Weihnachten

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Die Internet-Suchmaschine Google hat vor einigen Tagen ihren Jahresrückblick veröffentlicht: eine Statistik, welche Suchbegriffe dieses Jahr am meisten eingegeben wurden. Was denken Sie, ist dabei in Österreich auf Platz 1 gelandet? ...

Nun, vielleicht haben es einige von Ihnen erahnt: Platz 1 der Google-Suchanfragen, die 2022 in Österreich registriert worden sind, lautet "Ukraine". Weltweit schafft es dieser Suchbegriff immerhin auf Platz 3.

Die Ukraine - ein Land, das aufgrund des Krieges, der dort herrscht, die Welt bewegt. Krieg und Frieden - ein Dauerbrenner unter den Themen, die gesellschaftliche Relevanz für sich beanspruchen dürfen. Und in dieser Stimmung, die wohl prägend für das Jahr 2022 ist, verkünden die Engel im Evangelium der Heiligen Nacht auch heuer wieder die alte Weihnachtsbotschaft: "Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens". - Man könnte da schon auf die Idee kommen, zu fragen: Passt das? Passt diese Botschaft in eine Welt, die doch noch immer, 2000 Jahre später, geprägt ist von Krieg und Gewalt?

Liebe Brüder und Schwestern!

Wahrscheinlich haben so ähnlich aber auch schon vor 2000 Jahren die Leser des Lukasevangeliums gefragt. Und der Evangelist spielt geradezu mit diesem Wort vom Frieden. Denn Frieden - das ist etwas, das schon damals so mancher versprochen hat; allen voran der römische Kaiser Augustus, der ja bezeichnenderweise auch im Weihnachtsevangelium genannt wird. Die pax romana war das große Friedensprojekt dieses Kaisers. Die ganze Welt sollte befriedet werden. Doch wie dieser Friede z.B. in Palästina aussah, hat wenig mit den positiven Assoziationen zu tun, die das Wort Friede weckt: Unterdrückung, Besatzung, Eingliederung ins Imperium, keine unabhängige Regierung, Unterwerfung unter den allmächtigen und vergöttlichten Kaiser in Rom.

Vor diesem Hintergrund verstehen wir die Weihnachtsbotschaft vielleicht anders und durchaus aktuell auch für unsere heutige Zeit: In eine Stimmung hinein, in der der römsiche Kaiser als "Retter" und "Befrieder" auftritt, dessen Regierung in Unterdrückung besteht, verkünden die Engel den Hirten die Geburt eines anderen "Retters" und eines anderen "Friedens": ein kleines Kind, in ärmlichen Verhältnissen geboren, in Windeln gewickelt - hilflos, schutzbedürftig, in eine Futterkrippe gelegt, im wahrscheinlich nicht gerade wohlriechenden Stall. - Die Botschaft von Weihnachten ist: Nicht aus Rom, aus der Unterwerfung unter die vermeitliche Allmacht eines Großen, kommt der wahre Friede, sondern von diesem Kind, das in Wahrheit der Große ist, der nicht davor zurückschreckt, sich klein zu machen, der niemanden zwingt, der - wie es am Beginn des Johannesevangeliums heißt - "in sein Eigentum" kam, "aber die Seinen nahmen ihn nicht auf".

Liebe Brüder und Schwestern!

Dieser Friede, den die Engel vor 2000 Jahren bei der Geburt Christi verkündet haben, kann auch heute Realität sein. Er ist nicht abhängig davon, dass nach außen Frieden herrscht - auch wenn wir das zurecht ersehnen dürfen, so wie es auch schon damals die Sehnsucht der Menschen gewesen ist, von der römischen Besatzung frei zu sein. Doch der Friede, der von der Krippe ausgeht, ist ein tieferer Friede. Er besteht darin, dass man beim Kind von Betlehem mit sich selbst, mit Gott und mit den Nächsten ins Reine kommen kann. Der äußere Friede wird, solange wir noch auf Erden leben, wohl immer zwei Seiten haben: Es wird die Gewinner geben und die Verlierer, so wie die pax romana für die Menschen in der Peripherie des Reiches in Unterdrückung und Abhängigkeit bestanden hat. Der tiefe, innere Friede, den Weihnachten schenken will, ist anders: Hier gibt es keine Verlierer, sondern nur Gewinner. 

Das Kind in der Krippe schenkt mir Frieden mit mir selbst, weil ich mich - in all meiner Schwäche - von ihm angenommen wissen darf.

Das Kind in der Krippe schenkt mir Frieden mit Gott, weil er selbst es ist, der in die Widrigkeiten dieser Welt eintritt.

Das Kind in der Krippe schenkt mir Frieden mit meinen Nächsten, weil es mich dazu drängt, es ihm gleich zu tun und jeden Menschen um seiner selbst willen anzunehmen und zu bejahen.

Liebe Brüder und Schwestern!

Ich habe eingangs von der Google-Statistik für 2022 gesprochen. Platz 1 der Suchanfragen war "Ukraine". Ja, wir dürfen und sollen uns nach Frieden in der Ukraine und in den anderen Kriegsgebieten der Welt sehnen. Wir dürfen sozusagen nach diesem Frieden suchen. Vielleicht ein Vorsatz für 2023, der dazu beitragen kann, diesen Frieden auch zu finden: Suchen wir nicht nur im Internet danach, sondern suchen wir das Kind in der Krippe, suchen wir Jesus, der uns seinen tiefen Frieden schenken möchte - ganz ohne Bedingungen und Verhandlungen!

Zu den liturgischen Texten (In der Nacht; Am Tag)

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