6. Sonntag i. Jkr. - Lj. C

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Vom seligen Franz Jägerstätter ist folgende Geschichte bekannt:
Eines Nachts hatte er einen Traum. Er sah, wie immer mehr Menschen auf einen Zug stiegen; und er sah, wie dieser Zug, ohne dass die Passagiere es merkten, in die Hölle führte.
Als kurz darauf Österreich an das Deutsche Reich unter Adolf Hitler angeschlossen wurde, erkannte er die Bedeutung dieses Traumes: Gott hatte ihn gewarnt, sich dem Regime anzuschließen. So wurde aus dem einfachen oberösterreichischen Mesner ein Kriegsdienstverweigerer, der deshalb zum Tode verurteilt und enthauptet wurde.

Es gibt verschiedene Wege, die zu verschiedenen Zielen führen, auch wenn uns das nicht immer bewusst ist, wenn wir auf diesen Wegen gehen. Davon sprechen auch die biblischen Lesungen des heutigen Sonntags.

Wenn Jesus im Evangelium den Reichen, den Satten, den Lachenden und den von den Menschen Geliebten das Wort "Weh euch" entgegenruft, werden wir das fürs Erste nur schwer nachvollziehen können. Für die Mehrzahl der Zeitgenossen von Franz Jägerstätter war es auch schwer nachvollziehbar, dass dieser Zug des Nationalsozialismus "in die Hölle fährt", wie es im Traum geheißen hat.
Und wenn er im Gegenzug die Armen, die Hungrigen, die Weinenden und die Verhassten seligpreist, wird das wohl auch Kopfschütteln auslösen. Ebenso ist es Franz Jägerstätter ergangen: Den Kriegsdienst verweigern und damit das eigene Todesurteil unterschreiben - ist dieser Mann noch ganz bei Trost?

Liebe Brüder und Schwestern!
Vielleicht will uns die Version der Seligpreisungen und Weherufe im Lukasevangelium einfach zur Vorsicht mahnen. Nicht immer das, was uns oder was der Mehrheit als das Richtige erscheint, muss es auch tatsächlich sein.
Wir können die Seligpreisungen und Weherufe Jesu als Einladung lesen, nicht bei den oberflächlichen Kategorien von Armut und Reichtum, Hunger und Gesättigtsein, Weinen und Lachen, Gehasst- und Geliebtwerden stehen zu bleiben.
Um den richtigen Weg für unser Leben zu finden, müssen wir möglicherweise tiefer gehen.
Diese Einsicht drückt sich bereits im Alten Testament aus, wenn es zum Beispiel im Buch Jeremia heißt: "Verflucht der Mensch, der auf Menschen vertraut, ... Gesegnet der Mensch, der auf den HERRN vertraut", wie wir es in der Lesung gehört haben.
Den rechten Weg zu finden, das hängt oft nicht von der Meinung der Menschen ab, das können wir oft nicht mit unseren menschlichen Beurteilungskriterien erreichen. Dazu müssen wir auf Gott vertrauen. Auch Franz Jägerstätter hatte die Einsicht, dass das Hitler-Regime nicht der rechte Weg ist, nicht von selbst, durch eigenes Nachdenken; sondern er hat es durch einen Traum, durch eine Eingebung Gottes erkannt.

Gott will auch uns den Weg für ein gutes Leben weisen, dessen dürfen wir uns sicher sein. Es liegt an uns, einerseits diese Wegweisung Gottes für uns zu erkennen; und sie andererseits auch zu befolgen.
Und das, liebe Brüder und Schwestern, ist eine spannende Aufgabe. Denn es gibt dazu kein allgemeingültiges Rezept.

Grundlegend wird es sein, hinzuhören. Gott spricht zu uns meist nicht direkt. Die wenigsten Menschen haben Visionen oder Träume wie Franz Jägerstätter, die sie direkt auf Gott zurückführen können.
Gott spricht zu uns durch andere Menschen, durch Ereignisse in unserem Leben, durch die Verkündigung der Kirche, durch das Wort der heiligen Schrift, durch ein geistliches Buch, ...
Wenn wir genau hinhören, können wir seine Stimme sicher in sehr vielen, auch alltäglichen Situationen unseres Lebens erkennen.

Liebe Brüder und Schwestern!
Das klingt jetzt sehr allgemein, doch wie konkret Gott werden kann, zeigt er uns letztlich in Jesus Christus. Er ist Mensch geworden. Er redet nicht nur von oben herab, sondern kommt uns wirklich nahe. Er redet nicht nur vom Weg, den wir Menschen gehen sollen; sondern in Jesus ist er selber den Weg eines Menschen gegangen, der ganz hinhört auf Gottes Wort und danach handelt.
Und dieser Weg Jesu war nicht der, der in den Augen der Welt der erfolgreichste gewesen ist; der Weg Jesu ist letztlich zum Kreuzweg geworden. - Das kann uns auch ein Trost sein, wenn wir den Willen Gottes für unser Leben mit unserem menschlichen Verstand nicht erfassen und verstehen können. Im Letzten gilt, was Paulus an die Korinther schreibt: "Wenn wir allein für dieses Leben unsere Hoffnung auf Christus gesetzt haben, sind wir erbärmlicher daran als alle anderen Menschen."
Der Weg Gottes ist nicht immer der, der in diesem Leben Erfolg verspricht - für Franz Jägerstätter bedeutete er die Todesstrafe - doch er ist sicher der, der uns in Ewigkeit selig - glücklich - machen kann.

Zu den liturgischen Texten

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