2. Adventsonntag - Lj. A

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Zweimal ist in den Schrifttexten des heutigen zweiten Adventsonntags von einem Baum die Rede:

  • Im Evangelium mahnt Johannes der Täufer in seiner Bußpredigt mit dem Bild von einem Baum, der gefällt wird, weil er keine Früchte trägt, zur Umkehr.
  • Und in der ersten Lesung begegnet uns beim Propheten Jesaja das berühmte Bild vom abgestorbenen Baumstumpf, aus dem ein neuer Trieb zu sprossen beginnt.

Zwei ganz unterschiedliche Bilder: einmal radikales Ende - der Baum wird umgehauen und ins Feuer geworfen; und einmal unverhoffter Neubeginn - der neue Trieb aus dem alten Baumstumpf. - Und doch haben die beiden Bilder miteinander zu tun.

Beide Male geht es darum, wie Gott in die Geschichte eingreift:

Im 8. Jahrhundert vor Christus findet der Prophet Jesaja wahrlich keine glückliche Situation vor: Krieg, Belagerung, Untergang des Nordreiches Israel, die ständige Bedrohung durch die Großmachtambitionen des assyrischen Königs, und dazu noch ein eigener König von Juda, der sich auf unsichere Koalitionen einlassen möchte. - Mit einem Wort: Die Zukunft, vor der Jesaja steht, sieht ganz und gar nicht rosig aus. - Und mitten in diese prekäre Situation hinein sieht er das Bild des Eingreifens Gottes: "Aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor" - oder, wie wir im Weihnachtslied singen: "Es ist ein Ros' entsprungen aus einer Wurzel zart, wie uns die Alten sungen, von Jesse kam die Art". Isai - oder in der lateinischen Version: Jesse - ist der Vater des Königs David gewesen. Damit wird angeknüpft an die "vorkönigliche" Zeit in Israel, als Gott selbst der König seines Volkes war - aus diesem alten Wurzelstock sprosst ein neuer Trieb: Gott wird sich seines Volkes wiederum annehmen und es aus seiner prekären Situation befreien.

Und dann das andere Bild: Der kommende Messias, den Johannes der Täufer ankündigt, hat bereits die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt. Und was keine gut Frucht bringt, wird er radikal austilgen, umhauen und ins Feuer werfen. - Ein Bild, das wohl für sich spricht.

Liebe Brüder und Schwestern!

Die Botschaft des zweiten Adventsonntags stellt uns diese beiden Bilder nebeneinander und will uns wohl beides ans Herz legen:

Mit dem Evangelium werden wir gemahnt und daran erinnert, dass unser Tun und Lassen Konsequenzen hat. Wenn der Retter kommt, wenn Jesus bei uns an die Tür klopft, dann wird das auch ein Reinigungsprozess sein, in dem alles Schlechte und Böse ausgetilgt wird - ein Reinigungsprozess, der durchaus auch schmerzhaft sein kann. Insofern ruft uns das Evangelium auf zur Umkehr, zur bewussten Hinwendung unseres Lebens zum Guten.

Und andererseits gilt uns die große alte Verheißung: Gott nimmt sich unser an, wie er sich einst seines Volkes Israel angenommen hat, auch wenn wir darniederliegen wie ein alter morscher Baumstumpf.

Wenn wir beides zusammensehen, können wir sagen: Er, der die Axt in der Hand hält, um dem Bösen auch in uns ein radikales Ende zu setzen, ist auch der, der neues Leben hervorzubringen vermag, das gute Frucht bringt. - Ein Erneuerungsprogramm, das nicht nur passiv an uns geschieht: Wir sind selbst aufgefordert, bei diesem Erneuerungsprogramm Gottes an uns mitzuwirken.


Zu den liturgischen Texten

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