Zweiter Sonntag nach Weihnachten

Liebe Brüder und Schwestern!

Was zeichnet Weihnachten in unserer Gesellschaft aus?

Für viele Menschen ist Weihnachten das Fest der Gefühle. Von Weihnachtsstimmung oder ähnlichem ist oft die Rede. - Dieses Jahr ist vieles davon anders gewesen.

Für viele Menschen ist Weihnachten ein Fest, das spätestens am 26. Dezember wieder vorbei ist. - Das ist auch dieses Jahr so gewesen.

Von beidem - der romantischen Stimmung und dem baldigen Ende von Weihnachten - weiß die Liturgie der Kirche eigentlich nichts. Wir stehen noch immer in der Weihnachtszeit und zum dritten Mal in der Weihnachtszeit steht heute der Beginn des Johannesevangeliums in der Leseordnung (einmal am Weihnachtstag selbst, einmal am 31. Dezember und eben heute). Wer etwa in diesem Text die traute Weihnachtsstimmung zu finden sucht, der wird bald daran verzweifeln. Ja, natürlich ist die Rede vom Licht, das in der Finsternis leuchtet, aber eben auch davon, dass Gott in sein Eigentum kommt und nicht aufgenommen wird.

Liebe Brüder und Schwestern!

Weihnachten und die Weihnachtszeit müssen heuer anders gefeiert werden als gewohnt. Und nein, ich stimme jetzt nicht ein in den vielstimmigen Chor, der in den letzten Wochen oft zu hören war, dass das eine Chance sei, den wahren Sinn von Weihnachten zu erkennen. Ich werde nichts schönreden an einer Situation, die ich nur mit einem Wort beschreiben könnte, das ich hier in der Kirche eigentlich nicht sagen möchte. Und trotzdem: Vielleicht bringt uns das Weihnachtsfest unter nicht optimalen Zuständen gerade so näher zu dem, was Weihnachten ist und sein will. Wie gesagt, es geht nicht darum, etwas schönzureden: Die Situation ist so wie sie ist. Aber war sie das nicht auch für Maria und Josef, als sie in Bethlehem keine Herberge gefunden haben; ist sie das nicht auch heute noch für Gott, wenn er "in sein Eigentum" kommen möchte und die Seinen ihn nicht aufnehmen? Ja, man braucht nichts schönzureden, weil Weihnachten von sich aus auch diesen Aspekt des Unheilen in sich trägt.

Ist Weihnachten am Ende also - nicht nur in der aktuellen Situation, sondern immer - gar kein Grund zur Freude? Ganz sicher nicht, denn die Botschaft ist ja gerade die, dass aus diesem Unheil am Ende doch das Heil wird: "Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden".

Liebe Brüder und Schwestern!

An Weihnachten, und gerade in einer Weihnachtszeit, die wir als alles andere als schön, stimmig oder heimelig erleben, strahlt die Hoffnung auf, von der die ganze christliche Botschaft durchdrungen ist.

"Wer hätte das vermeint! aus Finsternis kommts Licht, / Das Leben aus dem Tod, das Etwas aus dem Nichts."

So fasst es der berühmte Dichter Angelus Silesius zusammen. Gott ist es, der die Welt aus dem Nichts schafft. Er kann auch in der Finsternis das Licht erstrahlen lassen. Und er kann sogar aus dem Tod das Leben erstehen lassen. Insofern steuern wir - gerade in dieser unheilen Weihnachtszeit - dem endgültigen Sieg des Lichtes über die Finsternis entgegen, wird es ganz gewiss auch heuer zu Ostern, am Fest der Auferstehung, unter welchen Umständen auch immer heißen: Lumen Christi - Licht von Christus, das die dunkle Nacht hell macht.

Wir leben in einer Welt, in der es noch das Dunkel gibt. Wir erleben eine Situation, die wir ehrlicherweise nur mit Worten beschreiben können, die wir lieber nicht in den Mund nehmen. - Und gerade da feiern wir Weihnachten, feiern wir das "Trotzdem" und "Gerade-Jetzt" Gottes:

"Wer hätte das vermeint! aus Finsternis kommts Licht, / Das Leben aus dem Tod, das Etwas aus dem Nichts."


Zu den liturgischen Texten

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