7. Sonntag i. Jkr. - Lj. C

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

"Ich bin doch auch nur ein Mensch!", wie oft haben Sie diesen Satz schon gehört oder auch selbst verwendet?
"Ich bin doch auch nur ein Mensch!" - Das kann Ausdruck der Überforderung sein, wenn jemandem eine Aufgabe zu schwierig wird.
"Ich bin doch auch nur ein Mensch!" - Das kann eine Entschuldigung sein, wenn uns etwas nicht gelungen ist oder wir einen Fehler gemacht haben.
"Der ist auch nur ein Mensch!" - Diese Feststellung kann uns auch auf den Boden der Tatsachen zurückholen, wenn wir jemanden - einen Politiker, einen geistlichen Würdenträger, eine berühmte Person, oder wen auch immer - als Idealfigur ansehen.

Liebe Brüder und Schwestern!
Wir alle sind Menschen. - Daran erinnert uns auch der hl. Paulus in der heutigen Lesung aus dem ersten Korintherbrief, wenn er von Adam spricht.
Adam ist gemäß der biblischen Erzählung des Buches Genesis der Eigenname des ersten Menschen. Das hebräische Wort ādām bedeutet übersetzt aber auch einfach Mensch. Mit Adam sind wir alle gemeint, denn - wie gesagt - wir alle sind Menschen, wir alle sind ādām.
"Ich bin doch auch nur ein Mensch!" - Das trifft sicher auch für diesen Adam zu. Wir wissen, dass seine Geschichte nicht die ruhmreichste in der Bibel ist. Es dauert nicht lange, bis er gemeinsam mit seiner Frau Eva unabhängig von Gott sein will, dass er sich von der Schlange verführen lässt und das göttliche Gebot übertritt. Adam - und mit ihm der Mensch als solcher - sündigt, trennt sich von Gott.
"Ich bin doch auch nur ein Mensch!", wo immer ich diesen Satz als Entschuldigung verwende, bekenne ich mich dazu, dass ich als Mensch ein Sünder bin, von Gott getrennt, auf mich selbst gestellt, und deshalb eigentlich hoffnungslos überfordert.
Wenn das das Los des Menschen ist, dann sind wir wirklich arm dran! "Ich bin doch auch nur ein Mensch!", dann bin ich dafür tatsächlich bemitleidenswert.

Liebe Brüder und Schwestern!
Das ist aber nur die halbe Wahrheit. "Ich bin doch auch nur ein Mensch", diese Formulierung enthält ja bereits die Hoffnung, dass es jenseits des Adam-Seins des Menschen etwas geben muss, dass der Mensch nicht auf ewig dazu verdammt ist, eine von Gott getrennte und völlig überforderte Existenz zu sein.
Paulus stellt dem "ersten" Adam den "letzten" Adam entgegen. Er kennt nicht nur den ersten Menschen, der von der Erde stammt und Erde ist, sondern auch den zweiten Menschen, der vom Himmel stammt.
Jesus Christus ist für Paulus dieser zweite, dieser neue Adam, der neue Mensch. Und Jesus Christus will uns zeigen, was es wirklich heißt, ādām-Mensch zu sein.
Das wozu Adam geschaffen wurde, das lebt uns Christus vor und gibt uns die Möglichkeit, selbst zum neuen Menschen zu werden: 
"Wie wir nach dem Bild des Irdischen", des ersten Adam "gestaltet wurden, so werden wir auch nach dem Bild des Himmlischen", des zweiten Adam Christus "gestaltet werden".
In der Feldrede im Lukasevangelium, die der berühmten Bergpredigt im Matthäusevangelium entspricht, gibt uns Jesus wichtige Hinweise, wie wir den alten Adam hinter uns lassen und zum neuen Adam werden können.
Wir haben bereits am vergangenen Sonntag den Beginn dieser Rede mit den Seligpreisungen und Weherufen gehört, in denen Jesus unser irdisches, menschliches Denken in Frage stellt und in eine neue Weite führen möchte. 
Und auch heute und am kommenden Sonntag gibt er uns Anweisungen dazu: 

  • das Gebot der Feindesliebe;
  • dass wir uns nicht rächen sollen, wenn wir auf die Wange geschlagen werden, sondern eher noch bereitwillig die andere Wange hinhalten;
  • die sogenannte "Goldene Regel": dass wir nicht so sehr darauf achten sollen, wie die anderen uns begegnen, sondern dass wir selbst ihnen so begegnen sollen, wie wir es uns von ihnen wünschen würden;
  • und noch viele andere Wegweisungen Jesu.

All diese Worte sind für uns mit den Denkkategorien des alten Adam schwer nachvollziehbar. Doch Jesus als der neue Adam lebt genau nach diesen Vorgaben.
Was er in der Bergpredigt bzw. der Feldrede lehrt, das ist nicht reine Theorie. Sein Leben und besonders sein Tod am Kreuz zeigen uns, was es heißt neuer Adam zu sein.
Christus, der neue Mensch, ist nicht darauf bedacht, selbst etwas zu gelten, sich selbst zu behaupten. Und gerade in dieser Selbstaufgabe liegt das Neue, gerade in seinem Tod, in seinem Scheitern nach irdischem Denken, bricht das neue Leben an.

Liebe Brüder und Schwestern!
"Ich bin doch auch nur ein Mensch!" - Ja, aber ich habe die Freiheit, mich für das neue Menschsein zu entscheiden, das Jesus uns gelehrt und vorgelebt hat.
Ich bin nicht dazu verdammt, nur ein Mensch zu bleiben. In Christus kann ich Mensch werden - ganz ohne "nur", sondern Mensch in seiner ganzen Fülle in einem Leben der Hingabe, das so am göttlichen Leben selbst teilhat.
Amen.

Zu den liturgischen Texten

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