6. Ostersonntag - Lj. A

 


Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

"Die Hoffnung stirbt zuletzt!"

Ich bin mir sicher, jeder von uns hat schon einmal Situationen erlebt, wo er diesen Satz gesagt hat oder sich wenigstens an dieses Sprichtwort erinnert hat. "Die Hoffnung stirbt zuletzt!" – Eine Weisheit, über die wir durchaus auch im christlichen Kontext nachdenken können. Hoffnung meint eben das Bewusstsein einer Möglichkeit, dass eine Sache - vielleicht auch gegen alle Wahrscheinlichkeit - doch noch zu einem guten Ausgang kommt. Insofern ist es tatsächlich die Hoffnung, die zuletzt stirbt, die als letztes vergeht. Und sie vergeht entweder dadurch, dass sie reine Hoffnung geblieben ist, die sich nicht erfüllt, oder eben dadurch, dass sie eintritt - denn auch dann ist es keine Hoffnung mehr, sondern sie ist wahr geworden, keine reine Möglichkeit mehr, sondern Realität.

Liebe Brüder und Schwestern!

In der zweiten Lesung des heutigen Sonntags ist auch von der Hoffnung die Rede gewesen. Der Autor des ersten Petrusbriefes mahnt uns:

"Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt" (1 Petr 3,15)

So heißt der Satz in der neuen Einheitsübersetzung: Wir sollen Rechenschaft ablegen über die Hoffnung, die uns erfüllt. Wenn man den griechischen Text liest, enthält dieser Satz noch eine weitere Dimension, wenn es dort heißt, man soll über den Logos der Hoffnung, die uns erfüllt, Auskunft geben - man könnte übersetzen: über den Sinn der Hoffnung. Aber der Reihe nach!

Das erste, was ich zu diesem kurzen Satz festhalten möchte, ist, dass anscheinend damit gerechnet wird, dass Christen angefragte Menschen sind. Sie werden angefragt, von ihnen wird Rechenschaft verlangt - und zwar über den Sinn ihrer Hoffnung. Das heißt doch, dass man es den Christen ansehen muss, dass sie hoffnungsvolle Menschen sind. Ich denke, dass das eine erste wichtige Lektion für uns sein kann bzw. auch eine Anfrage: Wie schaut es mit meiner christlichen Hoffnung aus? Bin ich solch ein Mensch, dem man seine Hoffnung ansieht? Wie drückt sich diese Hoffnung in meinem Leben aus? Oder bin ich immer am Schwarzmalen, am Kritisieren? Gerade in kirchlichen Angelegenheiten: Sehe ich Hoffnung, die ja per se immer in die Zukunft gerichtet ist? Oder gehöre ich zu denen, die den Untergang der Kirche vorhersehen, die sich in eine Vergangenheit flüchten wollen, wo vermeintlich noch alles in Ordnung war?

Also, liebe Brüder und Schwestern, erste Lektion für heute: Christen müssen Hoffnungsträger sein! Zunächst einmal jeder für sich, dann aber auch so, dass diese Hoffnung ausstrahlt, dass man es uns ansieht, dass wir Hoffnung auf Zukunft haben - möglicherweise auch gegen alle Prognosen und Vorhersagen, die uns anderes weismachen wollen.

Aber, wie bereits angedeutet, noch ein zweiter Punkt. Denn reine Hoffnung als solche gibt es nicht. Wenn sie sinnvoll sein will, dann muss es sich um eine reale Möglichkeit handeln. Und wenn wir den Text des ersten Petrusbriefes im griechischen Original anschauen, ist es genau das, worüber wir bereit sein sollen, Auskunft zu geben: über den Logos, über den Sinn unserer Hoffnung.

Was macht unsere christliche Hoffnung aus? Was ist es, das hinter dem unbeschwerten Dasein des Christen steht? Was gibt uns die Kraft, selbst in schwierigen Situationen nicht zu verzweifeln, sondern die Hoffnung aufrechtzuerhalten? - Es geht hier wohlgemerkt nicht um das, was ich als vorletzte Hoffnungen bezeichnen möchte, um verschiedene "Einzel-Hoffnungen" auf dieses oder jenes: auf den unwahrscheinlichen Lottogewinn; auf die gute Schulnote, obwohl man nicht genug gelernt hat; auch nicht um die Hoffnung auf die Heilung von einer schweren Krankheit. Nein, hier geht es um noch fundamentaleres: Was ist der letzte Grund aller Hoffnung?

Liebe Brüder und Schwestern!

Als Christen dürfen wir eine ganz einfache Antwort darauf geben: Der Sinn, der Logos unserer Hoffnung ist Gott selbst, der der ewige Logos, die ewige Sinnhaftigkeit unseres Daseins ist und diese garantiert - um mit diesem Wort "Logos" etwas zu spielen, von dem es am Beginn des Johannesevangeliums heißt: "Im Anfang war der Logos und der Logos war bei Gott und der Logos war Gott." - Und das ist kein reines Gedankenkonstrukt, denn - wie es im Johannesevangelium weiter heißt: "Und der Logos ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt." - Jesus Christus ist der fleischgewordene Logos unserer Hoffnung: anfassbar, berührbar, sichtbar, eben kein Gedankenkonstrukt, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut, an dem wir denn Sinn unserer Hoffnung festmachen können.

"Die Hoffnung stirbt zuletzt!"

Wenn wir Christus als Grund unserer Hoffnung haben, dürfen wir sogar noch einen Schritt weitergehen und sagen:

"Die Hoffnung stirbt nie!"

Denn er hat dieses Sterben schon hinter sich. Die letzte Hoffnungslosigkeit des Menschen hat er am Kreuz bereits durchlitten, als er sozusagen in den Chor der Hoffnungslosen eingestimmt und gerufen hat: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Aber er ist eben nicht im Tod geblieben, die Hoffnung ist nicht tot, sondern sie lebt, weil Jesus Christus lebt.

Zu den liturgischen Texten

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