5. Ostersonntag - Lj. B

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Vor kurzem durfte ich eine Taufe im Weinviertel feiern. Der Vater des Taufkindes stammt aus einer Winzerfamilie und beim Durchsehen der möglichen Schriftstellen für die Tauffeier sind die Eltern beim Evangelium des heutigen Sonntags hängengeblieben, wo Jesus sagt: "Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben".


Jesus verwendet sehr oft eine bildhafte Sprache. Denken wir nur an die verschiedenen Gleichnisse: vom Festmahl, von der kostbaren Perle, vom Diener zweier Herren, vom verlorenen Schaf, vom verlorenen Sohn, ... Wir können auch an das Evangelium vom letzten Sonntag denken, wo vom Guten Hirten die Rede war, der seine Schafe kennt und dessen Schafe auf seine Stimme hören. Man könnte die Liste der bildhaften Sprache Jesu und der Bibel überhaupt noch beliebig lange fortsetzen. 

Aber wenn das verwendete Bild so sehr aus dem alltäglichen Leben gegriffen ist, wie eben das Bild vom Weinstock für eine Weinbauerfamilie im Weinviertel, dann spricht es unmittelbar an: Jesus spricht von meinem ganz konkreten Leben. Und dieses mein Leben wird zum Bild für etwas Größeres, wird zum Bild für Gott. 
Bereits dieser allgemeine Gedanke, ohne noch auf den Inhalt der Bildrede einzugehen, passt gut zum Geschehen einer Taufe, passt auch gut in diese österliche Festzeit; denn Taufe und Ostern künden ja beide von dem neuen Leben, das Jesus uns erwirkt hat und in das er uns vorausgegangen ist. Aber dieses neue Leben ist eben nicht einfach nur etwas Neues. Wenn darüber mit Bildern aus diesem Leben, aus dem Alltag eines Winzers heraus, gesprochen werden kann, sagt uns das, dass eine Verbindung besteht. Es ist wahr: In der Taufe wurde uns allen ein neues, göttliches Leben geschenkt. Aber dieses neue Leben knüpft an das bestehende an, veredelt es sozusagen.

Auch den Inhalt der Bildrede dürfen wir in diese Richtung verstehen. Natürlich hat der Winzer seine Arbeit zu machen. Der Mensch ist aufgerufen zur Mitarbeit an Gottes Schöpfung, wie es bereits in den ersten Kapiteln der Bibel ausgedrückt wird. Aber wenn die Rebe vom Weinstock getrennt wird, dann ist er machtlos, stößt er an seine Grenzen. Jesus, der sich als Weinstock bezeichnet, Gott selbst, der uns das Leben schenkt, ist der tragende Grund. Unsere Arbeit, unser Tun und Wirken, all unser Mühen ist deshalb nicht sinn- und grundlos, weil es auf diesem Grund aufruhen darf. Nochmals anders gemünzt: Unser konkretes Leben im Hier und Heute hat mit Gott zu tun, steht in Verbindung mit ihm, verdankt sich ihm und baut auf ihn auf. Und wir sind aufgefordert, diese Verbindung aufrecht zu erhalten, "denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen".

Liebe Brüder und Schwestern!
In der Lesung aus der Apostelgeschichte war von Saulus die Rede, der zuerst die junge Kirche verfolgte, mit großem Eifer gegen Christus gearbeitet hat. Heute haben wir gehört, wie er sich als Paulus nach seiner Bekehrung den Jüngern angeschlossen hat. Seine Bekehrung hat ihm nicht den Eifer genommen. Im Gegenteil, er wurde zum wahrscheinlich größten Missionar der Urkirche und hat seine natürlichen Begabungen nun nicht mehr gegen Christus, sondern für ihn eingesetzt. "Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht", dieses Wort hat sich im heiligen Paulus auf mustergültige Art und Weise erfüllt.

Wenn wir resümierend einen Imperativ aus den heutigen Schriftworten formulieren wollen, könnten wir sagen:
Verwende deine natürlichen Begabungen, dein eigenes Leben im Einsatz für Christus; arbeite nicht gegen ihn, sondern mit und für ihn; und bleibe in dieser Leben ermöglichenden Verbindung mit ihm!


Zu den liturgischen Texten

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Heilige Geistkraft statt Heiligem Geist? - Kritische Anmerkungen

17. Sonntag i. Jkr. - Lj. A