1. Mai - Maiandacht zum Regina caeli

Wir beginnen wieder den Monat Mai, den großen Marienmonat der Volksfrömmigkeit. Und wie jedes Jahr fällt der Beginn des Marienmonats in die österliche Festzeit, in die 50 Tage zwischen Ostern und dem Pfingstfest.
In diesen 50 Tagen wird nach der Komplet, dem kirchlichen Nachtgebet, die marianische Antiphon "Regina caeli" - "Freu dich, du Himmelskönigin" gesungen und gebetet. Ich möchte den Beginn des Marienmonats in der Osterzeit zum Anlass nehmen, bei der heutigen Maiandacht über dieses kurze Gebet nachzudenken.

Wir werden unsere Betrachtungen vom Ende her, von der letzten Strophe ausgehend, beginnen. Doch vorher wollen wir dieses Gebet nun gemeinsam beten:

Freu dich, du Himmelskönigin ... (Gotteslob, Nr. 3/7)

1. Abschnitt: Ora pro nobis Deum - Bitt Gott für uns
(Marienlied: Maria, wir dich grüßen - GL 954/1+8)

Schriftwort: Offb 8,1-4

"Bitt Gott für uns." - Wir kennen diese Anrufung. "Bitte für uns", heißt es immer wieder in den Heiligenlitaneien. Auch im Ave Maria beten wir: "Bitte für uns Sünder." So steht dieses vertrauensvolle "Bitte für uns" auch am Ende unserer marianischen Antiphon und gibt ihr die Stoßrichtung: Maria erscheint als die große Fürsprecherin bei Gott. Es geht nicht darum, sich von Maria den Blick auf Gott verstellen zu lassen, sondern im Gegenteil ist sie es, die für und mit uns zu Gott geht. In einem anderen Mariengebet heißt es: "Versöhne uns mit deinem Sohne, empfiehl uns deinem Sohne, stelle uns vor deinem Sohne." Echte Marienfrömmigkeit führt immer hin zu Christus, führt hin zu Gott.
Dass wir Maria und die Heiligen um ihre Fürsprache bitten, hat den Grund ganz einfach darin, dass wir uns mit ihnen verbunden wissen. Die Kirche ist nicht nur eine Gemeinschaft hier auf der Erde; die vielen Heiligenstatuen in unseren Kirchen und auch auf den öffentlichen Plätzen wollen darauf hinweisen: Unsere Gemeinschaft ist größer. Und wenn wir zusammengehören, dann ist es doch nur angemessen, wenn wir sie, die bereits ganz nahe bei Gott sind, bitten, unser Gebet zu unterstützen und als Fürsprecher für uns einzutreten.

(Mariengebet)

2. Abschnitt: Resurrexit sicut dixit - Er ist auferstanden, wie er gesagt hat
(Marienlied: Lasst uns erfreuen herzlich sehr - GL 533/1+3)

Schriftwort: 1 Kor 15,3-8

Die Kirche ruft Maria die Osterbotschaft zu. Insofern wir in Maria ein Vorbild und Urbild der Kirche und jedes einzelnen von uns sehen, können wir auch sagen: Wir rufen uns selber zu: Er ist auferstanden! In den Ostkirchen begrüßen sich die Christen während der Osterzeit mit dieser Freudenbotschaft: Christus ist auferstanden!
Das Kreuz ist nicht das Ende. Auch Maria ist das Kreuz nicht erspart geblieben. Wir können es uns kaum vorstellen, was es für sie bedeutet hat, ihren Sohn auf diese schmerzvolle Weise sterben zu sehen. Umso größer, so dürfen wir gewiss sein, ist ihre Freude an Ostern gewesen: Er ist auferstanden, wie er gesagt hat.
Die Bibel weiß nichts von einer besonderen Erscheinung des Auferstandenen vor seiner Mutter. Manche Autoren, z.B. der hl. Ignatius von Loyola, der Gründer des Jesuitenordens, meinen, es sei einfach so selbstverständlich, dass man das gar nicht eigens erwähnen musste. In Nazareth gibt es auch eine kleine Kirche, die "Mensa Christi", wo an den Ort erinnert wird, an dem Jesus vor seiner Himmelfahrt noch einmal mit seiner Familie Mahl gehalten haben soll.
Vielleicht ist es aber auch ganz anders: "Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!" Wenn Maria Vorbild unseres Glaubens ist, ist ihr der Auferstandene vielleicht gerade deshalb nicht erschienen, weil sie auf das Wort der Jünger hin geglaubt hat, ohne einen Beweis dafür zu brauchen.
So oder so: Die Freude Mariens über die Auferstehung ihres Sohnes soll auch für uns Grund zur Freude sein. Auch uns hat dieser Satz etwas zu sagen: Er ist auferstanden, wie er gesagt hat.

(Mariengebet)

3. Abschnitt: Quem meruisti portare - Den du zu tragen würdig warst
(Marienlied: Sagt an, wer ist doch diese - GL 531/1+2)

Schriftwort: Röm 6,3-5

Von diesem Satz her verstehen wir die Würde Mariens. Sie hat Christus zur Welt gebracht. Hier ist sie auch Urbild der Kirche: Christus zur Welt zu bringen, das ist die Aufgabe eines jeden Christen.
Gott hat sich dafür die Voraussetzungen geschaffen. In Maria konnte es keine Sünde geben, denn Sünde ist Trennung von Gott. So hat er sie vom ersten Augenblick ihres Daseins an mit seiner heiligmachenden Gnade erfüllt und sogar von der Erbschuld bewahrt. Freilich lag es auch an ihr, mit dieser Gnade mitzuwirken, "Ja" zu sagen zum Willen Gottes: "Siehe, ich bin die Magd des Herrn. Mir geschehe nach deinem Wort."
In der Taufe haben wir alle diese heiligmachende Gnade empfangen. Wenn wir auf Maria schauen, können wir im Kontrast sehen, wie wenig wir eigentlich mittun mit Gottes Gnade und so Christus zur Welt bringen. Der Blick auf Maria lädt uns ein, uns neu für Gott und für Christus zu öffnen; er macht auch uns würdig, ihn zu tragen - in die Welt hinein, wenn wir ihn nur lassen.

(Mariengebet)

4. Abschnitt: Regina caeli, laetare - Freu dich, du Himmelskönigin
(Marienlied: Gegrüßet seist du, Königin - GL 536/1+2)

Schriftwort: Offb 12,1

Die Anrede Mariens als Himmelskönigin zeigt uns die Vollendung der Gottesmutter in der Herrlichkeit des Himmels. Sie, die ihr ganzes Leben mit Gottes Gnade mitgearbeitet hat, ist als ganzer Mensch - mit Leib und Seele - in den Himmel aufgenommen. Wie eine irdische Königinmutter steht sie als Mutter des Sohens Gottes nach ihm an der Spitze des himmlischen Hofstaates.
In Maria erblicken wir aber auch ein Hoffnungszeichen für uns selber. An ihr ist bereits wirklich geworden, was uns allen verheißen ist. Wenn wir, wie sie, Christus in uns tragen, Christus zur Welt bringen, dann werden wir durch seine Auferstehung gleichsam in sein neues, ewiges, österliches Leben hineinverwandelt. Begonnen hat dieser Prozess bereits bei unserer Taufe. Zur Vollendung wird er kommen können, wenn wir in der Stunde des Todes unser endgültiges "Ja" zu Christus sagen.
Laetare - freue dich! - Diesen Aufruf richten wir an Maria, die in der Kraft der Auferstehung ihres Sohnes ihr Ziel erreicht hat und fürbittend für uns eintritt. Diesen Aufruf richten wir aber auch an uns selbst, die wir in Maria unser Urbild und Vorbild erkennen: Der Kirche als ganzer und jedem einzelnen von uns gilt dieser Freudenruf, weil wir alle an der Osterherrlichkeit Christi teilnehmen sollen. So dürfen wir uns besonders in dieser österlichen Jubelzeit vertrauensvoll an Maria wenden. Sie, die Christus in besonderer Weise zur Welt gebracht hat, möge nun die Welt zu Christus bringen, zu ihrer ewigen, österlichen Vollendung.

(Mariengebet)

Abschluss
(Aussetzung, kurzes Anbetungsgebet, eucharistischer Segen)

(Schlusslied: Freu dich, du Himmelskönigin - GL 525)

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