7. Ostersonntag - Lj. A

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Die heutige Lesung aus der Apostelgeschichte stellt die Fortsetzung dessen dar, was wir an Christi Himmelfahrt gehört haben.
Nach der Himmelfahrt Jesu kehren die Apostel zurück in den Abendmahlssaal. Sie versammeln sich, um dort zu beten.
In den letzten Wochen sind auch wir immer wieder aufgerufen worden, zu Hause zu bleiben. In besonderer Weise waren wir eingeladen zur "Hauskirche", dazu, das Gebet zu Hause neu zu entdecken und zu praktizieren - natürlich nicht als Ersatz für die Feier der Liturgie, aber als ein Glutherd, der das Feuer des Glaubens am Brennen erhält.
Wir freuen uns, dass wir uns seit zwei Wochen nun wieder öffentlich zum Gottesdienst versammeln dürfen und schauen doch auch zurück auf diese für viele sehr herausfordernde Zeit der Hauskirche. Und wir schauen nicht nur darauf zurück, denn Hauskirche - Kirche zu Hause - ist immer angesagt. So wie die Hauskirche kein Ersatz für die öffentliche Liturgie ist, so ist umgekehrt auch die Liturgie kein Ersatz für die Hauskirche. Beides gehört zu einem christlichen Leben dazu, beides ist wichtig, beides will gepflegt sein.

Die heutige Lesung stellt uns die betende Urgemeinde vor, die wir auch als Prototyp der Hauskirche betrachten dürfen, von der wir lernen können, wie das funktioniert - Hauskirche sein, nicht einfach nur als vereinzelte Menschen, die die Begegnung mit Gott suchen, sondern eben als Kirche, als große Gemeinschaft der Gläubigen, die weit über das eigene Ich oder die eigenen vier Wände hinausgeht.

Einen wichtigen Hinweis dazu liefert uns der hl. Lukas in der Apostelgeschichte dadurch, dass er die Zusammensetzung der Jerusalemer Urgemeinde beschreibt.

Da zählt er zunächst die elf Apostel auf. Sie sind sozusagen der Kern der Gemeinde, sie sind die lebendige Kontinuität zu Jesus Christus. Als es wenige Verse später darum geht, einen zwölften Apostel als Ersatz für den Verräter Judas zu wählen, ist diese Kontinuität zu Jesus das entscheidende Kriterium: "einer von den Männer, die mit uns die ganze Zeit zusammen waren, als Jesus, der Herr, bei uns ein und aus ging" (Apg 1,21) muss es sein - so fordert der hl. Petrus.
Die Kontinuität zu Jesus Christus ist also von Anfang an keine rein geistige Angelegenheit, sondern beruht auf dem Zeugnis konkreter Menschen, die Jesus selbst in diese Aufgabe gerufen hat bzw. die von den Aposteln in dieses Amt gerufen werden. Nach katholischer Auffassung ist das bis heute so geblieben. Die Apostel haben ihr eigenes Amt durch Handauflegung weitergegeben; wir nennen das "apostolische Sukzession". Das Kollegium der Bischöfe weltweit steht eben bis heute in dieser Nachfolge der Apostel, ist so von Mensch zu Mensch, von Handauflegung zu Handauflegung die lebendige Rückbindung an Jesus Christus. Die Bischöfe wiederum legen ihre Hände auch den Priestern und Diakonen auf, die sie mit bestimmten Vollmachten in den einzelnen Gemeinden vor Ort vertreten sollen.
Das ist also das erste, das uns die Zusammensetzung der Jerusalemer Urgemeinde zeigen kann: Die Gemeinschaft mit den Aposteln ist für sie entscheidend. So ist es heute für uns entscheidend, mit den Nachfolgern der Apostel, mit der sogenannten "Amtskirche" verbunden zu sein, auch wenn wir vielleicht manche Vorbehalte haben - es gibt ja leider genügend Beispiele in der jüngeren Vergangenheit, wie Priester und Bischöfe ihr Amt schlecht ausgeübt und missbraucht haben ... Trotzdem hilft uns diese Verbundenheit, Hauskirche zu sein, über unsere eigenen Grenzen hinauszugehen.
Wie sich diese Verbindung in der Hauskirche konkret ausdrückt, das ist sicherlich eine Frage, über die wir nachzudenken haben. Wir leben jedenfalls in einer Zeit, in der sich viele technische Möglichkeiten ergeben haben. Wichtiger freilich bleibt die geistige Verbundenheit, das feste Zusammenhalten auch über physische Distanz hinweg.

Diese amtskirchliche Verbundenheit ist aber nur die halbe Miete. Sie bleibt nämlich für sich genommen leer, muss mit Leben, mit Geist gefüllt werden.
So setzt sich die Spitze der Urgemeinde eben auch nicht nur aus den zwölf bzw. elf Aposteln zusammen, sondern erwähnt der hl. Lukas auch ganz explizit die Frauen und Maria, die Mutter Jesu, und seine Brüder. Neben den Aposteln ist Maria die einzige, die in dieser Stelle mit Namen genannt wird. Und auch das ist von Bedeutung.
Überhaupt ist Maria bei allen wichtigen Stationen im Leben Jesu dabei - wenn auch oft im Hintergrund. Dass sie bei seiner Menschwerdung, Geburt und Kindheitsgeschichte eine zentrale Rolle spielt, liegt auf der Hand. Im Johannesevangelium ist sie darüber hinaus auch beim ersten Auftreten Jesu bei der Hochzeit zu Kana dabei. Sie beobachtet aus der "zweiten Reihe" den Werdegang ihres Sohnes. Schließlich steht sie unter dem Kreuz und trägt das Leid Jesu mit. Wir dürfen annehmen, dass sie als Mutter die Freude über die Auferstehung Jesu in besonderer Weise verspürt hat, und heute wird sie uns neben den Aposteln als tragende Säule der Urgemeinde vor Augen gestellt.
Neben das Hierarchische, das Amtliche, das Strukturelle tritt mit Maria das Mütterliche, Mitfühlende, ja sagen wir Liebende. Und vielleicht ist dieses Element sogar noch grundlegender als das andere.

Liebe Brüder und Schwestern!
Die Jerusalemer Urgemeinde, die auch für uns - als Hauskirche oder als Kirche, die im öffentlichen Leben steht - bleibender Maßstab ist, gibt uns heute zwei Aufgaben mit:
  • Die Verbundenheit untereinander und über die kirchliche Hierarchie mit Jesus Christus und der ganzen Kirche.
  • Und das mütterliche, mitfühlende, liebende Vorbild der Gottesmutter, die wir auch in diesem Monat Mai in besonderer Weise verehren.
Um beides wollen wir uns mühen. Für beides wollen wir uns den Beistand des Heiligen Geistes erbitten, damit das Pfingstfest, das wir nächste Woche feiern, auch für uns ein "Neustart" als Kirche werden kann, wie es das für die junge Kirche in Jerusalem gewesen ist.
Amen.

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