"Gott von Gott, Licht vom Licht" - 1700 Jahre Glaubensbekenntnis von Nizäa

Liebe Brüder und Schwestern!

Seit ungefähr zwei Monaten sprechen wir in unserem Pfarrverband anlässlich des Jubiläumsjahres Sonntag für Sonntag das Große Glaubensbekenntnis. In der Fastenzeit habe ich mir nun vorgenommen, jeden Sonntag über einen Artikel dieses Bekenntnisses zu sprechen, das dieses Jahr 1700 Jahre alt wird.

Heute geht es um die geradezu poetischen Aussagen über Jesus Christus: "Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott" - und in gewisser Weise geht es damit um den Kern jener Fragestellung, die das Konzil von Nizäa, das schließlich unser Glaubensbekenntnis formuliert hat, beschäftigt hat.

Dieses Konzil ist im Jahr 325 nämlich genau zur Klärung der Frage einberufen worden, wer Jesus Christus ist. Zuvor hat sich der sogenannte Arianismus verbreitet gehabt. Arius, ein Priester in Alexandria, hat die Lehre begründet, dass Jesus Christus das erste aller Geschöpfe ist; dass Gott vor aller Zeit den Sohn erschaffen hat und nach seinem Bild, und vermittelt durch ihn, dann die restliche Schöpfung. Damit ist Jesus aber letztlich Gott untergeordnet - die Theologie spricht auch von "Subordinationismus". Gott selbst bleibt der unerreichbare Eine und Einzige, letztlich aber auch der Einsame. Dahingegen hielten die Gegenspieler des Arius, etwa der hl. Bischof Alexander von Alexandria, daran fest, dass in Jesus nicht nur ein besonderes Geschöpf, also letztlich eine Gott ein wenig untergeordnete Kreatur, Mensch geworden ist, sondern Gott selbst den Menschen im Menschen Jesus Christus begegnet. Gott selbst ist zwar der Eine und Einzige, aber er ist nicht der Einsame, er ist selbst Beziehung, ewiger Austausch, Leben. Und er ist nicht der Unerreichbare, sondern er selbst, der ewige Beziehung ist, tritt in Beziehung zu seiner Schöpfung, ja wird in Jesus Christus letztlich selbst Mensch.

Liebe Brüder und Schwestern!

Diese Streitfrage mag auf den ersten Blick etwas theoretisch klingen. Aber im vierten Jahrhundert ist die Gefahr groß gewesen, dass sich die Christenheit genau an dieser Frage spaltet. Und es hängt auch wirklich viel daran: Können wir Gott tatsächlich begegnen oder bleibt er der große Unerreichbare? Ist es er selbst, der mit uns geht durch dick und dünn - ja bis hin zum Kreuz - oder im Letzten doch nur ein ihm untergeordneter etwas kleinenerer "Gott"? Jedenfalls haben die frühen Christen des vierten Jahrhunderts erkannt, dass an dieser Frage viel, nämlich ihr ganzer Glaube hängt. Und weil die Gefahr der Spaltung eben gegeben war, hat das den römischen Kaiser Konstantin auf den Plan gerufen. Kaiser Konstantin hat das Christentum als einigende Größe in seinem Weltreich auch politisch einsetzen wollen - und weil das mit einem in sich uneinigen Christentum nicht aufgegangen wäre, hat er die Bischöfe des Reiches zu einer großen Versammlung nach Nizäa eingeladen, um die Frage endgültig zu klären.

Ergebnis der Klärungen von Nizäa war, dass man den Arianismus verurteilet hat und sich stattdessen klar zu Gottheit Jesu bekannt hat. Jesus ist nicht nur ein besonders Geschöpf, sondern er ist "Gott von Gott", ja er ist "wahrer Gott vom wahren Gott" wie wir bis heute im Großen Glaubensbekenntnis sprechen. Um eine anschauliche Analogie aus der alltäglichen Wahrnehmung der Menschen beizufügen, hat man noch dazugesagt: er ist "Licht vom Licht". Wenn man Gott Vater, den ewigen Ursprung in Gott, mit dem Licht der Sonne vergleicht, dann hat man gesagt, die Lichtstrahlen gehen zwar von der Sonne aus, sie sind "Licht vom Licht", aber sie sind deswegen nicht der Sonne untergeordnet, sondern es gehört zum Wesen der Sonne, dass sie ausstrahlt. Die Strahlen sind "eines Wesens mit der Sonne". So ist auch der Sohn "eines Wesens mit dem Vater", weil er "Licht vom Licht" ist.

Liebe Brüder und Schwestern!

So bekennen wir uns eben Sonntag für Sonntag mit den uralten Worten des Konzils von Nizäa zur Gottheit Jesu. Wir bekennen uns dazu, dass er nicht nur ein besonders Geschöpf, sondern Gott selbst ist. Wir bekennen uns dazu, dass Gott zwar der Eine und Einzige, aber nicht der Einsame und - für uns wichtig - nicht der gänzlich Unerreichbare ist. Wir bekennen uns dazu, dass Gott uns wirklich nahe kommt, dass wir deswegen wirklich auf ihn vertrauen - mit anderen Worten: wirklich an ihn glauben - können und dürfen.

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