19. Sonntag i. Jkr. - Lj. B

IST DAS NICHT JESUS? - JA, ES IST JESUS!


Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

"Ist das nicht Jesus?", so fragen die Juden am Beginn des heutigen Evangelienabschnittes. "Ist das nicht Jesus, den wir kennen? Wie kann er sagen: Ich bin vom Himmel herabgekommen?"
"Ist das nicht Jesus?" - Was für eine Frage! Natürlich ist es Jesus, könnten wir sagen. Aber es ist eben nicht der Jesus, der in ihr Bild, in ihre vielleicht gut begründete, doch vorgefertigte Meinung von ihm passt.

Liebe Brüder und Schwestern! Welches Bild haben wir von Jesus? Wie würden wir reagieren, wenn er nicht so reden und handeln würde, wie wir es von ihm erwarten?

Es gibt in der Tat die verschiedensten Bilder von Jesus, von Gott. Jesus als der Gute Hirte, als der liebende Bruder, als der "liebe Gott"; Jesus aber auch als der König des Himmels und der Erde, als der strenge Richter von Lebenden und Toten, als der, der gekommen ist, nicht Frieden zu bringen, sondern das Schwert.
Nicht alle diese Bilder werden uns gleichermaßen ansprechen; und nicht alle diese Bilder sind in gewissen Zeitepochen gleich stark ausgeprägt gewesen im Bewusstsein der Gläubigen. Und doch gehören sie alle zur Person Jesu dazu.

"Ist das nicht Jesus?" - Ja, es ist Jesus! Aber er handelt und tritt oft anders auf, als wir es erwarten. Er passt sich nicht immer in unser enges Bild von ihm ein.
Wenn wir ihn wirklich erkennen wollen, dann dürfen wir uns nicht von uns selber und unseren Vorstellungen von ihm leiten lassen. "Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater ... ihn zu mir führt", sagt uns Jesus.
Und Jesus fügt im gleichen Atemzug hinzu, dass es bei der Erkenntnis seiner Person nicht um bloße Theorie geht: "Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater ihn zu mir führt; und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag".

Nein, liebe Brüder und Schwestern, unser Denken, unser Bild von Jesus ist keine reine Theorie, es geht dabei ums Ganze.
Die ersten christlichen Jahrhunderte waren darum geprägt von einem Hin und Her im richtigen Verständnis der Person Jesu Christi. Ist er der Sohn Gottes? Ist er Gott selbst? Und wenn er Gott ist, wie verhält es sich dann mit seiner Menschheit?
Dabei ist eben kein rein theoretisches Interesse leitend gewesen, sondern die ernste Frage, wie es mit der Erlösung aussieht, mit dem ewigen Leben, das er uns gebracht hat. Vom hl. Gregor von Nazianz stammt beispielsweise die Erkenntnis: "Was nicht angenommen wurde, kann nicht erlöst worden sein" - das will heißen: Wenn Jesus nicht wirklich Fleisch angenommen hat, nicht wirklich Mensch geworden ist, dann hat er den Menschen auch nicht wirklich erlöst.

Liebe Brüder und Schwestern!
Bei der Person Jesu geht es nicht um irgendwelche theologischen Hingespinste, sondern es geht ums Ganze. Jesus ist wichtig und entscheidend für unser Leben, für unser irdisches und mehr noch für unser ewiges Leben. Er ist sozusagen das wichtigste Grundnahrungsmittel unseres Lebens, sodass er eben sagen kann: "Ich bin das Brot des Lebens" - Ihr braucht mich zum Leben so wie das tägliche Brot.
Und Jesus will für uns noch mehr sein als das tägliche Brot. Am Beginn des heutigen Evangeliumstextes hat er gesagt: "Ich bin das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist." Dabei dachten die Zuhörer wahrscheinlich an die wunderbare Speisung des Volkes Israel mit dem Manna auf dem Weg durch die Wüste. Doch Jesus geht darüber hinaus. Am Ende sagt er nicht einfach: "Ich bin das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist", sondern: "Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist."
Mit Jesus kommt nicht nur irgendeine Speise vom Himmel, auch nicht nur irgendeine abstrakte Gnade, sondern das lebendige Brot:
Jesus ist der lebendige Sohn Gottes. Gott selbst will uns an seinem eigenen göttlichen Leben Anteil geben, will uns damit nähren.

Der letzte Satz des heutigen Evangeliums leitet schließlich bereits über zum Schlussteil der eucharistischen Rede, den wir nächsten Sonntag hören werden, wo Jesus dann sagt, wie wir dieses göttliche Leben in uns aufnehmen können, das er gebracht hat:
"Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt." - Die Hingabe des Fleisches Jesu, sein Opfer für diese Welt setzt sich fort und wird durch die Zeit hindurch bewahrt in der Gabe des Brotes, im Brot der Eucharistie.

"Ist das nicht Jesus?" - Ja, es ist Jesus!
Es ist Jesus, der Sohn Gottes,
- der das göttliche Leben der Liebe auf diese Welt gebracht hat,
- der sich so als Mensch den Menschen schenkt,
- der sich in der Eucharistie immer neu hingibt und uns am göttlichen Leben der Hingabe teilnehmen lässt.

Ja, es ist Jesus!
Darum gilt uns, wenn wir die Eucharistie furchtbringend empfangen wollen, auch die Mahnung des hl. Paulus am Ende der heutigen Lesung:
"Ahmt Gott nach als seine geliebten Kinder, und liebt einander, weil auch Christus uns geliebt und sich für uns hingegeben hat"

Ja, es ist Jesus!
Und wenn wir ihn empfangen, um am göttlichen Leben teilzunehmen, um in ihn hineinverwandelt zu werden, müssen wir ihm auch nachfolgen.

"Ist das nicht Jesus?" - Ja, es ist Jesus!
Und wir wollen zu ihm gehören und von ihm die Hingabe lernen, die sein innerstes Wesen ausmacht.

Amen.


Zu den liturgischen Texten

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