen können. Ostern dürfen wir als Fest des Frühjahrsputzes betrachten, weil Jesus uns die Kraft gibt, in sein neues Leben einzutauchen - ganz frisch und sauber. Darauf sollten wir uns in der Fastenzeit vorbereiten, nicht zuletzt auch durch eine gute, ehrliche Osterbeichte; aber - kleiner Tipp - es ist auch nach Ostern noch nicht zu spät für einen gründlichen Frühjahrsputz!

Zu den liturgischen Texten

(Von den Auswahl-Texten für die Zweite Lesung beziehe ich mich auf 1 Kor 15)

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