"Ich glaube - Wir glauben" - 1700 Jahre Glaubensbekenntnis von Nizäa
Liebe Brüder und Schwestern!
Seit ungefähr zwei Monaten sprechen wir in unserem Pfarrverband anlässlich des Jubiläumsjahres Sonntag für Sonntag das Große Glaubensbekenntnis. In der Fastenzeit habe ich mir nun vorgenommen, jeden Sonntag über einen Artikel dieses Bekenntnisses zu sprechen, das dieses Jahr 1700 Jahre alt wird.
Aber zunächst einmal die Frage: Was heißt es überhaupt, dass wir unseren Glauben bekennen? Nun, etwas salopp könnten wir sagen: Wir stehen zu unserem Glauben. Wir "outen" uns als Menschen, die diesen Glauben teilen. - Doch was bedeutet es eigentlich, wenn wir da Woche für Woche sagen: "Wir glauben an den einen Gott"?
Glaube - ein Wort, das wir in unserer alltäglichen Sprache verschieden verwenden: Ich glaube, dass morgen die Sonne scheinen wird; ich glaube, heute wird es etwas Gutes zu essen geben; ich glaube, ich habe jetzt verstanden, worauf mein Gesprächspartner hinausmöchte; ... - in all diesen Fällen können wir "glauben" auch durch "vermuten" oder "meinen" ersetzen. Glauben also als etwas, das im Gegensatz zur absoluten Gewissheit ins Reich der Wahrscheinlichkeiten gehört. Wenn wir sagen: "Wir glauben an Gott" - Wollen wir dann das damit ausdrücken? Wollen wir wirklich sagen: Wahrscheinlich existiert Gott, aber sicher bin ich mir nicht? - Lassen wir die Bedeutung von "glauben" als "meinen" und "vermuten" einmal so stehen.
Denn in unserer alltäglichen Sprache verwenden wir das Wort "glauben" zwar meist in diesem Sinn, aber es gibt durchaus auch andere Verwendungsmöglichkeiten. Wenn jemand zu mir sagt: "Ich glaube dir", dann kann das zwar oberflächlich auch einfach heißen: "Ich vermute, dass du die Wahrheit sagst", aber es steckt doch auch eine persönliche Note darin: "Ich glaube dir" heißt "Ich vertraue dir". Und mit nochmals anderer Nuance verwenden wir das Wort "glauben", wenn wir zu jemandem sagen: "Ich glaube an dich"; das kann dann auch so klingen wie: "Ich halte viel von dir", "Du bist wertvoll", "Ich stehe zu dir".
Wenn wir also an Gott "glauben", dann kann das sicher auch diesen personalen Aspekt in sich tragen: Ich vertraue auf Gott, ich halte zu ihm, ich halte mich an ihm fest, er ist wertvoll und wichtig für mich.
Glauben, liebe Brüder und Schwestern, in diesem Sinn ist also mehr als das mit bestimmter Wahrscheinlich Für-Wahr-Halten von etwas. Es ist ein persönliches Geschehen zwischen mir und Gott. Ein Vertrauensverhältnis, das sich darin ausdrückt. Und wenn ich meinen Glauben bekenne, dann stehe ich öffentlich dazu, dass mein Glaube an Gott, mein Vertrauensverhältnis zu ihm, mir wichtig ist. - Von daher verwundert es nicht, dass das Glaubensbekenntnis eigentlich etwas Höchstpersönliches ist und die ältesten Textzeugnisse von Glaubensbekenntnissen aus dem Kontext der Versprechen vor der Taufe in der Ich-Form gehalten sind. Ja, ICH glaube. Ich persönlich stehe dazu, dass Gott mir wichtig ist.
Im 4. Jahrhundert haben sich verschiedene inhaltliche Auffassungen zwischen denen, die glauben, verbreitet, vor allem darüber, wer Jesus Christus ist. Wenn man es auf der personalen Ebene formulieren möchte: verschiedene Ansichten, welche Bedeutung Jesus Christus im Glauben an Gott, in diesem Vertrauensverhältnis zwischen Gott und dem einzelnen Menschen, einnimmt. Hatte man sich bisher als Gemeinschaft darüber definiert, dass man sich - jeder einzelne und alle gemeinsam - zum Glauben an Gott und Jesus Christus bekannt hat, so erschien diese Einheit in dem Moment brüchig, wo man im Glauben eben uneins geworden ist. Im Jahr 325 hat daher das Konzil von Nizäa stattgefunden, eine Versammlung von Bischöfen, die diese Frage klären sollte. Und das Ergebnis ist eben das Große Glaubensbekenntnis gewesen, das dann bei einem späteren Konzil nochmals ergänzt worden ist. Und bei diesem Glaubensbekenntnis haben die Konzilsväter erstmals die Formulierung "WIR glauben" verwendet, die wir - zumindest in der deutschen Version - auch heute noch im Großen Glaubensbekenntnis der Messe verwenden.
"Ich glaube" und "Wir glauben" - Diese beiden Formeln können wir im letzten gar nicht voneinander trennen. Denn wo ich mich zu Gott bekenne, wo ich mich "oute", auf ihn zu vertrauen, mich an ihn zu halten, da stehe ich nicht allein, sondern bin ich verbunden mit anderen Menschen, die von demselben Vertrauen erfüllt sind. Wo ich mich mit meinem "Ich glaube" so also in die große Gemeinschaft der Kirche hineinstelle, da wir mein - vielleicht manchmal auch nur schwaches und zögerliches - "Ich glaube" automatisch zum starken "Wir glauben" der kirchlichen Gemeinschaft.
"Wir glauben an den einen Gott" - ja, wir glauben, wir vertrauen auf ihn, der alles so wunderbar für uns erschaffen hat. Wir vertrauen auf ihn, der uns in Jesus Christus ganz nahe gekommen ist und immer neu nahe kommt. Wir vertrauen auf ihn, der jeden Augenblick unseres Lebens begleitet und uns zu einer großen Gemeinschaft zusammenschließt. Wir glauben, wir vertrauen auf ihn. Und wir bekennen uns zu ihm, wir stehen dazu, dass dieses Vertrauensverhältnis tragender Grund unseres Lebens sein soll - wir alle gemeinsam und jeder einzelne!
Kommentare
Kommentar veröffentlichen