29. Sonntag i. Jkr. - Lj. B (in Scheibbs vorverlegter Weltmissionssonntag)

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

In der Klosterkirche wird die hl. Messe heute als Familienmesse gefeiert. Dabei ist ein "Anspiel" zum Evangelium mit Kindern vorbereitet worden. Und ich habe mir gedacht, diese Gedanken könnten doch auch uns hier in der Pfarrkirche eine Hilfe für das Verstehen des heutigen Evangeliums sein.

Diese szenische Darbietung, die das Evangelium ins Heute transferieren möchte, beginnt damit, dass die Putzfrau Rosi mit Kübel, Aufreibfetzen, Staubwischer, Besen und Schaufel in den Altarraum kommt und dort beginnt zusammenzukehren.

Nach einiger Zeit kommt dann der Lektor Peter mit dem Lektionar herein, legt es auf den Ambo und redet die Putzfrau an: "Das machst du gut, liebe Rosi; das war auch schon mal dringend wieder notwendig! Aber könntest du bitte jetzt woanders putzen? Ich muss hier jetzt nämlich das Vorlesen üben, es beginnt ja gleich der Gottesdienst. Und das ist eindeutig wichtiger!"

Die Rosi sieht das gar nicht ein. Schließlich ist es doch auch wichtig, dass alles schön geputzt ist; in einer dreckigen Kirche möchte doch auch niemand Gottesdienst feiern! Doch der Lektor Peter bleibt dabei: "Es ist bei uns so wie überall: Es gibt Chefs und es gibt Befehlsempfänger. Und du weißt hoffentlich, zu welcher Gruppe du gehörst, wenn du hier bei uns bloß putzt!"

Die Szene spitzt sich weiter zu, als Organist und Ministrant kommen. Denn auch diese beiden sind davon überzeugt, dass ihre Aufgaben wichtiger sind. Ein Gottesdienst ohne Musik würde uns wohl kaum in der Tiefe ansprechen; und der Ministrant steht schließlich am nächsten zum Priester und zum Altar - von daher liegt es doch auf der Hand, dass er der wichtigste ist!

Jetzt reicht es Rosi aber, sie geht zum Ambo und beinnt im Lektionar den Evangeliumsabschnitt zu lesen, den wir gerade auch gehört haben: "Bei euch soll es nicht so sein ... wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein".

Nun wissen Lektor, Organist und Ministrant nichts mehr zu sagen. Sie greifen nach den Putzutensilien und helfen Rosi beim Putzen!

Liebe Brüder und Schwestern!

Diese anschauliche Szene ist sicher nicht nur etwas für Kinder. Sie kann für uns eine Art Gewissenserforschung werden. Ja, es gibt auch bei uns die Versuchung, dass jeder besser, wichtiger, größer sein mag - in der Familie, in der Schule, am Arbeitsplatz, unter Kollegen und Freunden, ja leider auch in der Kirche. Und es stimmt sicher, dass jeder seine eigene, ganz besondere Aufgabe hat, die vielleicht tatsächlich wichtiger oder weniger wichtig erscheinen mag. Aber daraus eine Rangordnung abzuleiten im Sinne von "weniger wichtig = entbehrlich = der- oder diejenige ist nichts wert", das widerspricht dem Geist des Evangeliums, das widerspricht letztlich dem Wesen der Kirche, die zwar sehr wohl hierarchisch, d.h. wohl geordnet, aufgebaut ist, in der aber jeder gleich viel wert ist, unabhängig von Stand oder Aufgabe.

In der Pfarre Scheibbs begehen wir heute, eine Woche vorgezogen, den Weltmissionssonntag. Und wenn dieses Thema mit dem heutigen Evangelium zusammenfällt, hat das auch eine wichtige Aussage. Nämlich eine Aussage, die auch Papst Franziskus nicht müde wird, immer wieder zu betonen: Die Mission, die Verkündigung der Frohen Botschaft von Jesus Christus, ist Aufgabe von uns allen, unabhängig davon, welchen konkreten Beitrag wir dazu leisten, sei es als Priester, als Diakon, Pastoralssistent, als Mitglied im Pfarrgemeinderat, auf eine andere ehren- oder hauptamtliche Weise oder ganz einfach als gläubiger Mensch, der mitten im Leben Zeugnis für Christus gibt. Alles ist notwendig, aber eine Rangordnung daraus abzuleiten, welcher Dienst wichtiger oder welcher gar entbehrlich ist - das ist nicht förderlich für die Mission, für die Ausbreitung des Evangeliums!

Liebe Brüder und Schwestern!

So fordert uns das Evangelium auf, nicht die Unterschiedlichkeit der Aufgaben, Dienste und Ämter in der Kirche einzuebnen, aber sie in einem Geist des Miteinanderes und der Komplementarität auszuüben. So werden wir schließlich mit- und füreinander unseren Beitrag zur großen Mission der Kirche leisten können.

Das heutige Evangelium bietet uns dazu ein großes Vorbild an: Jesus Christus selbst. Er, der menschgewordene Sohn Gottes, dem tatsächlich unbestreitbar der höchste Rang zukommt, hat sich selbst klein und zum Diener aller gemacht. Ja, er hat alles gegeben, was er konnte, zuletzt sogar sein Leben. - Wenn wir es ihm gleichtun, dann können wir Rangstreitigkeiten in unseren verschiedensten Lebensbereichen überwinden; dann werden solche Streitigkeiten uns nicht hemmen in unserer missionarischen Aufgabe, sondern sich auflösen in ein fruchtbares Miteinander; dann werden - um im Bild zu bleiben - auch Lektor, Organist und Ministrant nicht darum streiten, ob ihre Dienste wichtiger sind als die der Putzfrau, sondern bereitwillig auch zum Besen greifen und das Ihre beitragen.

Zu den liturgischen Texten

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