5. Sonntag i. Jkr. - Lj. C

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!
Die Schriftlesungen des heutigen Sonntags, besonders das Evangelium und die erste Lesung, sind Berufungstexte.
Wenn wir die beiden Textstellen vergleichen, die die Kirche durch die Leseordnung heute nebeneinander stellt, dann können wir eine Gemeinsamkeit feststellen:
Es ist zuerst die Rede von einem Offenbarwerden Gottes, einer Einsicht in sein Wesen. Und danach folgt die Berufung und die Beauftragung des Propheten bzw. die Einsetzung der Jünger als Menschenfischer.

In der ersten Lesung berichtet der Prophet Jesaja von seinem Berufungserlebnis. Er darf Gott in seiner Herrlichkeit schauen. Die Bilder, die dabei verwendet werden, sind vielleicht nicht gleich ganz verständlich. Sie lassen aber erahnen, dass es um die Gegenwart des Allerhöchsten geht, die der Prophet erfährt.

Nur ein kleines Detail seiner Beschreibung möchte ich herausgreifen: Es ist die Rede von den Serafim, den Engeln, die um den Thron Gottes stehen.
In der religiösen Umwelt des Propheten war der Serafim-Kult sehr verbreitet und beliebt. Diese Engel, die man sich als feurige, beflügelte Schlangen vorstellte, übten eine große Faszination aus. Sie galten als etwas ganz Heiliges, abgehoben vom Alltäglichen.
Und diese ganz heiligen Wesen sieht Jesaja nun als Diener Gottes. Wenn die Serafim schon als heilig galten, wie viel mehr muss dann Gott der Heilige sein, dem die Serafim dreimal heilig zurufen! (Vielleicht können wir manchmal daran denken, wenn wir beim Sanctus in der heiligen Messe in den Ruf der Serafim einstimmen.)
Und dieser so unnahbar scheinende Gott, so künden die Serafim weiter, lässt nun die ganze Erde von seiner Herrlichkeit, von seiner Gegenwart erfüllt sein. (Auch das geschieht ja in besonderer Weise in der heiligen Messe bei der Wandlung von Brot und Wein in Jesu Leib und Blut.)

Doch damit noch nicht genug. Gott ist nicht nur anwesend, sondern der Welt im Allgemeinen und dem Propheten im Besonderen zugewandt. Er beruft Jesaja in seinen Dienst; und weil dieser sich dem Auftrag nicht gewachsen fühlt, steht Gott ihm helfend zur Seite. Im Bild gesprochen: Ein Seraph öffnet die Lippen des Propheten mit glühender Kohle vom Altar Gottes.

Kurz zusammengefasst: Gott lässt Jesaja seine Herrlichkeit sehen und gibt ihm die Zusage, ihm bei seinem Auftrag zur Seite zu stehen. Daraufhin wagt Jesaja schließlich zu sagen: "Hier bin ich, sende mich!"

Liebe Brüder und Schwestern!
Ähnlich ist es im Evangelium. Jesus lässt Petrus, Jakobus und Johannes erahnen, wer er ist. Sie, die erfahrenen Berufsfischer, haben die ganze Nacht über nichts gefangen. Doch auf das Wort Jesu hin fangen sie unter Tags, eigentlich nicht zur Zeit, wo man normalerweise Fische fängt, eine unglaublich große Menge an Fischen. Wenn Petrus daraufhin erschrickt und zurückweicht, soll das wohl eine Ahnung davon ausdrücken, dass hier in Jesus Gott selbst am Werk ist.
Und wie Jesaja hört auch Petrus ein aufmunterndes Wort: "Fürchte dich nicht!" Nun sind auch die Jünger, wie Jesaja, bereit für ihren Auftrag, bereit zur Nachfolge: Sie "verließen alles und folgten ihm nach."

Liebe Brüder und Schwestern!
Und wir? Sind nicht auch wir gerufen zur Nachfolge Jesu? Hat nicht Gott auch für jeden von uns einen ganz persönlichen Auftrag? - Wir glauben, dass es so ist.
Freilich haben wahrscheinlich die wenigsten von uns eine Berufungsvision wie der Prophet Jesaja gehabt oder ein Wunder erlebt wie die Jünger im Evangelium. Doch auch uns sind die Größe Gottes und seine Gegenwart als tragender Grund für unseren Auftrag in der Welt zugesagt und verkündet worden.
Paulus erinnert uns daran in der zweiten Lesung: "Ich erinnere euch, Schwestern und Brüder, an das Evangelium, das ich euch verkündet habe. Ihr habt es angenommen; es ist der Grund, auf dem ihr steht."

Ja, liebe Brüder und Schwestern, wenn wir auf diesem Grund des Evangeliums feststehen, brauchen wir keine Angst zu haben, unsere Aufgaben als Christen in der Welt zu übernehmen. Wenn wir uns nach dem Vorbild und der Botschaft Jesu richten, tragen wir dort, wo wir stehen, dazu bei, dass die ganze Erde erfüllt ist von seiner Herrlichkeit, wie es die Serafim bei Jesaja verkünden.
Auch uns gilt die Frage Gottes: "Wen soll ich senden? Wer wird für uns gehen?"
Sind wir bereit, wie Jesaja zu antworten? "Hier bin ich, sende mich!"
Die Zusage der Hilfe des allmächtigen Gottes gilt uns auf jeden Fall.


Zu den liturgischen Texten

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